Der Feststoffakku gilt als der Hoffnungsträger im Bereich E-Mobilität – obwohl das erste serienmäßige Elektroauto mit dem neuartigen Batterietyp nicht vor 2028 erhältlich sein dürfte. Was die Hersteller*innen von der Technologie erwarten, erfahren Sie hier.
Feststoffbatterie oder Feststoffakku?
„Batterie“ verwendet man oft als Oberbegriff für elektrochemische Energiespeichersysteme. Dabei unterscheidet man zwischen „Primärbatterien“ (nicht wieder aufladbar und oft einfach als „Batterie“ bezeichnet) und „Sekundärbatterien“ (wieder aufladbar und oft Akku bzw. Akkumulator genannt). Ein Akku zählt somit auch als Batterie.
Da man die Begriffe „Feststoffakku“ und „Feststoffbatterie“ zudem im Alltag häufig synonym verwendet, werden wir das in diesem Artikel ebenfalls so handhaben.
Was ist eine Feststoffbatterie: Aufbau und Material
Batterien sind grundsätzlich mit zwei Elektroden ausgestattet: einer Anode (negativ) und einer Kathode (positiv). Zwischen diesen beiden Polen bewegen sich Elektronen bzw. freie Ionen. Doch damit diese problemlos hin und her wandern können, brauchen sie ein Leitmedium. Zu diesem Zweck nutzt man den sogenannten Elektrolyt. Bei den bisher genutzten, konventionellen Lithium-Ionen-Akkus ist diese Substanz flüssig.
Bei einem Feststoffakku, auch Festkörperakku oder im Englischen auch „Solid State Battery“ genannt, soll der entsprechende Stoff hingegen fest sein, wie der Name bereits verrät. Aller Voraussicht nach soll es sich bei dem Material um eine spezielle Keramikstruktur handeln. Dies ermöglicht die Nutzung von alternativem Anodenmarerial, wie z. B. Lithium (statt wie bisher Graphit). Dies hat ein höheres elektrochemisches Potenzial und so ist die Energiedichte von Feststoffbatterien höher – in der Theorie bis zu 11 kWh/kg. Tatsächlich ist aber eher 1 kWh/kg realistisch, was der vierfachen Energiedichte von Lithium‐Ionen‐Akkus entspräche.
An der Kathode verwendet man als Material meist eine Kombination aus Lithium, Mangan, Nickel sowie Kobalt.
Der Unterschied zwischen einem Feststoffakku und einem herkömmlichen Lithium-Ionen-Akku ist somit recht simpel – aber absolut revolutionär.
Feststoffbatterie: Vor- und Nachteile im Überblick
Die Vorteile der Feststoffbatterie
Aktuellen Einschätzungen zufolge wird der Feststoffakku langfristig eine Batterie ohne echten Schwachpunkt sein. Zum einen soll der „Wunderakku“ wesentlich kompakter und leichter daherkommen als die gegenwärtig genutzten Akkus. Aufgrund der Tatsache, dass ihr Elektrolyt fest ist, kann er dünner sein als eine flüssige Trennschicht. Zum anderen ist die feste Substanz, die sich im Inneren der Batterie befindet, praktisch nicht entflammbar. Somit hat ein mit Festkörperakku ausgestattetes Auto eine wesentlich geringere Brandgefahr und gilt damit als sicherer als ein Fahrzeug mit konventionellem Lithium-Ionen-Akku.
Wenn es nach den Herstellern und ihren Entwicklungsabteilungen geht, soll der neuartige Feststoffakku außerdem zehnmal so viel Energie speichern können wie konventionelle Lithium-Ionen-Akkus und somit für eine deutlich höhere Reichweite sorgen. Laut Expert*innen können das sogar bis zu 30 % mehr sein. Auch die Ladezeit soll kürzer ausfallen als bei den momentan genutzten Batterien.
Damit würden Feststoffakkus den beiden größten Kritikpunkten an Elektroautos, nämlich Reichweite und Ladezeit, entgegenwirken.
Die Nachteile der Feststoffbatterie
Festkörperakkus befinden sich aktuell noch in einer Entwicklungsphase. Im Labor beschäftigt man sich derzeit noch damit, dass sich keine Dendrite, kleine Lithium-Äste, in den Batterien bilden. Diese können zu Kurzschlüssen führen und so die Lebensdauer verringern.
Zudem analysiert man noch die Ladefähigkeit bei geringen Temperaturen sowie die Schnellladefähigkeit der Batterie. Für beides benötigt man noch Praxisnachweise.
Die Entwicklungsabteilungen arbeiten derzeit fieberhaft an rentablen Lösungen, denn natürlich soll sich die neue Technik auch finanziell lohnen. Um das gewünschte Preis-Leistungs-Verhältnis zu erreichen, muss die Produktionsweise entsprechend optimiert werden – und das kann noch einige Jahre dauern.
Bis alle Ziele erreicht sind, wird der herkömmliche Akku mit flüssigem Elektrolyt weiterhin als bevorzugte Antriebstechnologie dienen.
Aktuelle News der Feststoffbatterie-Hersteller
Renommierte Automobilhersteller wie Mercedes-Benz, BMW, Volkswagen oder Audi haben den Feststoffakku längst ins Visier genommen und geben derzeit große Summen für die Weiterentwicklung der Technologie aus.
Allein Volkswagen hat seit 2018 bereits satte 500 Millionen Dollar in das US-amerikanische Start-up Quantumscape investiert. Das Unternehmen gilt im Hinblick auf den neuartigen Festkörperakku als Wegbereiter.
Wie im Januar 2024 bekannt wurde, hat der Prototyp der Standard-Zelle QSE-5 den ersten Langzeit-Test (auch A-Muster-Test genannt) nach 1.000 Ladezyklen gut bestanden. Weitere Tests sollen folgen.
Auch BMW zeigt sich in Bezug auf die Entwicklung von Feststoffakkus sehr ambitioniert. Gemeinsam mit Ford hat der Autobauer aus München rund 130 Millionen Dollar in das Unternehmen Solid Power gesteckt. Das Ziel: möglichst zügig einen marktfähigen Feststoffakku zu entwickeln. Bereits 2025 möchte BMW ein erstes Fahrzeug mit der neuartigen Batterietechnologie auf den Markt bringen. Dafür soll Solid Power noch 2024 erste Zellen liefern.
Mercedes-Benz entwickelt zusammen mit dem taiwanesischen Unternehmen ProLogium Feststoffbatterien, die man plant zwischen 2025 und 2030 in Serienmodellen zu verwenden.
Hyundai hat im Dezember 2023 ein eigenes Patent für Feststoffbatterien im US-Patentamt eingereicht. Man arbeitet dabei sowohl an LFP als auch an NMC-Batterien (LFP: Lithium-Eisenphosphat, NMC: Nickel-Mangan-Cobalt).
Auch der japanische Hersteller Toyota will den Feststoffakku in seinen E-Autos verbauen, laut seinem Batterie-Fahrplan bereits ab 2027 Man plant im ersten Schritt Akkus, die eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometern (und später sogar noch mehr) ermöglichen sollen. Details dazu sind allerdings bislang kaum bekannt.
Andere Hersteller wie Volkswagen (2026) oder Nissan (2028) haben einen ähnlichen Zeitplan.
Wann kommt die Feststoffbatterie?
Nahezu alle großen E-Auto-Hersteller betreiben Forschungen zur Entwicklung der Feststoffbatterie. So kann man davon ausgehen, dass die Batterien in den nächsten Jahren eingesetzt werden. Da die neue Technologie höhere Materialkosten hat, wird sie vermutlich zunächst in teureren Fahrzeugen verbaut. Allerdings hängt es insbesondere von den spezifischen Bedürfnissen der Kund*innen ab, welchen Akku man in Zukunft verwendet. Und davon, was E-Auto-Fahrer*innen bereit sind dafür zu zahlen.
Übrigens: Durch die Verwendung klimafreundlicher Rohstoffe, könnte man den CO₂-Fußabdruck von E-Autos durch Feststoffbatterien künftig weiter reduzieren.
Dass der Feststoffakku den Lithium-Ionen-Akku in absehbarer Zeit komplett vom Markt verdrängt, gilt als unwahrscheinlich. Immerhin hat die aktuell eingesetzte Technologie einen Entwicklungsvorsprung von etwa 30 Jahren. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich ihre Leistungsfähigkeit künftig noch erhöht, wie etwa die Bemühungen von Tesla um die Weiterentwicklung der Rundzellenbatterien zeigen. Auf jeden Fall wird ein serienreifer Feststoffakku den technologischen Wettlauf um die effizienteste Batterie weiter anfeuern.