Was es mit dem induktiven Laden von Autos auf sich hat und wie der aktuelle Stand der Technik ist, erfahren Sie im Folgenden.
Wie funktioniert induktives Laden beim Elektroauto?
Das zugrundeliegende Prinzip des induktiven Ladens nennt sich Induktion und basiert auf elektromagnetischen Wellen. Dabei kommt eine Kupferspule zum Einsatz, die als Sender fungiert. Durch diese Spule fließt Wechselstrom, der mehrere hunderttausend Mal pro Sekunde seine Richtung ändert. Die Spule erzeugt ein Magnetfeld, das mit dem Richtungswechsel des Stroms ebenfalls seine Ausrichtung umkehrt.
Die Induktion kommt in Gang, wenn eine zweite Kupferspule in dieses Magnetfeld gerät. Das hin- und herschwingende Magnetfeld erzeugt im Empfänger Wechselstrom. Dieser wird anschließend in Gleichstrom umgewandelt, der die Akkus auflädt.
Induktion funktioniert am besten, wenn Sender- und Empfängerspule sich in unmittelbarer Nähe befinden. Bei Smartphones oder elektrischen Zahnbürsten ist das kabellose Laden weit verbreitet und vergleichsweise einfach: Die Geräte werden auf ihre jeweilige Ladestation gestellt. Dadurch sind Sender- und Empfängerspule dicht beieinander und der Akku kann aufgeladen werden.
Bei Elektroautos ist induktives Laden dagegen komplizierter. Die Reifen verhindern, dass die Empfängerspule im Fahrzeug direkt auf der Ladeplatte aufliegt. Und das ist natürlich auch richtig so: Sonst könnten Sie Ihr E-Auto zwar kabellos laden, aber dafür nicht mehr fahren. Eine weitere Herausforderung ist die exakte Positionierung des E-Autos über der Ladeeinheit – eine Aufgabe, die vor allem beim Laden während der Fahrt noch einmal schwieriger wird.
Vor- & Nachteile: Ist induktives Laden schädlich für den Akku?
Ob bei Smartphones, elektrischen Zahnbürsten oder Rasierern – die Technologie des kabellosen Ladens ist längst in unseren Alltag angekommen. Trotzdem fragen sich viele Nutzer*innen, ob die induktive Variante schädlich für den Akku sein könnte.
Man kann nicht pauschal sagen, dass induktives Laden negative Folgen hat. Das Nutzerverhalten hat einen großen Einfluss auf die Lebensdauer des Akkus. Ist dieser voll aufgeladen, endet der Ladezyklus automatisch. Bleibt der Akku weiter auf der Ladestation und entlädt sich dort wieder, wird der nächste Ladevorgang gestartet. Dies schadet der Batterieleistung auf Dauer. Jeder Ladezyklus – ob per Kabel oder induktiver Station – führt zu einer Alterung des Akkus. Generell gilt daher die Empfehlung, Geräte und E-Autos nach Ende des Ladevorgangs von der Stromquelle zu trennen.
Ein Nachteil des induktiven Ladens liegt in dessen Dauer: Der Vorgang braucht insgesamt länger als per Kabel. Hier wird die Technik jedoch stetig verbessert. Aktuell werden geringe Leistungen übertragen, bei einem Wirkungsgrad von 93–95 Prozent. Das langsamere Laden könnte jedoch einen Vorteil für die Batterie haben, da es schonender für den Akku ist und weniger Wärme erzeugt.
Ein Vorteil ist, dass das Anschließen des Kabels entfällt und kein dickes Kabel den Platz im Kofferraum wegnimmt. Außerdem besteht hier nicht die Gefahr der Fehlbedienung.
Denkt man weiter in die Zukunft, könnte bei genügend induktiven Ladestationen der Akku des E-Autos ohne Probleme kleiner ausfallen. Außerdem würden kaum noch Ladestopps benötigt, was Zeit spart.
Mehrere Projekte erforschen induktives Laden in der Praxis
Elektrofahrzeugen bevorzugen das sogenannte statische Laden, bei dem das E-Auto auf einer induktiven Ladestation steht. Wichtiger Assistent ist dabei das Navi im Auto, das mithilfe von Richtungspfeilen anzeigt, wie das Fahrzeug ausgerichtet werden muss. Diese Variante ist auch für Taxis und Busse eine interessante Option, um Akku-Gewicht zu sparen und im Betrieb Strom zu tanken während des Wartens auf Fahrgäste. Doch auch das induktive Laden während der Fahrt – das sogenannte dynamische Laden – wird derzeit erprobt.
TALAKO
Anfang 2019 ist an der Universität Duisburg-Essen das Projekt „Taxi-Lade-Konzept für den öffentlichen Raum“ (TALAKO) gestartet. Das Ziel: eine Lösung finden, um E-Taxis während des Wartens kontaktlos zu laden. Außerdem sollte die elektromagnetische Verträglichkeit sichergestellt werden, um Gesundheitsrisiken auszuschließen.
Die Tests fanden unter realistischen Rahmenbedingungen statt. Das Projekt hatte eine geplante Laufzeit von drei Jahren und bekam Fördergelder in Höhe von zwei Millionen Euro.
Im Rahmen des Projekts TALAKO wurde die Stadt Köln zum wichtigen Kooperationspartner, indem sie am Taxistand vor dem Hauptbahnhof Platz für eine Pilotanlage mit sechs Ladepunkten bereitstellte. Die Bergische Universität Wuppertal trägt durch die Simulation zur Überprüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit bei, während die Taxi RUF Köln eG als Verbindungsglied zu den lokalen Taxiunternehmen in Köln fungiert. Das Team, inklusive des Technologieentwicklers INTIS, engagiert sich für die Entwicklung wirtschaftlich nachhaltiger Geschäftsmodelle für kontaktlose Ladesysteme und die vollständige Implementierung induktiver Ladestationen. In Mühlheim und Köln wurden Pilotanlagen errichtet, dabei handelte es sich um Taxistände mit einem unterirdischen Ladestreifen. Zu den Projektpartnern gehörte unter anderem auch der englische Fahrzeughersteller LEVC, der die elektrischen Cabs für die Londoner Innenstadt produziert. Die Anlagen wurden getestet, verbessert und liefen zuletzt zuverlässig. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Forschungsprojekts im Dezember 2022 setzte die RheinEnergie AG den Betrieb fort, sodass weiterhin Elektrotaxis die Möglichkeit nutzen, mittels induktivem Laden ihre Batterien aufzuladen – ein Beleg für den nachhaltigen Erfolg des Projekts.
Freie Ladestation finden, E-Auto laden und zu transparenten Preisen bezahlen.
eCharge
Wissenschaftler*innen der TU Braunschweig erforschen im Rahmen des Projekts „eCharge“ das induktive Laden während der Fahrt. Dabei werden Induktionsmodule, sogenannte „Coils“, getestet, die in den Asphaltbelag integriert sind. Ziel ist es, auf Autobahnen in regelmäßigen Abständen „E-Korridore“ zum Aufladen mit einer Länge von 25 Kilometern zu errichten. Sie könnten bis zu 20 Prozent mehr Reichweite ermöglichen. Die Technik liefert das israelische Unternehmen ElectReon. Die Ergebnisse des Projekts und die entwickelte eCharge-Technologie wurde in mehreren Folgeprojekten verwendet.
EnBW und ElectReon
Ebenfalls zusammen mit ElectReon testet die EnBW das kabellose Laden von elektrisch betriebenen Nahverkehrsbussen. Bis 2030 sollen 50 Prozent der Busse in Deutschland elektrisch fahren, sagt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
In Karlsruhe wurde eine entsprechende Teststrecke errichtet, bei der die Ladetechnik in dem Straßenpflaster integriert ist. Dafür wurden Induktionsspulen eingesetzt. Fährt ein E-Bus darüber, werden entsprechende Empfängerspulen am Unterboden der Fahrzeuge aktiviert, die über ein Magnetfeld die elektrische Energie aufnehmen und an die Fahrzeugbatterie weitergeben.
„Das Besondere am induktiven Laden ist, dass die Technik auf der Straße unsichtbar und gleichzeitig sehr sicher ist. Der Aufbau der Ladestrecke für Elektrobusse soll uns zeigen, welche Rolle induktives Laden künftig bei Angeboten für unsere Kunden spielen kann“, sagt EnBW–Forschungs- und Entwicklungschef Wolfram Münch.
Die Buslinie verbindet das neue EnBW-Ausbildungszentrum im Rheinhafen mit dem öffentlichen Nahverkehr. In diesem Jahr wird die Teststecke um eine öffentliche Straße erweitert.
Projekt ELINA
In Balingen testet die EnBW seit 2023 das Verfahren „Dynamic Wireless Power Transfer“ (DWPT) in der Praxis. Die Projektpartner sind Electreon Germany, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Stadtwerke Balingen.
Unter dem Namen ELINA (Einsatz dynamischer Ladeinfrastruktur im ÖPNV) soll das Projekt die Praxistauglichkeit der DWPT-Technologie testen. Auf 400 Metern Straße wurden Magnetspulen unter der Fahrbahn verbaut, ebenso auf dem Messegelände und der Endhaltestelle des Busses. In einer zweiten Phase kamen Ende 2023 weitere induktive Haltestellen dazu, um das Projekt auf den normalen Linienverkehr auszuweiten.
WiTricity
Neben ElectReon und Momentum Dynamics gibt es noch einen weiteren wichtigen Akteur: WiTricity, ein US-Unternehmen, das von MIT-Professoren gegründet wurde. Das Unternehmen ist weltweit gut im Geschäft: So wurde beispielsweise die E-Limousine eG80, die die Hyundai-Premiummarke Genesis Ende 2021 in Asienherausbrachte, mit induktiver Ladetechnik von WiTricity ausgestattet.
Der Ritterschlag erfolgte im Frühjahr 2020, als China einen nationalen Standard für das induktive Laden für Elektroautos vorlegte, der zu einem großen Teil auf der Technologie von WiTricity basiert.
Das MAHLE-System
Der Stuttgarter Konzern MAHLE entwickelte ein Verfahren, mit dem ein E-Auto perfekt über der Bodenplatte zum Laden positioniert werden kann. Es lässt sich beispielsweise in Garagen oder Parkhäusern einsetzen. Dabei werden über eine Funkverbindung zwischen Auto und Ladepunkt die Navigationsdaten für das Einparken ausgetauscht. Die Partner waren hier Siemens und WiTricity.
Das amerikanische Normungsinstitut SAE International (mit dem Deutschen Institut für Normung, DIN, vergleichbar) wählte das Verfahren kürzlich als globale Standardlösung für induktives Laden aus. Dies sollte die Verbreitung des Verfahrens beschleunigen. Außerdem wird bereits mit Autoherstellern zusammengearbeitet.
Fazit: Wann kommt das induktive Laden für E-Autos?
Bis Sie Ihr E-Auto auf dem Supermarktplatz, an der roten Ampel oder auf der Autobahn induktiv laden können, wird es wohl noch einige Jahre dauern. Wahrscheinlicher ist, dass die Technik zunächst bei Taxis und Elektrobussen zum Einsatz kommen. Auch Elektro-Lkws, die während der langen Fahrten bei Bedarf Strom aufladen, sind ein wahrscheinliches Szenario.
Fachleute gehen davon aus, dass das induktive Laden zumindest bei E-Autos in der Oberklasse in den nächsten Jahren Einzug halten könnte. Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass mit dem MAHLE-System aktuell daran gearbeitet wird, standardisierte Verfahren zu etablieren. Dies sollte die Verbreitung beschleunigen.
Die Vorteile der Technologie liegen jedenfalls auf der Hand: kleinere Batterien, unendliche Reichweite und eine echte Zeitersparnis aufgrund weniger Boxenstopps bei längeren Touren.
Artikelbild: © MAHLE