Während der Lieferengpässe auf dem Elektroauto-Markt in den letzten Monaten und Jahren war die direkte Verfügbarkeit ein gutes Argument für einen Stromer aus zweiter Hand. Grundsätzlich hat sich die Marktlage etwas entspannt, allerdings nicht bei allen Modellen – unter Umständen muss man für bestimmte Konfigurationen immer noch etwas mehr Geduld aufbringen als für andere. Allerdings ist das Angebot an E-Modellen in den letzten Jahren stark gewachsen, was die Preise auf dem Gebrauchtmarkt weiter sinken lässt.
Daher lohnt es sich zu schauen, welche Vorteile ein gebrauchtes E-Auto gegenüber einem Neuwagen hat, woran Sie ein gut gepflegtes Elektroauto erkennen und wie viel Budget Sie für einen soliden Gebrauchten einplanen sollten. Wir haben zusammengefasst, worauf beim Kauf eines gebrauchten E-Autos zu achten ist.
Gebrauchte E-Autos zu kaufen, wird immer günstiger
In den vergangenen Jahren sind die Zulassungszahlen von E-Autos gestiegen, auch aufgrund der staatlichen Förderungen. Nach dem Wegfall des Umweltbonus (seit 18.12.2023 gestoppt) schrecken wieder viele Menschen, die mit einem Elektroauto liebäugeln, angesichts der Neuwagenpreise vor einem Kauf zurück. Einen brandneuen Opel Corsa-e gibt es ab etwa 35.000 Euro, Nissan bietet die aktuelle Generation des Erfolgsmodells Leafs ebenfalls ab rund 36.000 Euro an und der Elektro-SUV Audi Q8 e-tron wird ab 77.000 Euro verkauft.
Wer sich dagegen auf dem Markt für gebrauchte E-Autos umsieht, kann beim Kauf mitunter viel Geld sparen. Gerade in den letzten Monaten sind die Preise für Second-Hand-Stromer noch einmal enorm gesunken. Wie das Handelsblatt berichtet, dürften gebrauchte E-Autos bald sogar günstiger werden als entsprechende Dieselfahrzeuge. So lag der Durchschnittspreis für gebrauchte Stromer bei 29.500 Euro, während gebrauchte Diesel etwas über 28.000 Euro kosteten. Ein drei Jahre alter VW ID.3 mit 60.000 Kilometern auf dem Tacho für 20.000 Euro? Ein Porsche Taycan mit 35.000 Kilometer für unter 70.000 Euro? Mittlerweile keine Seltenheit mehr.
Einen ersten Schub erhielt der Gebrauchtwagenmarkt im Jahr 2022: Die staatliche Förderung hatte seinerzeit die Nachfrage stark steigen lassen, während die Hersteller durch Pandemie und Mikrochip-Engpass mit der Produktion kaum hinterherkamen. Hohe Lieferzeiten verstärkten das Interesse an gebrauchten E-Autos und ließen somit auch die Preise steigen. Das ist mittlerweile anders: Die Lieferzeiten für viele beliebte Modelle (Audi, BMW, Jeep, Mercedes, Opel, Porsche, …) liegen innerhalb eines halben Jahres, Publikumslieblinge wie der VW ID.3, ID.4 und ID.5 oder Cupra Born werden bereits drei bis vier Monate nach Bestellung ausgeliefert. Und bei Tesla sind die Autos in weniger als vier Wochen fertig.
Die gefallenen Preise für neue Stromer rufen zudem die Leasinganbieter auf den Plan: Die ersten Firmen haben laut mehrerer Berichte bereits wegen des Werteverfalls Ausgleichszahlungen von Herstellern erhalten. Hintergrund ist hier aber auch der Preiskampf zwischen verschiedenen Elektroauto-Bauern, der in den vergangenen Monaten vor allem von Tesla befeuert wurde. Für die Leasingunternehmen wurde das zum Problem, weil die erwarteten Restwerte nach Ablauf des E-Auto-Leasings angesichts des Preisverfalls nicht mehr erreicht werden können.
Wie viel kosten gebrauchte E-Autos?
Durch die Turbulenzen der letzten Monate hat sich die Situation auf dem Gebrauchtwagenmarkt zugespitzt. Für E-Autos mit drei Jahren Haltedauer und 60.000 Kilometern Laufleistung kalkulieren Expert*innen heutzutage mit einem Restwert von 43 Prozent – der Verlust liegt bei sage und schreibe 57 Prozent! Früher galt für gebrauchte E-Autos ebenso wie für Verbrenner nach drei Jahren ein Restwert von rund 56 bis 60 Prozent. Gebrauchte E-Autos gelten derzeit als schwer verkäuflich, auch das hat zu dem Preisrutsch geführt. Nach acht Jahren sinkt der Restwert von E-Autos noch einmal deutlich, da dann meist die Herstellergarantie des Akkus abgelaufen ist.
Der Restwert eines gebrauchten E-Autos wird aber durch mehrere Faktoren beeinflusst, zum Beispiel dadurch, dass neue Modelle immer leistungsfähiger werden und oft günstiger produziert werden als ihre Vorgänger. Generell spielen Alter, Kilometerstand und Pflegezustand weitere wichtige Rollen. Robuster gegen übermäßigen Wertverlust sind vor allem beliebte Modelle mit passender Ausstattung. Auch bekannte Marken wie BMW oder Tesla erweisen sich häufiger als etwas widerstandskräftiger gegen Preisverfall als andere Hersteller. Eine Prognose der Restwertentwicklung ist aber derzeit nur schwer möglich. Sollten in Zukunft nur noch emissionsfreie Fahrzeuge in den Innenstädten fahren dürfen, würde dies zum Beispiel den Wert von gebrauchten E-Autos wiederum erhöhen.
E-Auto-Förderung für Gebrauchtwagen gestoppt
Bis Ende 2023 konnten Sie auch für ein gebrauchtes E-Auto Förderung vom Staat erhalten. Seit 2024 ist das aber nicht mehr so. Wie Neuwagen sind auch „junge Gebrauchte“ nicht mehr förderfähig. Bedeutet: Die Förderung von bis zu 4.500 Euro wurde gestrichen, Förderanträge bei der BAFA werden nicht mehr bearbeitet. Mehr über die derzeitige Situation erfahren Sie in unserem Artikel „E-Auto Förderung 2023: Diese Fördermöglichkeiten gibt es aktuell“.
Wie gut ist die Reichweite von gebrauchten E-Autos?
Wer ein gebrauchtes E-Auto sucht, sollte sich Gedanken über die eigenen Erwartungen machen, zum Beispiel bezüglich Platzangebot, Ausstattung und natürlich Reichweite. Wie beim Preis sind auch in puncto Reichweite gebrauchte Elektroautos besser als ihr Ruf. Lange Zeit galten E-Autos als reine Stadtautos mit nur geringen Langstrecken-Qualitäten. Das mag für die allerersten Stromer zwar zutreffen, in den vergangenen Jahren kamen aber immer mehr Modelle auf den Markt, die auch längere Abschnitte ohne Zwischenstopp an einer Ladesäule bewältigen können.
Mit bis zu 629 Kilometern Reichweite (nach WLTP) ist die früher oft kolportierte „Reichweitenangst“ beim Tesla Model 3 schon von Anfang an ein Fremdwort. Aber auch die bis zu 525 Kilometer von VWs ID.3 sollten für den Alltagseinsatz voll ausreichen. Wie hoch die Reichweite wirklich ausfällt, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, wie dem eigenen Fahrverhalten, dem Wetter und der Außentemperatur.
Für die meisten Interessierten sind diese Werte tatsächlich nur bedingt wichtig. Denn oftmals kommt es weniger auf die maximale Reichweite, sondern mehr auf Alltagstauglichkeit an. Sprich: Wenn Sie mit Ihrem E-Auto vor allem zur Arbeit und zurück oder zum Sport fahren wollen, wenn Sie die Kinder zur Kita oder den Wochenend-Einkauf bequem nach Hause bringen wollen, sind Reichweiten von 200 bis 300 Kilometer in der Regel schon völlig ausreichend. Und in diesem Feld tummeln sich viele Modelle, die Sie mittlerweile auch gut als gebrauchte Elektroautos kaufen können:
- Renault ZOE: 400 Kilometer Reichweite
- Peugeot e-208: 340 Kilometer Reichweite
- Skoda CITIGOe iV: 258 Kilometer Reichweite
- VW ID.3: ab 330 Kilometer Reichweite
Doch auch auf die verwendete Ladetechnologie kommt es an. Sie beeinflusst, wie schnell die Batterien aufgeladen werden können. Besonders, wenn weitere Strecken zurückgelegt werden sollen, ist eine Schnellladefunktion wünschenswert. Ist das Laden nur AC-Laden möglich, dauert der Ladevorgang mehrere Stunden.
Gebrauchtes E-Auto kaufen: Hauptaugenmerk auf den Akku legen
Wenn Sie ein gebrauchtes Elektroauto kaufen, gelten dieselben Regeln wie beim Kauf jedes anderen Gebrauchtwagens: Eine gründliche Besichtigung des Fahrzeugs ist Pflicht. Neben der allgemeinen Verfassung des Autos (Funktionstüchtigkeit, Abnutzung, Rost etc.) sollten Sie Ihr Hauptaugenmerk auf den Akku legen. Dieser ist das teuerste Bauteil im E-Auto und „altert“ durch das regelmäßige Laden über die Zeit. Eine neue Batterie liegt preislich bei 15.000 bis 20.000 Euro.
Natürlich ist es für Laien schwierig, den technischen Zustand des Akkus zu beurteilen. Bei Wartungs- und Servicearbeiten wird die Stromer-Batterie aber von der Werkstatt immer genau unter die Lupe genommen. Der Check umfasst zum einen den allgemeinen „Gesundheitszustand“ (auch „State of health“ genannt) und die aktuelle Ladekapazität, zum anderen Pole, Anschlüsse und Kabelverbindungen. Lassen Sie sich daher immer alle Prüfprotokolle und das Scheckheft vorzeigen. Am besten liegt die letzte Hauptuntersuchung noch nicht lange zurück. Ein Akkutest, bei dem unter anderem die Restkapazität der Batterie geprüft wird, ist übrigens Pflicht beim Verkauf eines gebrauchten E-Autos. Ein regelmäßig gewartetes Fahrzeug ist ebenso wichtig, um langjährige Garantieansprüche durchzusetzen. Zum Beispiel, wenn die nutzbare Restkapazität der Batterie unter die vom Hersteller garantierte Grenze fällt, oft bei 70%.
Wie lange hält der Akku eines Elektroautos?
Grundsätzlich gilt: Die Akkus halten normalerweise länger, als oftmals erwartet. Expert*innen schätzen, dass moderne Lithium-Ionen-Akkus auf bis zu 3.000 Ladezyklen kommen. Das entspricht einer Lebensdauer von rund 15 Jahren. Es stimmt zwar, dass die Stromer-Batterien keinen Ladestress mögen. Aber bei neueren Modellen sorgt schon das interne Batteriemanagementsystem dafür, dass das Laden möglichst schonend erfolgt.
Viele E-Autofahrer*innen laden ihr E-Auto sowieso überwiegend zuhause an einer Wallbox , was den Batterien ebenfalls guttut. Dadurch nimmt die Kapazität viel langsamer ab als oft befürchtet. Eine aktuelle Studie zeigt außerdem, dass auch das Schnellladen für die Akkus von Elektroautos nicht schädlich ist. So haben die meisten Akkus selbst nach mehr als 200.000 Kilometern noch 80 bis 90 Prozent der ursprünglichen Kapazität. Zudem geben die Hersteller eine Garantie von fünf bis acht Jahren auf die Akkus bzw. auf eine Laufleistung von 100.000 bis 150.000 Kilometern. Fällt die Ladekapazität innerhalb der Frist zum Beispiel unter 70 Prozent, tauscht der Hersteller den Akku kostenlos aus. Fragen Sie daher den Verkäufer oder die Verkäuferin, ob und wie lange der Garantiezeitraum noch gilt.
Worauf sollte ich bei der Probefahrt achten?
Für den Gesamteindruck ist auch eine Probefahrt unverzichtbar, am besten auf einer Strecke, die Sie auch in Ihrem Alltag fahren würden. Fahren Sie zudem so, wie Sie es normalerweise tun. Beim Start sollten Sie den Bordcomputer auf null stellen bzw. sich die Restreichweite und den Ladestand der Batterie notieren. Nach Fahrtende vergleichen Sie die Werte mit denen vom Beginn. Das ist wichtig, um realistische Daten für die Reichweite zu bekommen. Haben Sie zum Beispiel nach 60 Kilometern Probefahrt bereits die halbe Akkuladung in Anspruch genommen, wird das E-Auto später auf kaum mehr als 120 Kilometer Gesamtreichweite kommen.
Lassen Sie sich zudem Auskunft über Zustand, Reichweite und Batterie des Stromers geben. Zuverlässige Verkäufer*innen sollten Ihnen offen auf Fragen zu eventuellen Batterieschäden oder -reparaturen antworten. Hier wird empfohlen zu einem seriösen Autohändler zu gehen. Ein genauer Blick in das Serviceheft hilft Ihnen ebenfalls weiter. In jedem Fall sollten Sie alles detailliert im Kaufvertrag festhalten. Auch Ladekabel und eventuelles Zubehör sollten dabei schriftlich festgehalten werden, sowie in welchem Zustand sie sich befinden.
Gebrauchte Elektro-Fahrzeuge weniger anfällig für Verschleiß
Generell ist bei gebrauchten E-Autos Verschleiß kein großes Thema. Zum einen sind E-Motoren einfacher aufgebaut und daher weniger anfällig für Abnutzung als Verbrenner. Zudem ist die Laufleistung mindestens genauso gut wie die von Diesel- oder Benzin-Motoren. Auch nach rund 200.000 Kilometern funktionieren Elektromotoren in der Regel tadellos. Zum anderen fehlen bei E-Autos typische Verschleißteile wie Auspuff, Zahnriemen oder Zündkerzen. Merke: Was nicht eingebaut wurde, kann auch nicht kaputtgehen.
Auf einen wichtigen Punkt sollten Sie achten: Manchmal sind die Bremsen von Rost betroffen, was die Bremsleistung beeinträchtigt. Der Grund für die Rostbildung liegt im „One-Pedal-Driving-Modus“, den viele Stromer-Fahrer*innen praktizieren. Dabei wird das E-Auto nur mit dem Gaspedal beschleunigt und abgebremst. Beim Verzögern drosselt der E-Motor die Geschwindigkeit, die dabei gewonnene Energie fließt zurück in den Akku. Im Fachjargon nennt man dies Rekuperation. Was für die Energiebilanz gut ist, erweist sich für die Bremsen manchmal als Problem. Schauen Sie sich daher die Bremsscheiben genau an. Finden Sie viel Oberflächenrost, hat der Vorbesitzer oder die Vorbesitzerin das Bremspedal höchstens in kritischen Verkehrssituationen benutzt.
Wie stark sind die Reifen eines Autos vom Verschleiß betroffen?
An dieser Stelle können wir auch noch mit einem Mythos aufräumen: Reifen von E-Autos sind nicht stärker von Verschleiß betroffen als die Reifen von Verbrennern. Das Gerücht geht auf das vermeintlich hohe Drehmoment beim Anfahren zurück. Dem ist aber nicht so, sagen Reifenexpert*innen. „Reifen eines modernen Elektrofahrzeugs nutzen sich wesentlich langsamer ab als bei einem Fahrzeug mit traditionellem Verbrennungsmotor“, so Mikko Liukkula, Entwicklungsmanager des finnischen Premium-Reifenherstellers Nokian Tyres. „Das liegt in der guten Traktionskontrolle begründet. Die Fahrassistenzsysteme reduzieren Schlupf dank der schnellen Leistungsanpassung des Elektromotors. Diese Systematik reagiert viel schneller als bei Verbrennern, bei denen sie auf dem Bremsvorgang und dem Begrenzen der Motorendrehzahl basiert.“
Trotzdem sollten Sie sich die Reifen des Elektroautos gründlich ansehen: Gibt es Schnitte, Risse oder Löcher? Ein schlechtes Zeichen ist auch, wenn sie einseitig abgefahren sind. Obwohl das gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofil bei 1,6 Millimetern liegt, sollte die Profiltiefe nicht weniger als 3 Millimeter betragen – ansonsten müssten Sie sich wahrscheinlich alsbald neue Reifen für das gebrauchte E-Auto kaufen.
Tipps: Welche Elektroautos gebraucht kaufen?
Auch wenn der Markt für gebrauchte E-Autos sich laufend weiterentwickelt und sowohl die Modellvielfalt als auch die Stückzahlen steigen, sind spezielle Modelle und besondere Ausstattungen eher schwer zu finden. In der Mittelklasse und vor allem in der Oberklasse erfordert der Kauf eines gebrauchten E-Autos immer noch Zeit und Geduld. Wer dagegen einen besonders günstigen Stromer sucht, wird mittlerweile schnell fündig. Zu den kleineren bzw. kompakten Stromern, die teilweise sogar schon für deutlich unter 20.000 Euro zu haben sind, gehören diese Modelle:
- BMW i3
- Dacia Spring
- Fiat 500 Elektro
- Hyundai Kona Electric
- Hyundai Ioniq
- Nissan Leaf ZE1
- Opel Corsa-e
- Renault Zoe
- Smart EQ Forfour
- Tesla Model 3
- VW e-Golf
- VW ID.3
- VW ID.4
- VW e-up!
Fazit: Es wird immer leichter, ein gebrauchtes E-Auto zu kaufen
Einen gut erhaltenen Stromer aus zweiter Hand zu finden, ist heute kein Hexenwerk mehr. Solange die Akkus gut in Schuss sind, können Sie beim Kauf des Gebrauchten in der Regel wenig falsch machen. In puncto Verschleiß und Reparaturanfälligkeit haben die Elektroautos sogar einen sichtbaren Vorteil gegenüber Verbrennern, zumal die meisten angebotenen Fahrzeuge jünger als fünf Jahre sind. Auch hinsichtlich der strittigen Themen Ladekapazität und Reichweite müssen Sie sich bei jüngeren Gebrauchten keine Sorgen machen. Und schließlich: Da sich die Preise für Elektroautos sowohl auf dem Markt für Neuwagen als auch bei Gebrauchten aktuell stabilisieren, sollten Sie in den kommenden Monaten auch relativ günstig an Ihr Traummodell kommen.