Microlino: Kleines E-Auto mit viel 50er-Jahre-Charme

Auf den ersten Blick Retro, auf den zweiten modern und elektrisch: Der Microlino aus der Schweiz ist ein Elektro-Kleinstwagen, dessen Design an die berühmte Isetta erinnert. Der Zweisitzer mit Fronteinstieg ist geeignet für den Stadtverkehr und lässt sich zuhause bequem an der Haushaltssteckdose aufladen. Wir haben uns den Stromer genauer angesehen.

Nachdem der Microlino bereits 2016 vorgestellt wurde und vorbestellt werden konnte, wurde es in den Jahren danach etwas ruhiger um den umweltfreundlichen Kleinstwagen mit E-Antrieb. Nicht zuletzt aufgrund von Sicherheitsbedenken und Problemen in der Lieferkette musste der Schweizer Hersteller den Produktionsstart immer wieder verschieben. Seit Ende 2022 ist der Microlino in einer überarbeiteten Version erhältlich – und die nächste Variante steht bereits in den Startlöchern.  


Das erwartet Sie hier


Microlino: Platz für zwei Erwachsene und drei Bierkästen

Die Schweizer Firma Microlino AG geht mit dem Microlino neue Wege – und gleichzeitig ein paar Schritte zurück in die Vergangenheit. Der kleine elektrobetriebene Zweisitzer ähnelt äußerlich einem anderen, wesentlich älteren Fahrzeug: nämlich der BMW Isetta , dem legendären Kabinenroller aus den 50er-Jahren, der schnell zum Publikumsliebling (und für BMW zum Kassenschlager) wurde.

Historischer BMW Isetta

Historisches Vorbild: die BMW Isetta.

Die auffälligsten Ähnlichkeiten zwischen dem 2,52 Meter kurzen, 1,47 Meter schmalen und 1,50 Meter hohen Microlino und der legendären BMW-„Knutschkugel“ sind die runde Form und die Tür. Die Tür? Richtig gelesen: Das Fahrzeug hat nur eine Tür an der Front. Auf der Sitzbank finden zwei Erwachsene Platz. Damit die Einkäufe auch noch in den Elektro-Kleinstwagen passen, gibt es hinten einen kleinen Kofferraum mit einem Volumen von 230 Litern – Platz genug für ein paar Einkaufstüten, einen großen Koffer und zwei kleineren Handgepäckstücke oder auch drei Bierkästen, wie der Hersteller auf seiner Website erklärt. 

Microlino in Parklücke

Als echter Stadtflitzer passt der Microlino 2.0 in nahezu jede Parklücke (Bild: © Micro Mobility Systems AG).

E-Auto von Microlino einfach zuhause laden

Der Microlino wird von einer Elektrobatterie angetrieben. Es gibt ihn mit drei unterschiedlichen Batteriegrößen – mit 5,5, 10,5 und 15 Kilowattstunden (kWh). Damit sind laut Herstellerangaben Reichweiten von 93, 177 und 228 Kilometern möglich (gemessen allerdings nicht nach dem üblichen Auto-Standard WLTP, sondern bezogen auf den Motorradzyklus WMTC). Bei der Konstruktion haben die Hersteller darauf geachtet, dass er möglichst effizient und umweltfreundlich ist. Der Microlino ist mit einem Leergewicht von 496 bis 530 Kilogramm (je nach Akkugröße) vergleichsweise leicht und hat im Vergleich mit anderen Elektroautos einen relativ niedrigen Stromverbrauch. Auch die Produktion des kleinen Wagens ist dadurch umweltfreundlicher. Er besteht zudem aus weniger Teilen. Daraus folgt, dass weniger kaputt gehen kann, was laut Hersteller die Wartungskosten senken soll. 

Das Laden zuhause erfolgt am besten an einer Wallbox. Dazu wird ein Typ-2-Ladekabel mitgeliefert. Um von 0 auf 80 Prozent aufzuladen, braucht das E-Auto dann, abhängig von der Akkugröße, zwischen zwei und 5,5 Stunden. Geladen wird allerdings mit höchstens 2,2 kW. Im Notfall lässt sich die elektrische Knutschkugel auch an der heimischen Haushaltssteckdose mit 230 Volt laden. Hierfür wird ein 3-in-1-Ladekabel benötigt, das allerdings nicht im Lieferumfang enthalten ist. Bidirektionales Laden wird nicht unterstützt.  

Microlino mit offenem Kofferraum

Der Microlino ist kompakt und sparsam. (© Micro Mobility Systems AG)

Microlino: Ist der Stromer der perfekte Stadtflitzer?

Der Hersteller betont, dass es sich beim Microlino nicht um ein E-Auto für die Langstrecke, sondern um den perfekten Zweitwagen für den urbanen Lifestyle handelt. Das merken Sie zum Beispiel dann, wenn Sie einen Parkplatz suchen. Gerade in Innenstädten sind diese oft Mangelware. Dank seiner geringen Abmessungen passen Sie mit dem Microlino auch in kleine Parklücken. Damit ist der Microlino ein perfekter elektrischer Stadtflitzer. 

Innenraum Microlino E-Auto

Der Microlino bietet genug Raum für zwei Personen. (© Micro Mobility Systems AG)

Das Aussehen hat der Microlino vielleicht mit der Isetta gemeinsam, aber die Technik ist natürlich von heute. Mit einer maximalen Geschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde ist er etwas schneller als das Original und darf somit sogar auf der Autobahn unterwegs sein. Geht es nicht allzu hektisch zu, kann er sogar im Verkehr auf der Landstraße mitschwimmen. Prinzipiell ist der Microlino aber eher für den Einsatz in der Stadt konzipiert. Er beschleunigt außerdem dank des 12,4-Kilowatt-Elektromotors und 17 PS innerhalb von 5 Sekunden auf 50 Kilometer pro Stunde. 

bulk

Wer darf den Microlino fahren?

Auch wenn er klein und wendig ist – der Microlino gilt trotzdem als Auto. Er fällt in die seltene Fahrzeugklasse L7e. Daher benötigen Sie für eine Zulassung in Deutschland auf jeden Fall ein Nummernschild. Um den Microlino fahren zu dürfen, müssen Sie mindestens 18 Jahre alt sein und einen Führerschein der Klasse B haben, also den ganz normalen Autoführerschein. 

Die Testsieger-App EnBW mobility+

Freie Ladestation finden, E-Auto laden und zu transparenten Preisen bezahlen.

Jetzt die App downloaden

Microlino: Pioneer Series und reguläre Ausstattungslinien

Nachdem sich Frühentschlossene inzwischen mehrere Jahre gedulden mussten, startete nach etlichen Verzögerungen (aufgrund von Schwierigkeiten in den Lieferketten) Anfang 2022 die Produktion. Gebaut wird der Microlino in Turin, 80 Prozent aller Teile werden in Europa hergestellt, die meisten davon direkt in Italien. Die ersten Microlinos wurden im Herbst 2022 ausgeliefert, dabei handelte es sich ausschließlich um Exemplare der sogenannten Pioneer Series. Die auf 999 Fahrzeuge limitierte Serie war Interessent*innen vorbehalten, die ihren Microlino schon frühzeitig reserviert hatten. Außerdem wurden Kund*innen berücksichtigt, die regelmäßig an Umfragen teilgenommen oder sich anderweitig eingebracht hatten, um die Entwicklung der elektrischen Knutschkugel voranzubringen.  

Kund*innen in der Schweiz kamen zuerst zum Zug, mittlerweile ist der Microlino zum Beispiel auch in Belgien, Griechenland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, Schweden und den Niederlanden erhältlich. In Deutschland gibt es zwar noch keine offiziellen Microlino-Händler (in der Schweiz sind es bereits fast 400), doch auch bei uns wurden bereits Anfang 2023 die ersten Fahrzeuge ausgeliefert. Eigentlich soll der Bestellprozess hauptsächlich online ablaufen, gleichwohl plant der Hersteller mehrere Standorte in Deutschland, wo Sie den Microlino besichtigen, Probe fahren, bestellen und gegebenenfalls reparieren lassen können. 

Microlino Dolce in Mintgrün

Ob Barcelona Blau, Berlin Anthrazit, Gotham Schwarz oder London Grün: Den Microlino gibt es in vielen schicken Farben (Bild: © Micro Mobility Systems AG).

Wer sich jetzt für einen Microlino entscheidet, hat in puncto Innenraum die Wahl zwischen mehreren Ausstattungsvarianten. Alle Fahrzeuge verfügen über eine Heizung, die bei dieser Fahrzeugklasse nicht selbstverständlich ist, und die Infinity-LED-Lichtleiste in der Tür. Inklusive ist zudem ein Faltdach, veganes Leder am Lenkrad und ein Sportmodus. Der Preis des Microlino startet bei 19.490 Euro, farbige Lackierungen und das Komfort-Paket (hochwertige Innenverkleidung mit veganem Leder, Bluetooth-Speaker, …) kosten extra. Das Basismodell verfügt über den kleinen 5,5-kWh-Akku mit 93 Kilometer Reichweite, die Version mit 10,5 kWh (177 km) kostet 2.000 Euro mehr, den großen Akku (15 kWh, 228 km) gibt’s zum Aufpreis von 3.000 Euro gegenüber der Basisversion.

Microlino: Warum kam das Facelift noch vor dem Marktstart?

Zum ersten Mal vorgestellt wurde der Microlino auf dem Genfer Auto-Salon 2016. Sechs Jahre später präsentierte der Hersteller die kleine Knutschkugel mit etlichen Technik-Updates. Hauptgrund für die Änderungen war der Aspekt Sicherheit. Um höhere Standards gewährleisten zu können, musste die gesamte Fahrzeugstruktur verändert werden. Das Chassis, das ursprünglich als Gitterrohrrahmen konzipiert worden war, besteht seit 2022 aus Stahlblech und Aluminium und nimmt eine selbsttragende Stahlkarosserie auf – als erstes Fahrzeug seiner Klasse übrigens. Für eine verbesserte Fahrstabilität wurde außerdem die hintere Spurweite um 50 Prozent verbreitert. 

Microlino Competizione-Variante

Mit seiner Infinity-LED-Leiste in der Tür mutet der Microlino ziemlich cool an (Bild: © Micro Mobility Systems AG). 

Die wohl markanteste Änderung war die feste Lenksäule, die nun nicht mehr zusammen mit der Tür aufschwingt. Dadurch wird die Konstruktion vereinfacht und die Lenkkräfte verringern sich. Last but not least verfügt die aktualisierte Version nun über einen geräumigeren und (dank ergonomischerer Sitze) komfortableren Innenraum, in dem sich auch die Rundumsicht verbessert hat.

Microlino Lite: Elektro-Fahrzeug für 15-Jährige

Auf dem Genfer Autosalon 2024 wurde der Microlino in einer neuen Variante namens „Lite“ vorgestellt, die sich nach dem L6e-Reglement richtet. Wie beim Opel Rocks-e ermöglicht es diese Einstufung daher sogar 15-Jährigen, das Fahrzeug mit einem AM-Führerschein zu lenken. Die Höchstgeschwindigkeit des Lite ist daher auch auf 45 km/h begrenzt. Die neue Variante zeichnet sich durch einen Motor mit einer nominalen Leistung von 6 kW (8 PS) und einer Spitzenleistung von 9 kW (12 PS) aus.

Hellblauer Microlino Lite ausgestellt auf einer Bühne.

Der Microlino Lite ist in die Fahrzeugklasse L6e eingeordnet, wodurch auch 15-Jährige mit AM-Führerschein das Elektro-Fahrzeug bereits fahren dürfen (Bild: © Micro Mobility Systems AG).

Für diesen Modelltyp bietet Microlino zwei Akkugrößen an: Ein 5,5-Kilowattstunden-Akku ermöglicht eine Reichweite von 95 Kilometern, während die doppelte Kapazität eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern bietet. Beide Akkus haben eine maximale Ladeleistung von 2,2 kW. Mit dem größeren Akku erhöht sich das Leergewicht des Lite-Modells von 571 auf 600 Kilogramm. Preislich beginnt die Lite-Version bei 17.990 Euro.

Microlino und die Aussichten von Microcars

Zusammen mit anderen europäischen Unternehmen der „elektrischen Minimobilität“ hat Microlino 2023 in Amsterdam die Microcars Coalition ins Leben gerufen. Die Vereinigung zielt darauf ab, das Wachstum von Microcars (wie dem Opel Rocks-e, Citroën Ami oder eben Microlino) zu fördern und diese als bevorzugte nachhaltige Mobilitätslösung in urbanen und ländlichen Bereichen zu etablieren. Die Koalition betrachtet Microcars, insbesondere die Kategorie L7e-Vierräder, als optimale Antwort auf Herausforderungen wie Umweltverschmutzung, Staus und Platzmangel.  

Der Plan: Durch die Verringerung des Platzbedarfs, den herkömmliche Fahrzeuge beanspruchen, und die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks sollen sich die Kleinstelektrofahrzeuge als effiziente Alternative durchsetzen. Die Microlino AG und die anderen Mitglieder der Koalition engagieren sich daher öffentlich, damit die Mobilitätslandschaft sich stärker auf Kleinstfahrzeuge ausrichtet. Die zugrundeliegende Annahme: Microcars haben das Potenzial, bis 2030 einen bedeutenden Marktanteil in Regionen wie Europa, Nordamerika und China zu erreichen. 

Übrigens: Der Microlino ist nicht der einzige Stromer, der sich in puncto Optik an bewährten Klassikern orientiert. In unserem Magazin stellen wir Ihnen weitere E-Autos mit Retro-Charme vor. 

Wir laden zuhause

Mit 100% Ökostrom. Und für noch mehr Komfort mit einer Wallbox.

Titelbild: © Micro Mobility Systems AG