Der Anstieg der Energiepreise in 2021/2022 hatte eine Reihe von Ursachen. Die Bundesregierung hat mit verschiedenen Entlastungspaketen darauf reagiert. Seitdem hat sich die Lage entspannt. Doch auch als Verbraucher*in können Sie weiter einiges tun, um die Kosten im Griff zu behalten.
Warum stieg der Gaspreis 2021/2022 so stark an?
Fast die Hälfte aller deutschen Haushalte heizt mit Erdgas. In den Jahren 2021/2022 ergab sich daraus ein Problem, da im Großhandel die Preise für Erdgas rasant angestiegen sind. Diese Entwicklung lässt sich rückblickend auf mehrere Faktoren zurückführen:
Globaler Wirtschaftsaufschwung
Weltweit lief die Wirtschaft nach dem coronabedingten Einbruch wieder an. Dadurch hat sich die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas deutlich erhöht. Zwar wollen die ölfördernden Länder, die sich im Rahmen der OPEC+ zusammengeschlossen haben, die Fördermengen erhöhen. Doch das Angebot war weiterhin knapp, die zusätzliche Menge konnte die Nachfrage nicht komplett ausgleichen. Hinzu kam, dass in Südostasien und vor allem in China die Wirtschaft wieder auf Touren kam. Da dort noch höhere Preise als in Europa zu erzielen waren, steuerten Tanker mit verflüssigtem Erdgas (LNG), das überwiegend in den USA, Katar und Australien hergestellt wird, eben auch häufiger asiatische Häfen an.
Halbvolle Gasspeicher
Der Winter 2020/21 war vergleichsweise kalt. Die Gasspeicher, die häufig unterirdisch gebaut sind und an kalten Tagen Verbrauchsspitzen abfedern sollen, waren noch nicht komplett wieder aufgefüllt. Die Gründe für die vergleichsweise niedrigen Füllstände waren vielfältig: Laut den Betreibern hatten beispielsweise Ausfälle und Wartungsarbeiten an der Gas-Infrastruktur in Europa verhindert, dass die Speicher den Sommer über gefüllt werden konnten. Insbesondere die dem Gazprom-Konzern zuzurechnenden Speicher, beispielsweise die Astora-Speicher, blieben vergleichsweise leer. Verbraucher*innen konnten jedoch unbesorgt sein. Obwohl die Situation sich spürbar auf die Gaspreisentwicklung 2021 auswirkte, bestand für die Versorgungssicherheit von Gaskunden und -kundinnen keine Gefahr.
Krieg in der Ukraine
Am 24. Februar 2022 begann der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Russische Raketen zerstörten ukrainische Städte und Millionen von Menschen flüchteten in die Nachbarstaaten. Es folgten umfangreiche Sanktionen gegen Russland, sowie humanitäre Hilfslieferungen für die Ukraine. Die Sorge, dass russische Gaslieferungen ausbleiben, trieb den Gaspreis auf ein Rekordhoch. Aus technischen Gründen und wegen vermeintlichen Wartungsarbeiten wurde die North Stream 1-Pipeline nur gering ausgelastet und die Gaslieferung zwischenzeitlich sogar komplett eingestellt. Mittlerweile bezieht Deutschland sein Erdgas größtenteils aus anderen Ländern und kaum noch aus Russland.
Sabotage der North Stream-Pipelines
North Stream 2 sollte zusätzlich russisches Erdgas nach Deutschland liefern und durch die Vergrößerung des Angebots den Preisdruck mindern. Die Ostsee-Pipeline war im Winter 2021/2022 technisch gesehen so gut wie fertig und kurz vor der Inbetriebnahme. Allerdings waren die Pipelines North Stream 1 und 2 politisch umstritten. Durch den eskalierenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, wurde die Zertifizierung der North Stream 2-Pipeline gestoppt. Am 26. September 2022 wurde ein Anschlag auf die beiden Erdgas-Pipelines verübt, wobei drei von vier Strängen zerstört wurden. Wer für den Anschlag verantwortlich ist, ist bislang noch ungeklärt.
CO2-Bepreisung
Um die Umstellung auf alternative Energiequellen zu fördern, hat der Staat seit Januar 2021 CO2-Emissionen über eine entsprechende CO2-Steuer zusätzlich verteuert. Daher mussten Unternehmen, die fossile Brennstoffe wie Diesel, Benzin, Heizöl oder Erdgas in Umlauf bringen, pro Tonne CO2 einen Preis von 25 Euro zahlen. Die Kosten wurden an die Verbraucher*innen weitergereicht. Im Jahr 2023 lag der CO2-Preis für Gas, Heizöl und Benzin pro Tonne bei 30 Euro, und wurde für 2024 auf 45 Euro pro Tonne angehoben. Weitere Steigungen in den nächsten Jahren sind vorgesehen. Es ist geplant, dass ab 2027 ein europäisches Emissionshandelssystem eingeführt werden soll. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung fließen in den Klima- und Transformationsfonds ein, und können so für den Klimaschutz genutzt werden.
Welche Maßnahmen gab es gegen die hohe Gaspreisentwicklung?
Die Bundesregierung hat mehrere Entlastungspakete geschnürt, um dem rasanten Anstieg der Gas- und Strompreise entgegenzuwirken. Insgesamt wurden fast 300 Milliarden Euro für die Maßnahmen zur Verfügung gestellt, um die Energiekosten zu deckeln und Arbeitsplätze zu sichern.
Die Gaspreisbremse
Als Antwort auf die steigenden Energiepreise, wurde im Herbst 2022 die Gaspreisbremse von der Bundesregierung eingeführt. Diese sollte Verbraucher*innen und kleine bis mittlere Unternehmen gleichermaßen entlasten. Der Gaspreisdeckel lag bei 12 Cent pro Kilowattstunde (kWh), für 80 Prozent des privaten Jahresverbrauchs. Für den restlichen Verbrauch musste der reguläre Tarifpreis bezahlt werden. Zum 31. Dezember 2023 ist die Gaspreisbremse ausgelaufen. Derzeit liegt der Preis für Gas zudem unter dem zugesagten Preisniveau der Gaspreisbremse von 2023. Da die Gasspeicher gut gefüllt sind, rechnet die Bundesregierung auch nicht mit plötzlichen Preissprüngen. Man sieht sich jedoch in der Lage bei unerwarteten, dramatischen Preisanstiegen erneut kurzfristig zu reagieren.
Ursprünglich war ab 1. Oktober 2022 eine Gasumlage geplant, um die Gasimporteure zu unterstützen, die durch ausgefallene Gaslieferungen aus Russland stark gestiegene Erdgaspreise auf dem Weltmarkt zahlen mussten. Kurz bevor die umstrittene Gasumlage in Kraft treten sollte, wurde sie jedoch gekippt. Stattdessen wurde zum 1. Oktober 2022 eine Gasspeicherumlage eingeführt, um die Kosten für die Befüllung der Gasspeicher zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit auf die Verbraucher zu verteilen.
Die Dezember-Soforthilfe
Im November 2022 wurde zudem von der Bundesregierung beschlossen, die Kosten für Erdgas und Wärme für den Monat Dezember 2022 zu übernehmen. Und somit Verbraucher*innen direkt zu entlasten. Mieter*innen konnten die Kosten direkt über die Betriebskostenabrechnung verrechnen lassen. Bestand ein eigener Vertrag mit einem Gasversorger, entfiel der Dezember-Abschlag per Einzugsermächtigung meist automatisch.
Die Energiepreispauschale
Rentner*innen und Erwerbstätige haben im Jahr 2022 eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Arbeitnehmer*innen haben die Pauschale über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers ausgezahlt bekommen, Rentner*innen über die Rentenauszahlung. Im Jahr 2023 wurden auch Studierende und Fachschüler*innen auf Antrag mit einer Pauschale von 200 Euro unterstützt.
Ermäßigter Steuersatz für Gas
Seit dem 1. Oktober 2022 wurde die Umsatzsteuer auf Gaslieferungen von 19 auf 7 Prozent reduziert. Da sich die Situation am Gasmarkt mittlerweile wieder entspannt hat, lief die steuerliche Entlastung am 31. Dezember 2023 aus. Somit liegt der Steuersatz für Gas ab April 2024 wieder bei 19 Prozent.
Beispiel-Grafik:
Wie hoch ist der Gaspreis aktuell für private Haushalte?
Im Herbst 2022 erreichte der Gaspreis für Neukunden und -kundinnen seinen Höhepunkt, mit rund 40 Cent pro Kilowattstunde. Seit Anfang 2023 stabilisieren sich die Preise und liegen mittlerweile wieder unter der Marke von 10 Cent, und somit unter dem Niveau vor dem Ukraine-Krieg. Der Gaspreis liegt aktuell [Stand Januar 2024] im Mittel bei 8,2 Cent pro Kilowattstunde für Neukundschaft. Preise für Bestandskunden und -kundinnen können davon abweichen.
Für ein Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh liegen die durchschnittlichen Heizkosten damit bei rund 1.640 Euro – rund 940 Euro weniger als im Vorjahr (bei 12,9 Cent pro kWh).
Wie wird der Gaspreis an die Kunden weitergegeben?
Im Jahr 2021 schlug die rasante Gaspreisentwicklung, die sich zunächst an den Großhandelsplätzen beobachten ließ, auch auf private Verbraucher*innen durch. Die Energieversorger kaufen an diesen speziellen Börsen das Gas für ihre Kundschaft. Ob Steigerungen weitergereicht werden, ist nicht immer direkt klar. Denn um extreme Preisschwankungen zu vermeiden, sind viele Gasversorger bemüht Strom oder Gas langfristig zu beschaffen. Zum Teil wird das Erdgas für eine bestimmte Heizperiode bereits Jahre im Voraus eingekauft.
Während der Energiekrise haben sich die Einkaufspreise für Erdgas an den Börsen vervierfacht. Ob und in welchem Umfang Preisentwicklungen an die Kundschaft weitergegeben werden, hängt immer von der Einkaufsstrategie des Versorgers ab. Stark betroffen von der Entwicklung der Gaspreise waren vor allem solche Unternehmen, die daraufsetzten, für ihre Kundschaft kurzfristig günstiges Gas einkaufen zu können. Diese Strategie ging nicht mehr auf. Doch auch Grundversorger haben bald die Preise für Gas erhöht und die Entwicklung auf den Märkten zumindest zum Teil mitvollzogen.
Wie setzt sich der Gaspreis zusammen?
Gemäß der Gaspreisanalyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) aus November 2023 setzt sich der Gaspreis 2023 wie folgt zusammen: Knapp Dreiviertel des Gaspreises (rund 72%), den private Haushalte zahlen, entfällt auf den Einkaufspreis im Großhandel sowie Vertrieb und Marge des Versorgers. Die Gebühren für die Betreiber der Verteilernetze („Netzentgelte“) umfassen rund 14%. Steuern und Abgaben machen weitere 14% der Gesamtkosten aus. Darunter fällt auch der sogenannte CO2-Preis. Dabei handelt es sich um die Kosten für den Erwerb von CO2-Emissionshandelszertifikaten, welche bis 2025 gesetzlich festgelegt sind. Der hohe Anteil des Großhandelspreises hat sich Stand heute deutlich verringert, da die Großhandelspreise deutlich zurück gegangen sind. Weitere Informationen zur aktuellen Gaspreiszusammensetzung finden Sie hier.
Beispiel-Grafik:
Wie sieht die Prognose für die Gaspreisentwicklung aus?
Die Erdgaspreise an den Energiebörsen sind seit September 2022 wieder deutlich gesunken und liegen wieder unter dem Niveau vor Beginn des Ukrainekriegs. Diese positive Gaspreisentwicklung hat auch zu einer spürbaren Erleichterung für Verbraucher*innen geführt. Selbst bei den Grundversorgern sinken langsam wieder die Gaspreise. Beschaffungs- und Vertriebskosten sind durch die sinkenden Großhandelspreise zwar gesunken, liegen aber weiterhin auf einem hohen Niveau.
Der Gaspreis liegt aktuell bei rund 31 Euro pro Megawattstunde (MWh), am Großhandelsplatz TTF [Stand Januar 2024]. Dieser Wert gilt als Richtschnur für die europäische Preisentwicklung. Zum Vergleich: Im August 2022 lag der Großhandelspreis noch bei 346 Euro pro MWh an der TTF-Börse. Zuvor lag der Gaspreis für eine Megawattstunde jedoch jahrzehntelang zwischen zehn und 20 Euro.
Experten sehen mehrere Gründe, weshalb sich die Gaspreise in den letzten Monaten positiv entwickelt haben: Zum einen hat die milde Witterung ihren Teil dazu beigetragen, dass der Gasverbrauch gesunken ist. Auch Sparmaßnahmen von Haushalten und Industrie haben zu einem reduzierten Gasverbrauch, und somit einem Rückgang der Gaspreise geführt. Vergleicht man den Gasverbrauch von 2023 mit dem durchschnittlichen Verbrauch von 2018-2021, nutzen wir in Deutschland bereits 25 Prozent weniger Erdgas. Dank gut gefüllter Erdgasspeicher konnten zudem Schwankungen des Gasverbrauchs gut ausgeglichen werden. Auch der gestiegene Import von Flüssiggas (LNG) hat sich positiv auf die Gaspreisentwicklung ausgewirkt.
Da die Wirtschaft weltweit wieder an Schwung gewinnt, wird voraussichtlich die Nachfrage nach Öl und Gas weiter steigen. Das bedeutet: Die Preise könnten zunächst hoch bleiben. Besonders die Erholung von Chinas schwächelnder Wirtschaft könnte dazu führen, dass sich die Nachfrage nach LNG erhöht, und somit der Preis auf dem Weltmarkt steigt. Experten gehen allerdings davon aus, dass solche extremen Steigungen nicht wieder auftreten. Denn wenn die Gasspeicher gefüllt sind und zusätzlich ausreichend Gas nach Europa fließt, wird sich auch der Preisdruck abschwächen.
Ab jetzt haben Sie Ihren Verbrauch perfekt im Blick!
Wann sinkt der Gaspreis weiter?
So genau lässt sich diese Frage leider nicht beantworten, denn die weitere Entwicklung der Öl- und Gaspreise kann man nicht exakt vorhersagen. Dazu ist die Lage zu komplex. Die gesunkenen Preise für Erdgas haben zu einer Erleichterung für Privathaushalte und Industrie geführt, doch die Situation auf dem Energiemarkt ist weiterhin nicht stabil. Experten bezweifeln, dass sich der Gaspreis so schnell wieder auf das Vorkrisenniveau fallen wird. Stattdessen müssen Verbraucher*innen mit einem Anstieg rechnen: Mit Jahresbeginn 2024 hat sich der CO2-Preis weiter erhöht. Ab März oder April 2024 soll die Mehrwertsteuer auf Gas zudem wieder auf 19 Prozent angehoben werden.
Was kann ich als Verbraucher*in bei steigenden Gaspreisen tun?
Wenn Gasanbieter Preise erhöhen, haben Kunden und Kundinnen ein Sonderkündigungsrecht und können über einen Gasanbieterwechsel nachdenken. Durch die gesunkenen Handelspreise kommen nun auch Neukunden und -kundinnen wieder an günstigere Tarife. Experten empfehlen derzeit auf kürzere Vertragslaufzeiten zu achten, um sich bei ungewissen Entwicklungen nicht gleich für mehrere Jahre an einen Anbieter zu binden. Auch Preisgarantien können nützlich sein. Vergleichen Sie die Gastarife ganz genau, um das beste Angebot zu finden.
Alternativ können Sie mit kleinen, alltäglichen Kniffen Energie und damit Kosten sparen, zum Beispiel beim Heizen und Lüften. Achten Sie auch auf die ideale Raumtemperatur und drehen Sie die Heizung runter: Das Schlafzimmer braucht beispielsweise nicht so warm zu sein wie das Wohnzimmer. Auch undichte Fenster sollten Sie abdichten, damit keine Wärme verloren geht. Wie das am besten klappt, haben wir Ihnen in dieser Übersicht zusammengestellt. Weitere Tipps, wie Sie den alltäglichen Gasverbrauch senken können, finden Sie hier.