Wie hellsichtig der französische Autor Jules Verne bereits im Jahr 1870 wieder einmal war. „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. […] Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern,“ schrieb der Verfasser fantastischer Romane wie der „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ oder der „Reise zum Mond“. Auch die Bundesregierung hat nicht minder große Pläne mit dem Element. Doch lohnt sich der Wechsel zu einer mit Wasserstoff betriebenen Heizung?
Was ist Wasserstoff und wie wird er gewonnen?
Wasserstoff (Symbol: H) ist das häufigste chemische Element in der Natur und Bestandteil aller organischen Verbindungen. Allerdings kommt er nicht in reiner Form vor, sondern nur molekular (H2) oder ist an andere Elemente gebunden. Daher muss Wasserstoff erst aufwendig gewonnen werden, bevor er als Energieträger genutzt werden kann.
Um reinen Wasserstoff zu erhalten, muss er durch Energieeinsatz aus wasserstoffhaltigen Verbindungen, wie Wasser, abgespalten werden. Die derzeit eingesetzten Verfahren variieren je nach Methode und haben unterschiedliche Umweltauswirkungen. Zur besseren Unterscheidbarkeit verwendet man „Farbcodes“:
- Grüner Wasserstoff: Wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, bei der Elektrizität aus erneuerbaren Quellen genutzt wird. Diese Methode ist CO2-neutral und umweltfreundlich.
- Blauer Wasserstoff: Entsteht durch Dampfreformierung von Erdgas, wobei das entstehende CO2 gespeichert wird. Dadurch ist diese Methode klimafreundlicher als andere fossile Verfahren.
- Türkiser Wasserstoff: Wird durch Methanpyrolyse gewonnen, wobei das Erdgas in einem Hochtemperaturreaktor gespalten wird. CO2-Neutralität ist gegeben, wenn erneuerbare Energie eingesetzt wird und der Kohlenstoff gebunden bleibt.
- Grauer Wasserstoff: Wird ebenfalls aus fossilen Brennstoffen gewonnen, jedoch ohne CO2-Abscheidung. Dadurch ist dieser Prozess klimaschädlich und trägt zur Erhöhung des Treibhausgases in der Atmosphäre bei.
Wie kann Wasserstoff zum Heizen genutzt werden?
Der Einsatz von Wasserstoff eröffnet spannende Möglichkeiten und ist eine von verschiedenen Möglichkeiten beim Heizen. Dabei stehen zwei Technologien besonders im Fokus: die Brennstoffzellenheizung und die Beimischung von Wasserstoff zum Erdgasnetz.
Wasserstoff als Erdgas-Ersatz
Eine Möglichkeit, Wasserstoff in bestehenden Heizsystemen zu nutzen, besteht darin, ihn dem Erdgasnetz beizumischen. Dabei wird dem herkömmlichen Erdgas ein gewisser Anteil Wasserstoff zugesetzt, sodass er in herkömmlichen Gas-Brennwertheizungen verbrannt werden kann. Erste Projekte sind bereits vielversprechend verlaufen. Diese Methode erfordert keine grundlegende Veränderung der bestehenden Infrastruktur und ermöglicht eine schrittweise Reduktion der CO2-Emissionen, ohne dass sofort neue Heizsysteme installiert werden müssen, zum Beispiel im Altbau.
Ältere Gasheizungen können den Wasserstoff allerdings nicht verbrennen. Dafür müssen sie entsprechend ausgestattet sein. Heizsysteme, die die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, werden als „H2 ready“ bezeichnet. Die ersten Modelle sind seit einiger Zeit auf dem Markt. Laut dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sind fast alle seit 2020 verkauften Gasbrennwertheizungen mit dem „H2-ready“-Label zertifiziert. Dieses Label, vergeben vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), bestätigt, dass die Geräte mit Erdgas betrieben werden können und eine Beimischung von bis zu 20 % Wasserstoff vertragen.
Aktuell funktionieren diese Heizungen mit herkömmlichem Erdgas und können alte Gasheizungen ohne größere Umbauten ersetzen. Sollte der Gasversorger zukünftig Wasserstoff dem Erdgas beimischen, bleiben die Geräte weiterhin funktionsfähig. Allerdings können die derzeit verfügbaren Geräte nicht ohne erheblichen Aufwand auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff umgerüstet werden. Heizungen, die vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden können, sind in Entwicklung und sollen ab 2026 auf den Markt kommen. Diese nächste Generation von H2-ready-Heizungen wird allerdings zunächst ebenfalls mit Erdgas betrieben. Bei einer Umstellung auf Wasserstoff kann das Gerät mithilfe eines speziellen Umrüstkits an den neuen Energieträger angepasst werden.
Was kostet eine H2-ready-Heizung?
Derzeit kosten H2-ready-Gasbrennwertheizungen, die bis zu 20 % Wasserstoff beigemischt vertragen, zwischen 9.000 und 11.000 Euro. Die genauen Kosten für die ab 2026 verfügbaren, vollständig auf Wasserstoff umrüstbaren Heizungen sind noch nicht bekannt. Für das Umrüst-Kit sollten Hausbesitzer jedoch mit einigen hundert Euro zusätzlich rechnen.
Solange die H2-ready-Heizung mit Erdgas betrieben wird, entsprechen die Betriebskosten denen einer herkömmlichen Gasbrennwertheizung, einschließlich potenzieller Gaspreisschwankungen und steigender CO2-Kosten. Wie sich die Betriebskosten nach einer vollständigen Umstellung auf Wasserstoff entwickeln werden, ist schwer vorherzusagen.
Brennstoffzellenheizung
Die zweite, innovativere Möglichkeit ist der Einsatz von Brennstoffzellenheizungen. Dabei handelt es sich im Grunde um ein kleines Kraftwerk im eigenen Keller, das gleichzeitig Wärme und Strom produziert. In der Brennstoffzelle wird Wasserstoff durch eine elektrochemische Reaktion in Wärme und Elektrizität umgewandelt. Diese Technologie ist bereits in einigen Ländern wie Japan weit verbreitet und bietet den Vorteil, dass sie extrem effizient ist und fast keine schädlichen Emissionen verursacht. Die gewonnene Wärme kann direkt zur Beheizung des Hauses verwendet werden, während der erzeugte Strom entweder im Haushalt genutzt oder ins Netz eingespeist werden kann.
Was kostet eine Brennstoffzellenheizung?
Brennstoffzellen-Heizungen sind mittlerweile marktreif und einige Modelle werden bereits in größeren Stückzahlen produziert. Dennoch bleibt die Technologie vergleichsweise teuer. Vor einigen Jahren kosteten die wenigen verfügbaren Geräte noch rund 48.000 Euro oder mehr. Inzwischen sind die Preise deutlich gesunken: Eine Brennstoffzellen-Heizung ist heute schon ab etwa 23.000 Euro erhältlich. Hinzu kommen jedoch noch Kosten für Zubehör und den Einbau. Für ein komplettes System sollte man mit mindestens 30.000 bis 35.000 Euro rechnen, wobei Förderungen diese Summe reduzieren können.
Für diejenigen, die die Finanzierung trotz Förderung nicht stemmen können, bieten sich Contracting-Modelle an. Bei diesem Modell übernimmt ein Dienstleister die Anschaffung und den Betrieb der Brennstoffzellen-Heizung. Die Kund*innen kaufen dann die erzeugte Wärme und den Strom vom Dienstleister, wodurch die Investitions- und Wartungskosten entfallen, und die Anlage langfristig über den Energieverbrauch finanziert wird. Es ist jedoch wichtig, dass Sie immer die Gesamtkosten einer Brennstoffzellen-Heizung sorgfältig prüfen.
Kann man Photovoltaik und Wasserstoff für die Heizung kombinieren?
Eine vielversprechende Möglichkeit für eine klimafreundliche Wärmeversorgung bietet die Kombination einer Brennstoffzellenheizung mit einer Photovoltaikanlage. Dadurch entsteht ein nahezu emissionsfreies Heizsystem, das nicht nur Wärme, sondern auch Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Die Kombination dieser Technologien führt zu einer äußerst positiven Ökobilanz, da der gesamte Energiebedarf des Systems aus regenerativen Quellen gedeckt wird. Zudem bietet diese Lösung eine hohe Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und macht die eigene Energieversorgung resilienter gegenüber externen Schwankungen auf dem Energiemarkt.
Weiterhin können solche Systeme in Kombination mit einem Energiespeicher, beispielsweise in Form von Wasserstofftanks oder Batteriespeichern, den überschüssig erzeugten Strom für Zeiten mit geringerer Sonneneinstrahlung speichern.
Heizung mit Wasserstoff: Vorteile und Nachteile auf einen Blick
Schlägt nun die große Stunde der Wasserstoff-Heizung? Klar ist: Die Technologie birgt ein enormes Potenzial für die zukünftige Energieversorgung. Auch die Gasnetze sind bereit für die Umstellung, so eine aktuelle Studie des DVGW. Allerdings gibt es auch viele Kritiker*innen des Konzepts, insbesondere mit Blick auf H2-ready-Gasheizungen. Im Folgenden fassen wir noch einmal die wichtigsten Vor- und Nachteile dieser Heiztechnik zusammen.
Vorteile
- Bei der Nutzung von grünem Wasserstoff kann das Heizen ähnlich umweltfreundlich und nachhaltig erfolgen wie mit einer Wärmepumpe.
- Der Einsatz von Wasserstoff in einer Gas-Brennwertheizung basiert auf bewährter Technologie und bietet eine langfristig sichere Heizlösung.
- Dank der Kraft-Wärme-Kopplung kann eine Brennstoffzellenheizung gleichzeitig Wärme und Strom erzeugen, was die Energieeffizienz erhöht.
- Die Brennstoffzellentechnologie, die auch in der Automobilbranche Anwendung findet, ist bereits weit entwickelt und wird in den kommenden Jahren voraussichtlich noch bedeutende Fortschritte machen.
Nachteile
- Ein Anschluss an das Gasnetz ist unerlässlich, was die Einsatzmöglichkeiten einschränkt.
- Die Menge des verfügbaren Wasserstoffs, insbesondere von grünem Wasserstoff, kann nicht direkt beeinflusst werden und ist in Deutschland noch begrenzt.
- Aufgrund der bisher geringen Produktionszahlen sind die Anschaffungskosten für Wasserstoff-Heizungen (v.a. Brennstoffzellenheizungen) Stand heute vergleichsweise hoch.
- Hohe Betriebstemperaturen und die Reaktionsfreudigkeit von Wasserstoff können zu einem erhöhten Materialverschleiß führen. Aktuell können Gas-Brennwertkessel Wasserstoff-Anteile von etwa 20-30% verarbeiten.
- Die Herstellung von Wasserstoff erfordert große Mengen an Energie, weshalb Wärmepumpen derzeit noch deutlich effizienter und kostengünstiger sind.
Ob Wasserstoff-Heizungen bzw. H2-ready-Gasheizungen sich tatsächlich durchsetzen werden, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Weitere Details und Hintergründe zur aktuellen politischen Situation finden Sie in unseren Informationen zum Gasheizungsverbot.