Akkus von E-Autos halten viel länger, als man bislang glaubte. Und selbst wenn sie aussortiert werden, müssen die Batterien nicht unbedingt zum Recycling, sondern können ein zweites Leben erhalten.
Haltbarkeit eines E-Auto-Akkus: Hersteller garantieren Mindestleistung
Der Akku ist das größte und schwerste Bauteil, das sich in einem Elektroauto findet. Und das teuerste. Deshalb fragen sich natürlich viele potenzielle Kund*innen: Wie lange hält eigentlich der Akku meines E-Autos, bevor er ausgetauscht werden muss? Denn verliert die Batterie an Kapazität, reduziert sich auch die Reichweite des Elektroautos.
Zunächst Entwarnung: Wie auch bei der Brandgefahr von E-Autos ist das Thema weniger dramatisch als häufig dargestellt. Neue Studien, z. B. von der TU Eindhoven, zeigen, dass die Akkus in E-Autos viel länger durchhalten als gedacht. Die TU Eindhoven geht von Laufzeiten von bis zu 500.000 Kilometern aus, bevor die Kapazität zu gering wird. Auch eine aktuelle Untersuchung der TU München lässt auf ein langes Akkuleben hoffen.
Als Sicherheitsversprechen ihren Kund*innen gegenüber geben alle Hersteller großzügige Garantien auf die Lebensdauer der in ihren E-Autos verbauten Akkus – allerdings nicht für die volle Kapazität. Da diese im Lauf der Jahre und abhängig von der Nutzungsintensität abnimmt, wird nur eine gewisse Mindestleistung gewährleistet. Diese beträgt bei den meisten Herstellern 70 % der ursprünglichen Kapazität nach acht Jahren bzw. 160.000 Kilometern. Hatte Ihr E-Auto also beim Kauf eine Reichweite von 450 Kilometern, schaffen Sie nach Ablauf der Zeit bzw. der zugesicherten Laufleistung immer noch mindestens 315 Kilometer (nach einer Vollladung).
Die Mindestgrenze heißt aber auch: Fällt die Kapazität Ihres E-Auto-Akkus zum Beispiel bereits nach sechs Jahren oder einer Laufleistung von 120.000 Kilometern unter 70 Prozent, können Sie die Garantie in Anspruch nehmen und den Akku auf Kosten des Herstellers austauschen lassen.
Da die Akkus für E-Autos immer besser werden, erhöhen einige Hersteller mittlerweile auch die Garantiezusagen Für manche Tesla-Modelle wird sogar schon eine Laufleistung von 240.000 Kilometer zugesichert, bevor die Akkukapazität unter 70 Prozent sinkt. Und beim neuen UX 300e bietet Lexus sogar eine erweiterte Garantie von zehn Jahren bzw. eine Million Kilometer.
Akku beim E-Auto wechseln – nur in der Werkstatt
Wenn die Kapazität des Akkus innerhalb der Garantiezeit unter den vereinbarten Wert fällt, repariert der Hersteller diesen Schaden. Ein paar Bedingungen sind aber auch von Ihrer Seite zu erfüllen:
- Wartung nach Herstellervorschrift
- regelmäßige Software-Updates
- keine unsachgemäßen Arbeiten (z. B. Nachrüstung mit Anhängerkupplung, obwohl in der Zulassungsbescheinigung keine Anhängelast eingetragen ist)
- schonende Behandlung der Akkus
- keine Tiefentladung (Kapazität sinkt auf 0 Prozent), z. B. durch sehr lange Standzeit
Für den Austausch des Akkus muss das E-Auto in eine qualifizierte Kfz-Werkstatt, in der Regel eine Vertragswerkstatt des Herstellers. Denn die Arbeiten erfordern Spezialwissen über die verbaute Hochvolt-Technologie und müssen sorgfältig durchgeführt werden. Deshalb dürfen sie nur von entsprechend geschulten Mitarbeiter*innen umgesetzt werden. Das Gleiche gilt übrigens auch, wenn Sie nach Ablauf der Garantiezeit den Akku auf eigene Kosten instand setzen lassen möchten.
Bei der Reparatur wird nicht unbedingt der gesamte Akkupack gewechselt, was Kosten in Höhe von 8.000 bis 15.000 Euro verursachen würden. Stattdessen werden heutzutage nur die fehlerhaften Module ausgetauscht. Je nach Größe der Batterie sind unterschiedlich viele Module verbaut, die Akkus des ID.4 bestehen zum Beispiel aus neun bzw. zwölf Modulen. Dadurch wird die Reparatur nicht nur deutlich günstiger, sie lässt sich meist auch innerhalb eines Tages durchführen.
Lebensdauer und zyklisches Alter des E-Auto-Akkus
Der „State of Health“ (SoH) verrät Ihnen, wie es um den aktuellen (Gesundheits-)Zustand Ihres Akkus bestellt ist. Angegeben wird er in Prozent bezogen auf die ursprüngliche Kapazität. Ein SoH-Wert von 90 Prozent bedeutet also, dass die Akkus noch über 90 Prozent ihrer Nennkapazität verfügen. Entweder zeigt Ihnen Ihr Fahrzeug direkt den SoH-Wert an oder Ihre Werkstatt informiert Sie, wenn Sie bei der Wartung sind oder einen Termin für die Hauptuntersuchung haben.
Volytica: Diagnose-Software für längere Akkulaufzeiten
Volytica Diagnostics ist ein deutsches Start-up, das 2019 als Ausgründung aus der Fraunhofer-Gesellschaft ins Leben gerufen wurde. Das Unternehmen hat eine Diagnose-Software entwickelt, mit der sich zum Beispiel der Zustand von Akkus in Elektroautos detailliert auslesen lässt. Beschädigungen oder sonstige Probleme in Batteriezellen ließen sich damit frühzeitig erkennen und beheben, was wiederum die Lebensdauer der Energiespeicher verlängern könnte.
Die EnBW hat sich mit der Venture-Capital-Tochter New Ventures 06 maßgeblich an der Investitionsrunde für Volytica beteiligt. Damit setzt die EnBW auf die Förderung eines nachhaltigeren und effizienteren Einsatzes von Energiespeichern.
Auf den Zustand wirken sich zwei Faktoren aus: das tatsächliche Alter und die Häufigkeit der Ladezyklen. Im Lauf der Zeit sinkt zwar die Kapazität etwas ab, doch entscheidender ist das „zyklische Alter“. Doch keine Sorge: Moderne Lithium-Ionen-Akkus vertragen grundsätzlich bis zu 1.000 komplette Ladezyklen (von null auf 100 Prozent), bevor die Kapazität unter 80 Prozent sinkt.
Übertragen auf die Lebensdauer heißt das: 1.000-mal vollladen heißt 1.000-mal volle Reichweite. Je nach Modell macht das – nach Hersteller-Angaben – bereits zwischen 200.000 (Mazda MX-30) und 770.000 Kilometer (Mercedes EQS 450+), die Sie fahren können, bevor der Akku zu schwächeln beginnt.
In der Praxis kommen Sie aber viel weiter. Denn man kann viel häufiger laden. Vor allem, weil die Akkus in der Regel nicht leergefahren und dann wieder vollständig aufgeladen werden (was Sie sowieso nicht tun sollten), sondern sich die Ladung meist in einem Bereich von 20 bis 80 Prozent bewegt. Dadurch steigt auch die Lebensdauer der Akkus. Im Video erklären wir, wie einfach das Laden eines E-Autos funktioniert und was Sie dabei beachten müssen.
Batteriemanagementsystem erhöht Haltbarkeit von E-Auto-Akkus
Zudem leistet das intelligente Batteriemanagement (BMS) seinen Beitrag dazu, dass die Lebensdauer von E-Auto-Akkus möglichst lang ist. Zum Beispiel überwacht es permanent den Zustand des Akkus. Dazu werden in jeder einzelnen Batteriezelle Temperatur und Spannung gemessen. Weichen die Ist-Werte vom Soll-Zustand ab, leitet das BMS Gegenmaßnahmen ein. Im Winter werden zum Beispiel die Zellen vorgeheizt, bei hohen Temperaturen im Sommer werden sie mit Wasser gekühlt. Denn beide Extreme (zu kalt, zu heiß) können die Lebensdauer verkürzen.
Das BMS schützt Ihr E-Auto auch vor Überladungen oder Tiefentladungen, beide Extremzustände sind schädlich für die Batterie. Überladung bedeutet, dass die Kapazität über einen längeren Zeitpunkt bei 100 Prozent liegt. Von einer Tiefentladung spricht man, wenn die Akkukapazität auf 0 Prozent absinkt. Das kann passieren, wenn z. B. das E-Auto über einen längeren Zeitraum stillgelegt und mehrere Monate nicht bewegt wird. Denn aufgrund ihrer Chemie verlieren Lithium-Ionen-Akkus rund 3 Prozent Ladung im Monat. Eine Tiefentladung kann unter Umständen zu irreversiblen Schäden an den Akkuzellen führen.
Damit die Akkus sich wohlfühlen und generell eine sehr lange Zeit halten, achtet das BMS darauf, dass Ihr E-Auto in der Regel nur bis 80 Prozent geladen wird. Wollen Sie vor einer langen Strecke auf 100 Prozent laden, müssen Sie das manuell aktivieren. Und sollten am besten gleich losfahren, damit die Vollladung nicht zulange besteht.
Unter diesen Bedingungen erhöht sich die Lebensdauer der Akkus auf 2.000 bis 3.000 Ladezyklen. Dadurch sind E-Autos durchaus in der Lage, bis zu eine Million Kilometer durchzuhalten.
Freie Ladestation finden, E-Auto laden und zu transparenten Preisen bezahlen.
Recycling von E-Auto-Akkus: Schmelzen oder Schreddern
Irgendwann ist selbst bei den langlebigsten Akkus der Zeitpunkt gekommen, an dem sie nicht mehr funktionieren und ausgetauscht werden müssen. Doch dann gehören sie noch lange nicht einfach in die Sondermüll-Deponie. Denn in den E-Auto-Batterien stecken wertvolle Rohstoffe, vor allem die Elemente Lithium, Kobalt, Kupfer, Nickel und Mangan. Auch Aluminium, Stahl und Kunststoffe finden sich in den Akkus, hinzu kommen die Bestandteile von Platinen oder Kabeln.
Im 58 kW großen Akku eines ID.3 – Gewicht: 400 kg – finden sich zum Beispiel 126 kg Aluminium, 71 kg Graphit, 22 kg Kupfer, 12 kg Mangan, 9 kg Kobalt und 8 kg Lithium – alles viel zu schade, um einfach entsorgt zu werden. Daher tüfteln die Hersteller von E-Autos und Recyclingunternehmen bereits daran, wie sich diese Metalle und Rohstoffe möglichst effektiv wiedergewinnen lassen. Derzeit gibt es zwei unterschiedliche Verfahren, die als erfolgversprechend gelten:
- Thermisches Aufschmelzen: Die Batteriezellen werden eingeschmolzen. Da die Bestandteile unterschiedliche Siedepunkte haben, lassen sie sich leicht voneinander trennen. In einem ersten Schritt lassen sich Kobalt, Nickel und Kupfer gewinnen, anschließend auch Lithium. Der Recycling-Anteil von Kobalt und Nickel liegt bei 95 Prozent, der Wert der übrigen Stoffe bei 60 bis 70 Prozent. Graphit und Aluminium lassen sich nicht wiedergewinnen.
- Mechanisches Schreddern: In einem geschlossenen Container werden die Akkumodule zerkleinert und das Elektrolyt abtransportiert. Die Zugabe von Stickstoff verhindert ein Entflammen. Das Mahlgut wird nach den verschiedenen Materialien, den sog. „Fraktionen“, Aluminium und Kupfer lassen sich in Reinform gewinnen, zudem ein hoher Anteil von Graphit, Mangan, Nickel, Kobalt und Lithium. Insgesamt liegt die Recycling-Quote bei maximal 96 Prozent.
Noch ist nicht klar, welches Verfahren sich durchsetzen wird. Gegebenenfalls könnte auch eine Kombination beider Ansätze zur Anwendung kommen. Mehrere Unternehmen betreiben bereits Pilotanlagen, zum Beispiel in Belgien oder in Niedersachsen, wo die Methoden verfeinert und auf ihre Praxistauglichkeit hin getestet werden. Für den Hochlauf der Elektromobilität, bei dem es viele Alt-Akkus zu verwerten gibt, reichen sie aber bei weitem nicht aus – Industrie (und ggf. die Politik) müssen noch kräftig investieren.
Noch besteht jede Menge Forschungsbedarf: Einerseits kann mit dem Stand heutiger Technik schon ein Großteil der Materialien wiedergewonnen werden. Andererseits sind die Arbeitsschritte zum Teil sehr energieintensiv und teuer – und rechnen sich aufgrund der kleinen Mengen an zur Verfügung stehenden Akkus (noch) nicht. Deshalb werden noch weitere Verfahren erprobt.
Ein zweites Leben für E-Auto-Akkus?
Doch bevor Akkus von E-Autos recycelt werden müssen, können sie noch ein paar Jahre genutzt werden. Denn mit einer Kapazität von weniger als 70 Prozent sind sie vielleicht nicht mehr gut genug für das E-Auto, in dem sie ursprünglich zum Einsatz kamen. Doch es gibt andere Anwendungsfälle, für die sie weiterhin wertvoll sind.
Zum sogenannten „Second Life“ für alte E-Auto-Akkus gehört zum Beispiel der stationäre Betrieb. Hierfür werden Alt-Akkus zusammengeschaltet und bilden so einen Speicher für erneuerbare Energien, der etwa aus großen Photovoltaik- oder Windkraftanlagen stammt. Auch hier gibt es schon einige Pilotprojekte, deren Speicherkapazität sich bereits im Megawatt-Bereich bewegt. Der Vorteil des stationären Betriebs: Das Laden und Entladen der Akkus erfolgt gleichmäßiger und langsamer als im E-Auto. Das schont die Batterie und verhilft ihr zu einer weiteren Lebensdauer von zehn bis zwölf Jahren.
Fazit: Sorgenfrei E-Auto fahren dank hoher Akku-Lebensdauer
Moderne E-Autos sind mit hochwertigen Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet, die eine lange Lebensdauer versprechen. Eine Laufzeit von acht Jahren bzw. 160.000 Kilometern mit mehr als 70 Prozent der ursprünglichen Speicherkapazität sind vom Hersteller garantiert. Einige Autobauer wie Tesla oder Lexus erhöhen mittlerweile sogar die Garantie. Wie aktuelle Studien – z. B. vom ADAC – zeigen, ist die Lebensdauer generell meist sogar besser als angegeben. Selbst nach acht bis zehn Jahren können die Akkus noch bis auf 86 Prozent aufgeladen werden. E-Autos mit einer Reichweite von max. 450 Kilometern schaffen dann immer noch bis zu 380 Kilometern.
Und selbst nach Ablauf der Garantiezeit ist die sinkende Kapazität kein Weltuntergang. Denn zum einen besteht keine Pflicht zum Austausch der Batterie. Wenn Ihnen die verminderte Reichweite ausreicht und Sie das E-Auto nicht weiterverkaufen wollen, ist das völlig in Ordnung so. Zum anderen können Sie, wenn Sie es möchten, in einer geeigneten Werkstatt den Akku wieder flottmachen lassen. Da nicht die gesamte Batterie, sondern nur die defekten Module einzeln ausgetauscht werden, kostet Sie die Reparatur auch kein Vermögen.