Lange konzentrierte sich Nissan auf ein E-Auto-Modell, den Leaf. Zwölf Jahre nach Markteinführung beginnt der japanische Autobauer, sein gesamtes Portfolio auf elektrische Antriebe umzubauen.
Nissan Leaf: E-Auto-Vorreiter in zweiter Generation
Wenn man wollte, könnte man die Geburtsstunde des elektromobilen Zeitalters auf den Dezember 2010 datieren. Damals begann der Verkaufsstart des Nissan Leaf (englisch für „Blatt“), der fast ein Jahrzehnt lang den Markt für E-Autos dominieren sollte. Rund 600.000 Einheiten des Kompaktwagens verkaufte der japanische Autobauer bis heute, davon rund ein Drittel allein in Europa. Seit Anfang 2018 ist die zweite Generation auf dem Markt, die aber seit der Aufholjagd der anderen Autobauer immer weniger Kunden begeistert. Im April 2022 wurden in Deutschland gerade einmal 274 Nissan Leafs neu zugelassen, ein Anteil von 1,2 Prozent bei insgesamt 22.175 E-Auto-Neuzulassungen.
Der Einstiegspreis beginnt bei 29.990 Euro (ohne Förderung), wodurch der Leaf weiterhin zu den günstigeren E-Autos gehört. Gleichwohl erhalten Sie den Leaf mit einer hochwertigen Ausstattung, die allerlei Assistenten und Multimedia-Systeme beinhaltet. Vor allem die Batterietechnik wurde stetig weiterentwickelt. Besaß die erste Version noch eine Kapazität von 24 kWh, liegt das aktuelle Modell bei 40 kWh. Der Leaf e+ wird sogar mit 62 kWh angeboten. Dadurch kommen die Fahrzeuge auf eine Reichweite von 270 bzw. 385 Kilometer (nach WLTP). Das ist zwar für den Alltag völlig ausreichend, doch der Kia Niro schafft bereits bis zu 455 Kilometer, der Hyundai Kona sogar bis zu 484 Kilometer.
Die Fahreigenschaften des Nissan Leaf sind nach wie vor top. Das ausgewogene Fahrwerk zeigt sich vor allem den Anforderungen des innerstädtischen Verkehrs gut gewachsen, der Stromer liegt hervorragend auf der Straße, und in der Version mit dem größeren Akku beträgt die Motorleistung sportliche 160 kW (217 PS). Die Basisversion kommt mit 110 kW (150 PS), was aber ebenfalls ein flottes Fahren ermöglicht. Nur bei der Ladetechnik merkt man dem Leaf sein Alter an: Der Stromer besitzt einen Typ-2-Wechselstromanschluss (3,6 bzw. 6,6 kW Ladeleistung), einen Stecker für die Haushaltssteckdose (2,3 kW) und einen CHAdeMO-Anschluss für Schnellladesäulen (50 kW ). Damit hat der Leaf kein CCS-Anschluss und kommt an der Schnellladesäule nicht auf die bis zu 300 kW, wie die meisten aktuellen E-Autos.
Nissan Ariya: Das futuristische Crossover-Coupé
Nachdem es um den Nissan Leaf immer ruhiger wurde und sich stattdessen zum Beispiel die Modelle von Tesla zu neuen Verkaufsschlagern entwickelten, präsentierte der japanische Autobauer 2019 erstmals den potenziellen Nachfolger des Leaf: den Ariya, ein 4,60 Meter langes Crossover-Coupé mit futuristisch anmutendem Design. Doch erst im Laufe des Jahres 2022, und damit drei Jahre später, soll der Ariya bei den Händlern stehen, der Verkauf wurde immer wieder verschoben.
Am auffälligsten am Ariya ist die bullige Front, die von dünnen Lichtleisten und Lüftungsöffnungen in Trapezform durchzogen wird. Die Dachlinie fällt nach hinten flach ab, wodurch der Ariya seinen coupé-haften Look erhält. Im Cockpit dominieren zwei 12,3 Zoll große Displays, durch deren Inhalte Sie – wie bei Ihrem Smartphone – durchblättern können. Dazu kommt ein zusätzliches Head-up-Display, das die wichtigsten Infos direkt ins Blickfeld des Fahrers projiziert. Knöpfe und Schalter suchen Sie weitestgehend vergeblich, denn in der Regel werden Funktionen per Sprache gesteuert („Hallo Nissan“). In der Mittelkonsole versteckt sich ein kleines Tischchen fürs mobile Büro.
Die Basisversion des Ariya verfügt über einen Akkupack mit einer Leistung von 63 kWh und einer Reichweite von 403 Kilometern (nach WLTP). Der Frontantrieb stellt 160 kW (218 PS) zur Verfügung, bei 160 km/h wird abgeregelt. Die Version kostet voraussichtlich ab 47.000 Euro. Die nächstgrößere Version enthält eine 87 kWh starke Batterie und einen E-Motor mit 178 kW (242 PS), was für bis zu 500 Kilometer (nach WLTP) reichen soll. Die Top-Version mit Allrad gibt es mit einer Gesamtleistung von 225 kW (306 PS) bzw. 290 kW (394 PS). Sie schafft bis zu 200 km/h, die Reichweite liegt dann bei 460 bzw. 400 Kilometern. Laut Herstellerangaben sind alle Versionen des Ariya mit einem Typ-2-Anschluss für die Wallbox und einem Combined Charging System (CCS Combo 2) für Schnelladevorgänge bis zu 130 kW ausgestattet. Damit lassen sich zum Beispiel die 63 kWh und die 87 kWh Versionen in rund 35-40 Minuten zu 80% aufladen.
Ambitioniert: Nissans Elektroauto-Pläne bis 2030
Langsam nimmt das elektrische Modellprogramm von Nissan konkrete Gestalt an. Bereits 2013 gesellte sich zum Leaf der Hochdachkombi e-NV200 dazu, der Platz für fünf bzw. sieben Personen bietet und mittlerweile über einen 40 kWh großen Akku verfügt, der auf eine Reichweite von bis zu 275 km (nach WLTP) kommt. Nissan hat damit einen durchaus familientauglichen Elektro-Van im Programm, obwohl er im Vergleich zum Mercedes EQV oder VW ID.BUZZ immer etwas unter dem Radar der Öffentlichkeit flog. Der e-NV200 ist auch als Kastenwagen erhältlich, das elektrifizierte Nutzfahrzeug richtet sich vor allem an Handwerker, das Transportgewerbe und sonstige Firmen.
Noch in diesem Jahr soll mit dem Sakura ein elektrischer Kleinstwagen mit einer Reichweite von 180 Kilometern (nach WLTP) auf den Markt kommen – allerdings erstmal nur in Japan. Ebenfalls 2022 folgt die Elektro-Version des Townstar. Kastenwagen und Tourer, die sich eine Plattform mit dem Renault Kangoo und Mercedes Citan teilen, sollen über einen 90 kW (122 PS) starken Elektromotor, 45-kWh-Akkus und eine Reichweite von 300 Kilometern (nach WLTP) verfügen. 2024 folgt der Elektro-Nachfolger des Micra. Wie der Cityflitzer heißen und wie er genau aussehen wird, ist noch nicht bekannt.
Vier Designstudien geben Ausblick auf künftige Modellpalette
Nissans E-Auto-Pläne sehen unter dem Titel „Ambition 2030“ vor, dass die nächste Generation batteriebetriebener Elektromodelle ab 2028 ins Programm kommen soll. Der Clou: Die Stromer sollen bereits eine Festkörperbatterie (ASSB bzw. „All-Solid-State-Batteries“) nutzen. Bislang kennt man das nur von der chinesischen Luxuslimousine NIO ET7. Ab 2024 soll in Yokohama eine Pilotanlage Erfahrungen in der Produktion sammeln, bevor der neue Akkutyp in Serie gefertigt wird. Welche Gestaltungsmöglichkeiten sich aus der flacheren Bauweise ergeben könnten, hat Nissan an vier Designstudien durchgespielt, die einen Ausblick auf das kommende Programm geben:
- Nissan Chill-out: ein dynamischer Crossover-SUV
- Nissan Max-out: ein sportlicher Roadster
- Nissan Hang-out: ein kompaktes Freizeit-SUV
- Nissan Surf-out: ein futuristischer Elektro-Truck
Bis 2030 will Nissan 15 neue Elektro-Modelle auf den Markt bringen, insgesamt werden 23 Baureihen elektrifiziert. Bestehende Verbrenner-Modelle – zum Beispiel Juke, Qashqai oder X-Trail – erhalten einen Hybridmotor, der mittels e-Power angetrieben wird. Der kleine Akku an Bord lässt sich dabei nicht extern aufladen, sondern wird vom Verbrenner versorgt. Das reicht für Fahrten auf kurzer Distanz im Elektromodus (Juke) bzw. reinen E-Antrieb (Qashqai, X-Trail) mit Unterstützung eines Benziners. Plug-in-Hybride wird Nissan nicht anbieten. Nicht zuletzt in das Recycling alter Akkus will der japanische Autobauer kräftig investieren.
Die gesamte Präsensation der Roadmap bis zum Jahr 2030 können Sie sich hier ansehen (in Englisch):
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