Mieterstrom: So funktioniert das Versorgungsmodell

Der sogenannte „Mieterstrom“ ist ein innovatives Energieversorgungsmodell, dass es Bewohner*innen von Mehrfamilienhäusern ermöglicht, direkt von lokal erzeugtem Strom zu profitieren. Das leistet nicht nur einen Beitrag zum Umweltschutz und zur Energiewende, sondern kann auch die Energiekosten senken. Erfahren Sie mehr über das Modell.

In immer mehr Eigenheimen werden bereits die Vorteile von kostenfreiem und umweltfreundlichem Solarstrom genutzt. Doch auch Bewohner*innen von Mehrfamilienhäusern können sich die positiven Aspekte der Photovoltaik zunutze machen – durch das Konzept des Mieter– bzw. Bewohnerstroms. Das Potenzial ist enorm: Nach Hochrechnungen der EnBW könnten bis 2040 etwa 70 Prozent aller Mehrfamilienhäuser eine PV-Anlage nutzen und somit rund 16 Millionen Wohnungen mit lokal erzeugtem Sonnenstrom versorgen.


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Was ist Mieterstrom?

Ein wichtiger Hinweis vorweg: In den vergangenen Jahren hat sich zwar für das hier vorgestellte Energieversorgungsmodell der Begriff „Mieterstrom“ etabliert, allerdings ist er etwas irreführend. Denn bei dem Konzept geht es nicht nur um Mieter*innen, sondern generell um Bewohner*innen von Mehrfamilienhäusern. Und dabei kann es sich neben Mietparteien auch um Eigentümer*innen handeln, die selbst in ihren Wohnungen leben. Daher wäre eigentlich der Begriff „Bewohnerstrom“ passender. Im Folgenden verwenden wir daher beide Begriffe, meinen aber immer den umfassenderen Ansatz. 

Ob Bewohner- oder Mieterstrom, der Kerngedanke dahinter ist jedenfalls relativ einfach: Strom wird direkt dort produziert, wo er auch verbraucht wird. Durch den mittlerweile geltenden Quartiersansatz muss die Photovoltaikanlage sogar nicht mehr direkt am Gebäude befestigt sein, sondern darf auch in unmittelbarer Nähe stehen. Der lokal erzeugte Strom wird dann den Bewohner*innen des Gebäudes über einen speziellen Mieterstromvertrag zur Verfügung gestellt.  

Die Energieerzeugung kann dabei über verschiedene Technologien erfolgen, in der Regel über Photovoltaik- oder Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Aufgrund der besseren Rentabilität und der CO2-Neutralität dominieren Photovoltaikanlagen. 

Ein praktischer Vorteil von Mieterstromprojekten ist die direkte Nutzung des erzeugten Stroms innerhalb des Gebäudes. Dies reduziert den Bedarf, Strom über lange Distanzen zu transportieren, was wiederum die Netzbelastung und Energieverluste verringert. Aber der wesentliche Vorzug eines Mieterstrommodells (mit EEG-Förderung, dazu gleich mehr) liegt darin, dass die Rendite für den Anlagenbetreiber steigt und so der Ausbau von PV-Anlagen angekurbelt werden soll. Zudem können Mieter*innen bzw. Bewohner*innen im Allgemeinen oft von günstigeren Strompreisen profitieren, da einige der üblichen Kostenbestandteile des Strompreises, wie Netzentgelte und Stromsteuern, bei der direkten Lieferung und Nutzung vor Ort reduziert werden oder ganz wegfallen.

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Welche Mieterstromkonzepte gibt es? 

Die Umsetzung von Mieter- bzw. Bewohnerstromprojekten erfordert eine sorgfältige Planung und Koordination. Die korrekte Erfassung und Abrechnung des Stromverbrauchs der einzelnen Mietparteien kann komplex sein. Aus diesem Grund übernehmen mittlerweile oft spezialisierte Drittanbieter die technische und administrative Abwicklung des Mieterstrommodells. Generell unterscheidet man folgende Mieterstromkonzepte: 

  1. Direkte Vermarktung: Beim klassischen „Mieterstrommodell“ verkaufen Vermieter*innen den selbst erzeugten Strom der eigenen PV-Anlage direkt an die Mieter*innen. Für den zusätzlichen Strombedarf schließen die Bewohner*innen einen separaten Vertrag mit einem externen Energieversorger. Dieses Modell ist für die Vermietenden einfach zu handhaben, allerdings geht auch der Anspruch auf Förderungen, wie den Mieterstromzuschlag, verloren. 
  2. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Mieterstrommodells, die gerade für Mehrfamilienhäuser mit vielen Eigentümer*innen interessant ist, die selbst in ihren Wohnungen leben. Hierbei wird der Strom, der aus der gemeinsam angeschafften PV-Anlage erzeugt wird, hinter dem Netzverknüpfungspunkt anteilig den Bewohner*innen eines Gebäudes zugewiesen und von den Netzbezugsmengen abgezogen. Der Strom wird also hier nicht „verkauft“, sondern jeweils „verbraucht“. Die Reststromversorgung erfolgt über individuelle Lieferverträge, für eine gerechte Abrechnung sorgen intelligente Messsysteme. Der Mieterstromzuschlag entfällt ebenfalls. 
  3. Vermieter*innen als Energieversorger: In diesem Modell übernehmen die Immobilieneigentümer*innen die Rolle des Energieversorgers und decken den gesamten Strombedarf der Beteiligten, meistens der Mietparteien. Dies erfordert für Betreiber mehr Aufwand, da man sich nicht nur um die PV-Anlage, sondern auch um die Messinfrastruktur und Vertragsbeziehungen kümmern muss. Jedoch bietet dieses Konzept den Vorteil des Mieterstromzuschlags als finanziellen Anreiz. 
  4. Lieferkettenmodell: Anstatt die Abwicklung des Mieterstroms selbst zu organisieren, kann der Anlagenbetreiber diese Aufgaben auch an einen Dritten übertragen. Der Dienstleister übernimmt die Rolle des Stromverkäufers und agiert als Mittelsmann zwischen dem Betreiber der Photovoltaikanlage und den Mieter*innen bzw. Bewohner*innen, die den Strom beziehen. Der Anbieter kümmert sich um die gesamte Stromversorgung, einschließlich der Vertragsgestaltung mit den Beteiligten und der Einhaltung der teils komplexen Meldepflichten gegenüber Behörden und Netzbetreibern. 
  5. Genossenschaftsmodell: Vermieter*innen bzw. die Eigentümer*innen können eine Genossenschaft gründen, auch Mietparteien können daran beteiligt werden. Dieses Modell ermöglicht es, bis zu 30 % der Umsätze aus Mieterstrom steuerbegünstigt zu erzeugen. Es fördert die Gemeinschaftsbeteiligung und kann steuerliche Vorteile in Bezug auf Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftssteuer bieten. 
  6. Unechter bzw. Pseudo-Mieterstrom: Bei dieser Variante wird der Strom ins Netz voll eingespeist, neben der Einspeisevergütung erhält der Betreiber einen bestimmten Zuschlag, der von der Leistung des PV-Anlage abhängt. Bewohner*innen können einen konventionellen, allerdings rabattierten Stromtarif abschließen. Physikalisch wird die erzeugte Elektrizität ebenfalls vor Ort genutzt, aber es findet (im Sinne des EnWG) keine direkte Belieferung der Endverbraucher mit dem Strom der PV-Anlage statt. 
Außenansicht eines Mehrfamilienhauses mit einer PV-Anlage auf dem Dach.

Vermieter*innen und Eigentümer*innen können die PV-Anlage entweder selbst betreiben oder das Ganze an einen Dritten auslagern.

Wird Mieterstrom vom Staat gefördert?

Die staatliche Förderung zielt darauf ab, die Nutzung und Verbreitung von lokal erzeugtem Strom in Wohngebäuden deutlich anzukurbeln. Für das Jahr 2024 umfasst diese Förderung zwei wesentliche Komponenten: 

  1. Mieterstromzuschlag: Dieser Zuschlag wird von den Netzbetreibern direkt an die Betreiber*innen der Photovoltaikanlagen gezahlt. Er dient als Ausgleich für den zusätzlichen Aufwand, der durch die Bereitstellung einer kontinuierlichen Stromversorgung für die Mietparteien entsteht. Der Mieterstromzuschlag soll Anreize für die Installation und den Betrieb von Photovoltaikanlagen in Wohngebäuden schaffen, indem er die Wirtschaftlichkeit dieser Projekte verbessert. 
  2. Einspeisevergütung nach EEG: Neben dem Mieterstromzuschlag können Anlagenbetreiber*innen auch von der klassischen Einspeisevergütung profitieren. Diese Vergütung wird für den Strom gezahlt, der nicht direkt vor Ort verbraucht, sondern ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Die Höhe der Einspeisevergütung richtet sich nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und soll die Produktion von erneuerbarer Energie wirtschaftlich attraktiv machen.

Funktion und Voraussetzungen des Mieterstromzuschlags

Um den Mieterstromzuschlag zu erhalten, müssen Vermieter*innen oder die Betreiber*innen der Photovoltaikanlagen bestimmte Bedingungen erfüllen: 

  • Registrierung und Eintragung: Die Photovoltaikanlage muss bei der Bundesnetzagentur registriert und im Marktstammdatenregister eingetragen sein. 
  • Leistungskriterien: Generell werden nur Solaranlage mit max. 100 kWp Leistung gefördert. Seit Januar 2023 dürfen einzelne Anlagen mehr als 100 kW Leistung liefern, und mehrere benachbarte Anlagen können sich auf bis zu 1 Megawatt Gesamtleistung summieren. 
  • Unabhängigkeit: Den Zuschlag gibt es nur, wenn der Strom ausschließlich über das gebäudeeigene, aber nicht über das öffentliche Netz transportiert wird. 
  • Fördersätze: Die Höhe des Zuschlags hängt von der Leistung der Photovoltaikanlage ab. Bislang waren sie stabil. Seit Februar 2024 ist jedoch vorgesehen, die Fördersätze schrittweise zu senken. 
  • Preisobergrenzen: Der Strompreis für den Bewohner- bzw. Mieterstrom und den zusätzlichen Strombezug darf 90 Prozent des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs nicht überschreiten. 
  • Verbraucherfreundliche Regelungen: Die maximale Vertragslaufzeit bei Abschluss darf höchstens ein Jahr betragen, danach sind stillschweigende Verlängerungen möglich. Die maximale Kündigungsfrist liegt bei drei Monaten. 

Mieterstromzuschläge für PV-Anlagen, die zwischen dem 1. Februar und 31. Juli 2024 in Betrieb genommen werden:

Leistungsbereich der PV-Anlage bis   Cent/kWh 
10 kW  2,64 
40 kW  2,45 
1 MW  1,65 

Beispiel: Eine PV-Anlage mit 20 kW bekommt für die ersten 10 kW jeweils 2,64 Cent pro Kilowattstunde (kWh), für die restlichen 10 kW gibt es 2,45 Cent pro kWh.

Wie wird Mieterstrom abgerechnet?

Die Abrechnung von Mieterstrom erfolgt über einen speziellen Vertrag, der zwischen den Bewohner*innen und den Betreiber*innen der Anlage (seien es die Eigentümer*innen selbst oder ein externer Contractor) oder dem Mieterstromanbieter im Rahmen des Lieferkettenmodells geschlossen wird. Dieser Vertrag umfasst sowohl die Lieferung des direkt von der PV-Anlage erzeugten Stroms als auch die Bereitstellung von zusätzlichem Netzstrom, um den gesamten Bedarf zu decken. Hintergrund: Anbieter müssen die Vollversorgung sicherstellen und benötigen immer einen Reststromvertrag, schon um den Fall abzusichern, dass die PV-Anlage vorübergehend mal ausfällt. 

Für die Erstellung einer korrekten Mieterstromabrechnung, die vergleichbar mit einer herkömmlichen Stromrechnung ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: 

  • Die Abrechnung muss den Strommix sowie alle Umlagen und Steuern enthalten, die über den Reststrom an den Kund*innen weiterverrechnet werden. 
  • Jede Wohneinheit muss mit einem geeichten Stromzähler ausgestattet sein. 
  • Die Verbindung zwischen dem Hausstromnetz und dem öffentlichen Stromnetz wird durch Zweirichtungszähler sichergestellt, die eine genaue Erfassung des Stromflusses ermöglichen. Komplexe Messtechnik wird nicht zwingend benötigt. Über einen Summenzähler kann der Gesamtverbrauch des Gebäudes gemessen werden. Bewohner*innen, die nicht am Mieterstrommodell teilnehmen, werden davon abgezogen. So kann der Bezug des Reststroms ermittelt werden.
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Smart Meter ab 2025 Pflicht

Intelligente Messsysteme, auch Smart Meter genannt, können den Stromverbrauch in Echtzeit und mit hoher Genauigkeit erfassen, was eine sehr genaue Zuordnung des Verbrauchs ermöglicht. Doch sie sind nicht nur praktisch, sondern werden bei Mieterstrommodellen bald kaum mehr wegzudenken sein. Denn mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende, das ab 2025 greift, wird die Installation von Smart Metern für Photovoltaikanlagen mit mehr als 7 Kilowatt Leistung verpflichtend. 

Balkonkraftwerk an einem Balkon eines Mehrfamilienhauses.

Sollte der*die Vermieter*in keinen Mieterstrom anbieten, können Mieter*innen mit einem kleinen Balkonkraftwerk dennoch an der Energiewende teilnehmen.

Abrechnung mit Excel oder speziellen Tools?

Die Abrechnung von Mieterstromprojekten kann sehr komplex werden, da eine genaue Erfassung und Zuordnung des Stromverbrauchs erforderlich ist. Viele Vermieter*innen und Eigentümer*innen werden jetzt an eine eigene Excel-Tabelle denken, um Kosten für professionelle Tools zu sparen. Doch dabei können sich schnell Fehler einschleichen!  

Deutlich komfortabler, wenn auch mit Kosten verbunden, sind spezielle Software-Lösungen. Diese Tools bieten oft umfangreiche Automatisierungsfunktionen, die den Abrechnungsprozess erheblich vereinfachen und beschleunigen. Auch wird das Risiko von Fehlern so deutlich reduziert. Zudem sind die Tools in der Regel darauf ausgelegt, mit einer großen Anzahl von Mietparteien und komplexen Abrechnungsmodellen effizient umzugehen.  

Beispiele für Software-Lösungen: 

  • StromLux (EnBW)
  • Solarize  
  • Solratio  
  • Metergrid  
  • Sinovo  
  • smartRED

Full-Service-Anbieter kümmern sich nicht nur um Abrechnung

Statt eines Tools zur selbstständigen Abrechnung können Sie auch einen Full-Service-Anbieter beauftragen. Diese nehmen Ihnen die Arbeit ab und kümmern sich neben der Abrechnung auch um die Ummeldungen von Zählern, Neuabschlüsse von Verträgen und Kündigungen, z.B. bei einem Einzug/Auszug. Auch sorgen sie – je nach Leistungsspektrum – für die Reststrombeschaffung. Das kann ebenfalls von Vorteil sein. Denn der Weiterverkauf von Strom bietet nicht nur die Chance auf mehr Rendite, sondern birgt auch Risiken.  

Zum Beispiel, wenn Sie durch steigende Energiepreise auch Ihren Strompreis erhöhen müssen, aber der lokale Grundversorger-Tarif aufgrund anderer Beschaffungshorizonte konstant bleibt. Die Gefahr: Erhöhen Sie trotzdem den Tarif, kann Ihnen ein Kriterium zur Erfüllung des Mieterstromzuschlages verloren gehen (weil Sie die 90-Prozent-Grenze überschreiten). Auch können Ihnen Ihre Kund*innen bei einem unattraktiven Preis den Vertrag kündigen. Gegebenenfalls bleiben Sie dann auf Ihren eigenen beschafften Strommengen sitzen.   

Beispiele für Full-Service-Anbieter: 

  • EnBW immo+
  • Einhundert Energie 
  • 7YRDS Energy 
  • Inexogy 
  • Green Planet Energy

Fazit

Das Mieterstrommodell mit dem Mieterstromzuschlag bietet für alle Beteiligten eine Menge Vorteile: Bewohner*innen erhalten einen Stromtarif, der in der Regel günstiger als die Grundversorgung ist. Eigentümer*innen bzw. Betreiber profitieren von der staatlichen Förderung und können zusätzliche Einnahmen generieren. Zudem sorgt die eigene PV-Anlage dafür, dass sich die CO2-Bilanz des Wohngebäudes verbessert und der Autarkiegrad steigt.  

Übrigens: Zuletzt wartete die ganze Branche auf die Verabschiedung des Solarpakets I, in dem die bereits erwähnte „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ etabliert wird. Inzwischen wurde das Gesetzespaket verabschiedet. Die darin enthaltene gemeinschaftliche Gebäudeversorgung bringt für die Abrechnung nochmal einige Vereinfachungen und reduziert die Risiken für die Anlagenbetreiber*innen. Dafür entfällt bei diesem Modell allerdings der Mieterstromzuschlag. 

Tipp: Auch ein Balkonkraftwerk kann dazu beitragen, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen.

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