Die EnBW-Tochter NetCom BW testete in Röhlingen bei Ellwangen sieben Monate lang, ob private Haushalte auf diese Weise mit einem funkbasierten Breitband-Internetanschluss mit bis zu 1 Gbit/s angeschlossen werden können.
Mit Mobilfunkstandard die Internetverbindung zu Hause sichern
Filme schauen über Netflix oder in der Mediathek, Videospiele herunterladen oder im Homeoffice arbeiten: Deutsche Haushalte benötigen immer mehr Bandbreite bei der Internetnutzung. Zusätzlich werden diverse Haushaltsgeräte, Alarmanlagen, Heizungssysteme und sogar Wasserhähne „smart”. Deren vollen Funktionsumfang können Sie also oft nur mit einer Internetverbindung nutzen.
Da der Bedarf stetig steigt, soll eine Internetverbindung über eine Glasfaserleitung in Deutschland der Standard für alle Haushalte werden. Damit sind Download- und Upload-Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gbit/s möglich – in der Praxis sind aktuell Tarife mit einer Downloadgeschwindigkeit von rund 100 Mbit/ s bis 250 Mbit/s weit verbreitet. Darüber hinaus gibt es aber nach wie vor DSL-Tarife die lediglich 16 Mbit/s oder 50 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit zur Verfügung stellen. Der Grund für die geringe Internetausbeute sind die noch weit verbreiteten Kupferleitungen, bei denen es mit jedem Meter Kabel zu Leistungsverlust und damit zu einer Verlangsamung der Internetgeschwindigkeit kommt. Gerade in ländlichen Regionen führen nicht selten Kupferleitungen von den bereits mit Glasfaser angeschlossenen Verteilern bis zum Endverbraucher nach Hause. Diese sogenannte „Letzte Meile”, die noch nicht mit Glasfaser ausgestattet ist, verhindert oftmals die Versorgung mit schnellem Internet. Die Lösung für dieses Problem könnte nun 5G sein.
Pilotprojekt der NetCom BW: 5G-Fixed Wireless Access für 20 Haushalte in Röhlingen
In einem Pilotprojekt hat NetCom BW – eine EnBW-Tochter – insgesamt 20 Haushalte in Röhlingen bei Ellwangen mit 5G-Fixed Wireless Access versorgt. 5G-FWA ist eine Technologie, die lokale 5G-Frequenzen für die Bereitstellung eines drahtlosen Breitband-Internetanschlusses nutzt.
Die in Baden-Württemberg gelegene Ortschaft Röhlingen mit ihren rund 3.700 Einwohnern bot aufgrund ihrer Topologie und Größe gute Testvoraussetzungen. Denn die Bedingungen sind ähnlich wie in vielen ländlichen Regionen und kleinen Ortschaften. Im Ort wurden von einem Antennenstandort zwei Sektoren mit den Funkwellen versorgt, die von in den Haushalten zur Verfügung gestellten Antennen empfangen werden konnten. Diese wiederum leiteten die Verbindung an die bereits vorhandenen WLAN-Router weiter. An der Internetversorgung der Geräte im Haushalt änderte sich entsprechend nichts.
Mit Fixed Wireless Access konnten die Testteilnehmer*innen Internetgeschwindigkeiten von bis zu 1 Gbit/s realisieren. Selbst wenn fünf oder mehr Geräte gleichzeitig im Haushalt das Internet nutzten und Filme oder Videospiele gestreamt wurden, war die Internetverbindung stabil und schnell. Das Projekt lief insgesamt sieben Monate von Mitte Dezember 2019 bis Juni 2020 und war ein Erfolg, wie NetCom BW berichtet. 86 Prozent der Teilnehmer*innen waren sehr zufrieden mit der Internetgeschwindigkeit, und 71 Prozent würden anstelle ihres bisherigen Internetprodukts bevorzugt 5G-FWA nutzen.
5G-Fixed Wireless Access: Die Brückentechnologie für und mit Glasfaser
Dass Mobilfunktechnologien für den Internetanschluss in den eigenen vier Wänden genutzt werden, ist grundsätzlich nichts Neues. Wo es keinen (schnellen) DSL-Anschluss gibt, können Verbraucher beispielsweise spezielle LTE-Tarife für zu Hause buchen. Klassische Mobilfunktarife eignen sich nicht für die dauerhafte Internetnutzung zu Hause, da das Datenvolumen normalerweise stark begrenzt ist und der die Kosten höher sind als im Festnetz. 5G bietet als Nachfolger von LTE nun noch optimalere Bedingungen, um Haushalte mit Breitband-Internet zu versorgen.
Dennoch stellt 5G-Fixed Wireless Access nur eine Brückentechnologie dar. Die Installation der Infrastruktur ist einfacher als das Verlegen von Glasfaserkabeln, da dafür beispielsweise keine Erdarbeiten notwendig sind. Bis diese Arbeiten erledigt sind, kann das Internet über Funkwellen verteilt werden. Aber auch dafür braucht es bereits Glasfaser. Die Sendeantennen von 5G-FWA sind über Glasfaser mit dem Standort des zentralen Systems verbunden, von dem aus das schnelle Internet bereitgestellt wird. Das bereits gut ausgebaute Glasfasernetz der NetCom BW war also die Voraussetzung dafür, dass in Röhlingen das Pilotprojekt durchgeführt werden konnte. Eine Glasfaserinfrastruktur muss entsprechend bereits vorhanden sein, damit diese Technologie übergangsweise angeboten werden kann.
Die EnBW ist im Glasfasermarkt gut aufgestellt:
• Die 2014 gegründete NetCom BW ist in Baden-Württemberg einer der größten Festnetzbetreiber mit Highspeed-Glasfaserinfrastruktur – zuletzt wuchs das Netz 2020 um rund 1.000 Kilometer auf nunmehr 16.600 Kilometer.
• Ebenfalls 2020 gewann NetCom BW elf Ausschreibungen im Rahmen des öffentlich geförderten Glasfaserausbaus und treibt die Vergrößerung des Netztes damit weiter aktiv voran.
• Seit 2019 sind in der EnBW Telekommunikation GmbH die NetCom BW sowie Plusnet GmbH gebündelt.
• Plusnet GmbH ist ein Kommunikations- und Netzdienstleister mit Sitz in Köln, der ebenfalls die Versorgung mit Glasfaser ausweitet
• Damit ist EnBW für den weiteren Glasfaserausbau und die damit verbundenen Potenziale gut gerüstet.