Assistenzsysteme im Auto: Diese sind Pflicht bei Neuwagen

Notfallbremsung, Spurhalten, Unfalldaten speichern: Neu zugelassene Autos müssen ab Juli 2024 über eine Reihe von Assistenzsystemen verfügen. Das gilt nicht nur für Verbrenner, sondern auch für E-Autos. Wir erklären, welche Systeme nun unbedingt vorhanden sein müssen.

Das Antiblockiersystem ABS, das Stabilisierungsprogramm ESP oder Tagfahrlichter sind schon seit längerer Zeit bei allen Neuwagen in der EU vorschrieben. Ab Juli 2024 müssen neu verkaufte Autos unter anderem auch mit, einem Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner sowie einem Spurhalte und einem Notbremsassistenten ausgestattet sein. Die neuen Vorschriften sind durchaus positiv zu werten: Die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht sich, das Fahren wird komfortabler und generell sollte die zusätzliche Unterstützung auch zu einem entspannteren Reisen führen. Die gute Nachricht für Stromer-Fahrer*innen: In puncto Assistenzsysteme sind Elektroautos meist besser ausgestattet als vergleichbare Verbrenner. 


Das erwartet Sie hier


Die EU schreibt bestimmte Assistenzsysteme für Neuwagen vor

Eine EU-Verordnung schreibt ab Sommer 2024 eine Reihe von Fahrerassistenzsystemen für Neuwagen vor. Für alle, die es genau wissen wollen: Konkret handelt es sich um die „Verordnung Nr. 2019/2144 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge im Hinblick auf ihre allgemeine Sicherheit und den Schutz der Fahrzeuginsassen und von ungeschützten Verkehrsteilnehmern“. 

Für die Verordnung war der Sicherheitsgedanke leitend. Laut EU-Statistiken sind bis zu 95 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die EU-Kommission erwartet, dass durch diese verpflichtenden Assistenzsysteme bis 2038 etwa 25.000 Menschenleben gerettet und mindestens 140.000 schwere Verletzungen vermieden werden können.  

Die Einführung der neuen Assistenzsysteme erfolgt in zwei Stufen: 

Ab dem 6. Juli 2022: 

  • Für alle neu homologisierten Fahrzeuge: Das bedeutet, dass alle neu konzipierten Fahrzeugmodelle, die ab diesem Datum den Prozess der Typgenehmigung durchlaufen, mit bestimmten neuen Assistenzsystemen ausgestattet sein müssen. Diese Regelung betrifft also neue Fahrzeugmodelle, die ab diesem Zeitpunkt erstmals auf den Markt kommen. 

Ab dem 7. Juli 2024: 

  • Für alle Neuwagen: Ab diesem Datum müssen alle neu verkauften Fahrzeuge, unabhängig von ihrem Modelljahr oder ihrer Typgenehmigung, mit den vorgeschriebenen Assistenzsystemen ausgestattet sein. Das betrifft alle Neuwagen, die dann erstmals zugelassen werden, auch wenn das Modell selbst schon vor 2022 auf dem Markt war. Hersteller müssen als bis zum Stichtag ihre Modelle entsprechend umgerüstet haben, da nun alle neuen Fahrzeuge auf dem Markt die aktuellen Sicherheitsstandards erfüllen müssen. 
Bild einer Rückfahrkamera im Cockpit eines Autos.

Die fortschrittlichen Assistenzsysteme in Autos verbessern nicht nur die Sicherheit, sondern erhöhen auch den Fahrkomfort erheblich.

Achtung: Wenn Sie ein gebrauchtes E-Auto kaufen, das seine Typgenehmigung vor dem 6. Juli 2022 erhalten hat, ist es möglich, dass dieses Fahrzeug nicht mit den neuen, ab 2022 vorgeschriebenen Assistenzsystemen ausgestattet ist. Welche Systeme tatsächlich enthalten sind (serienmäßig oder optional von den Vorbesitzenden hinzugefügt), kann nur der Blick in die Wagenpapiere verraten. Die neuen Regelungen gelten zudem nicht rückwirkend für bereits zugelassene Modelle. Heißt: Für Gebrauchtwagen mit Typgenehmigung vor dem 6. Juli 2022 besteht auch keine Umrüst- oder Nachrüstpflicht. Bei den neuen E-Autos 2024 sind die Systeme indes bereits regulär „an Bord“. 

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Welche Assistenzsysteme sind im Auto nun Pflicht?

Gemäß der EU-Verordnung müssen die folgenden Assistenzsysteme nun bei Neuwagen verpflichtend immer an Bord sein: 

  • Notbremsassistent
  • Spurhalteassistent 
  • intelligenter Geschwindigkeitsassistent 
  • Adaptives Bremslicht 
  • Unfalldatenspeicher 
  • Müdigkeitserkennung 
  • Rückfahrassistent 
  • Kopfaufprallschutz 
  • Alkoholempfindliche Wegfahrsperre 

Notbremsassistent

In bestimmten Gefahrensituationen bremst der Notbremsassistent selbstständig ab, um eine Kollision zu verhindern. Dies wird durch optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen mittels Radar, Lidar (Entfernungsmessung mit Lichtimpulsen) und Kamerasystemen ermöglicht, die Daten an das Steuergerät übermitteln. Dabei müssen Hindernisse und bewegte Fahrzeuge erkannt werden können. Der Assistent kann manuell deaktiviert werden und schaltet sich bei einem Neustart automatisch wieder ein.

Spurhalteassistent

Der Notfall-Spurhalteassistent warnt, wenn das Fahrzeug ungewollt die Fahrspur verlässt. Im Gegensatz zum herkömmlichen Spurhalteassistenten greift der Notfallassistent bei Erkennen einer Notsituation aggressiver ein, indem er stark lenkt, um das Fahrzeug auf der Straße zu halten oder vom Gegenverkehr fernzuhalten. Sollte der Assistent aufgrund von Mängeln in der Straßeninfrastruktur nicht zuverlässig arbeiten können, schaltet er sich automatisch ab und informiert den Fahrenden im Cockpit. Nach einem Neustart ist der Assistent wieder aktiv. 

Weißer Tesla fährt Straße entlang.

Zu den Assistenzsystemen, die seit Juli 2024 vorgeschrieben sind, gehört auch der Notfall-Spurhalteassistent, der in Gefahrensituationen aktiv eingreift.

Intelligenter Geschwindigkeitsassistent 

Der intelligente Geschwindigkeitsassistent warnt Fahrer*innen, sobald die zulässige Geschwindigkeit überschritten wird. Er erhält seine Richtwerte durch Verkehrszeichenerkennung und/oder Daten aus Navigationsdiensten. Das System aktiviert sich mit der Zündung und kann manuell deaktiviert werden. 

Adaptives Bremslicht

Das adaptive Bremslicht zeigt anderen Verkehrsteilnehmern an, dass das Fahrzeug vor ihnen stark abbremst. Bei einer normalen Bremsung leuchten die Bremslichter wie gewohnt, während bei einer Notbremsung mit einer Verzögerung von über 6 m/s und einem Tempo von über 50 km/h die Bremslichter mehrmals pro Sekunde blinken. Wenn das Fahrzeug zum Stillstand kommt, schaltet sich die Warnblinkanlage ein und die Bremslichter leuchten dauerhaft.  

Unfalldatenspeicher 

Der Unfalldatenspeicher, auch „ereignisbezogene Datenaufzeichnung“ oder „Black Box“ genannt, speichert Daten unmittelbar vor, während und nach einem Zusammenstoß. Zu den gesammelten Daten gehören Geschwindigkeit, Bremsung, Position, Neigung und Informationen aus dem Notrufsystem eCall, das seit 2018 vorgeschrieben ist und bei Unfällen automatisch die 112 informiert. Die Aufzeichnung und Speicherung sind anonymisiert, bei normaler Fahrt werden die Informationen auch im Sekundentakt wieder gelöscht.  Erst wenn es zum Zusammenstoß kommt, werden die gesammelten Daten in einem Zeitrahmen von fünf Sekunden vor und 0,3 Sekunden nach dem Unfall im Auto gespeichert. Diese Informationen können später bei der Rekonstruktion des Unfallhergangs helfen. Die Polizei hat nicht von vornherein Zugang zu den Daten, in der Regel müssen Sie als Fahrer*in einer Auslesung zustimmen. Im Zuge eines Strafverfahrens kann ein Gericht aber auch eine entsprechende Anordnung erlassen. Der Unfalldatenspeicher kann nicht deaktiviert werden und ist auch sowohl in teil- als auch in vollautonomen Fahrzeugen vorgeschrieben.

Müdigkeitserkennung

Seit 2022 ist die Müdigkeitserkennung bei neu entwickelten Fahrzeugen Pflicht, um Unfälle durch Sekundenschlaf zu verhindern. Der Müdigkeitswarner ist daher in vielen Neuwagen bereits Standard. Durch die kontinuierliche Aufzeichnung von Augen- oder Lidbewegungen und/oder Lenkbewegungen wird das Fahrverhalten analysiert. Bei Anzeichen von Müdigkeit oder nachlassender Konzentration wird der/die Fahrer*in akustisch und optisch (durch ein Symbol wie eine Kaffeetasse) zur Einhaltung von Pausen aufgefordert. 

Rückfahrassistent

Der Rückfahrassistent soll das Ausparken und Rückwärtsfahren sicherer machen. Er erkennt Passant*innen oder Hindernisse hinter dem Fahrzeug und warnt den Fahrenden beim Rückwärtsfahren in der Regel durch die bekannte Piep-Geräusche (stammen von den Park- bzw. Abstandsensoren an der hinteren Stoßstange). Neuere Fahrzeuge zeigen auf dem Display zudem Bilder der Rückfahrkamera an und blenden Hinweise ein wie „Hindernis erkannt“ oder „Objekt nähert sich“. Dadurch können Unfälle verhindert werden, die zum Beispiel beim Ausparken mit eingeschränkter Sicht passieren könnten.  

Kopfaufprallschutz

In Bereichen des Fahrzeugs, die bei einem Unfall häufig mit dem Kopf von Radfahrern und Fußgängern in Kontakt kommen, wie der Fahrzeugfront und der Windschutzscheibe, muss ein Kopfaufprallschutz integriert werden. Die Umsetzung erfolgt durch verschiedene Maßnahmen, wie etwa energieabsorbierende Materialien (die den Aufprall dämpfen) und aktive Motorhauben (wird leicht angehoben, um einen größeren Puffer zwischen dem Kopf des Fußgängers und harten Motorbauteilen zu schaffen). Auch die Konstruktion der Windschutzscheiben (Einbau von laminiertem Glas) und die Gestaltung der Fahrzeugfronten (Verringerung des Aufprallwinkels) müssen angepasst werden. Der zusätzliche Schutz muss durch verschärfte Crashtests nachgewiesen werden. 

Alkoholempfindliche Wegfahrsperre

In Zukunft müssen alle Neuwagen über eine standardisierte Schnittstelle verfügen, die das Nachrüsten einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ermöglicht. Das Kontrollgerät selbst (in das man vor dem Starten pusten müsste, um den Promillewert bestimmen zu lassen) ist nicht Bestandteil der Verordnung. Bereits bekannte Systeme arbeiten mit einem Atemalkoholgerät, das erst nach einer positiven Atemprobe die Zündung aktiviert. Der Hintergrund: Alkohol am Steuer ist eine der Hauptursachen für schwere Verkehrsunfälle, und die Einführung von alkoholempfindlichen Wegfahrsperren soll verhindern, dass Fahrer*innen ihr Auto starten, wenn sie betrunken sind.  

Auch wenn der verpflichtenden Installation des Kontrollgeräts womöglich noch lange auf sich warten lässt (es wären noch einige rechtliche und technische Maßnahmen vorab nötig, um zum Beispiel Missbrauch und Manipulation auszuschließen, auch allgemeine Grundsätze des deutschen Verkehrsrechts in Bezug auf Angemessenheit und Handlungsfreiheit stehen dem Ganzen etwas entgegen), eine funktionierende Schnittstelle ist zumindest vorhanden. Denn freiwillig darf man das Kontrollgerät längst einbauen. Und von Unternehmen aus dem Taxi- und Busgewerbe und Logistikfirmen wird es bereits auch genutzt. 

Assistenzsysteme in E-Autos zeigen sich Verbrennern überlegen

Natürlich sind auch E-Autos häufig mit einer Vielzahl von Assistenzsystemen ausgestattet, die sowohl die Sicherheit als auch den Fahrkomfort erhöhen. Dank der intensiven Integration von Elektronik und der Nutzung moderner Architekturen zeigen sich E-Autos oft besser ausgestattet als viele Verbrennerfahrzeuge. Dabei setzen viele Hersteller von E-Autos auf modernste Technologien wie Künstliche Intelligenz, um die Assistenzsysteme in ihren Autos laufend zu verbessern.  

E-Auto vs. Verbrenner: 3 Modelle im Vergleich

Im Folgenden sind einige Modelle und ihre entsprechenden Verbrenner-Versionen im Vergleich aufgeführt, die die Überlegenheit der E-Autos in Bezug auf deren Assistenzsysteme deutlich machen. 

  1. Audi Q8 e-tron vs. Audi Q7:

Der Q8 e-tron von Audi bietet eine umfassendere Ausstattung an Assistenzsystemen im Vergleich zum relativ ähnlich dimensionierten Audi Q7. Der Q8 e-tron verfügt bereits heute serienmäßig über adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung und ein 360-Grad-Kamerasystem. Viele dieser Systeme sind beim Q7 nur in höheren Ausstattungsvarianten oder gegen Aufpreis erhältlich.  

Audi Q8 e-tron fährt Serpentinen entlang.

Im Vergleich zum ähnlich dimensionierten Audi Q7 bietet der Q8 e-tron eine umfassendere Ausstattung an Assistenzsystemen.

  1. VW ID.4 vs. VW Tiguan:

Der VW ID.4 ist ebenfalls von Haus aus besser ausgestattet als der Verbrenner-Tiguan. Der Elektro-SUV aus dem Hause Volkswagen verfügt zum Beispiel serienmäßig über den Travel Assist, der adaptive Geschwindigkeitsregelung, Spurhalteassistent und Verkehrszeichenerkennung kombiniert. Diese Systeme sind beim Tiguan in der Regel nur in höherpreisigen Varianten verfügbar. 

  1. Hyundai Kona Electric vs. Hyundai Kona:

Der seit 2023 erhältliche Hyundai Kona Electric ist in vielen Märkten serienmäßig besser ausgestattet als die baugleiche Verbrenner-Version. Der kleine Elektro-SUV verfügt über fortschrittlichere Fahrerassistenzsysteme wie autonomen Notbremsassistenten, adaptiven Tempomat und Spurfolgeassistent, die im Verbrenner-Kona nicht in der Basisversion vorhanden sind. 

Fazit: Serienmäßig mehr Sicherheit dank Assistenzsystemen

Die neue EU-Verordnung zur Pflicht von Fahrerassistenzsystemen in Neuwagen stellt einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit dar. Indem solche Systeme standardmäßig in alle neuen Fahrzeuge integriert werden, können viele Unfälle verhindert und zahlreiche Menschenleben gerettet werden. Dieser Schritt trägt aber nicht nur zu sichereren Straßen bei, sondern sollte in den nächsten Jahren auch die weitere technische Entwicklung fördern. 

Wie dies funktionieren kann, lässt sich an Elektroautos gut beobachten. Viele der heute erhältlichen Stromer sind besser mit Assistenzsystemen ausgestattet als ihre Verbrenner-Pendants. Dies liegt an den modernen Plattformen, auf denen E-Autos entwickelt werden, und an der stärkeren Fokussierung auf Software und Elektronik – Stichwort „Connected Car. Die fortschrittlichen Assistenzsysteme in E-Autos verbessern dabei nicht nur die Sicherheit, sondern erhöhen auch den Fahrkomfort erheblich – und das meist schon in der Basisversion.  

Einen Haken hat die Sache aber: Man kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Integration umfangreicher und immer komplexerer Fahrerassistenzsysteme die Fahrzeugpreise im Durchschnitt weiter erhöhen wird. Bereits jetzt sind laut ADAC1 die Kosten für Kleinwagen (Verbrenner und E-Autos zusammengenommen) im Vergleich zu vor zehn Jahren um etwa 73 Prozent gestiegen, was teilweise eben auch auf die fortschrittliche Technik zurückzuführen ist, die in diesen Fahrzeugen verbaut wird. So trägt beispielsweise die wachsende Anzahl an Sensoren, Kameras und Computerchips, die für diese Systeme erforderlich sind, zu den gestiegenen Produktionskosten bei. 

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