Bei den Sommerspielen in Paris gab es zahlreiche große und kleine Neuerungen. Eine der bemerkenswertesten war die Eröffnungsfeier am 26. Juli, die zum ersten Mal nicht in einem Stadion, sondern als Schiffsparade auf der Seine stattfand (auch wenn Sportler*innen und Zuschauer*innen zwischenzeitlich dem starken Regen trotzen mussten).
Wie schon die Ausrichter der EURO 2024 hat sich auch das Organisationsteam der Olympischen Spiele zudem ins Zeug gelegt, um das Sport-Event so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Werfen wir einen Blick auf die vielen Maßnahmen zur Nachhaltigkeit.
1. Erneuerbare Energien und CO₂-Reduktion
Paris 2024 hat sich verpflichtet, alle Wettkampfstätten mit 100 % erneuerbarer Energie zu betreiben. Dies wird durch die Nutzung von Wind- und Solarenergie erreicht. Beispielsweise wurden Solarpanels auf den Dächern von Gebäuden installiert, die Windenergie stammt von nahegelegenen Windparks.
Das Ziel ist es, die CO₂-Emissionen im Vergleich zu vorherigen Spielen um 50 % zu senken. Um dies zu erreichen, setzt Paris auf kohlenstoffarme Technologien und Infrastrukturen. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von elektrischen Fahrzeugen für den Transport der Athlet*innen und Offiziellen.
Wenn das Wetter nicht mitspielt und die Sonne oder der Wind nicht ausreichend Energie liefern, wird auf ein EU-weites System der „Herkunftsnachweise“ zurückgegriffen. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass jede verbrauchte Megawattstunde durch den Kauf von erneuerbarem Strom ausgeglichen wird, der anderswo ins Netz eingespeist wird.
2. Nachhaltiger Bau und Infrastruktur
Statt viele neue Gebäude zu errichten, nutzt Paris 2024 überwiegend bestehende Strukturen. 95 % der benötigten Einrichtungen sind entweder bereits vorhanden oder wurden ressourcenschonend temporär errichtet, wie zum Beispiel der vorübergehende Grand Palais auf dem Champ-de-Mars für die Sportarten Judo und Ringen. Dies minimiert den Bedarf an Neubauten und reduziert den ökologischen Fußabdruck erheblich.
Zu den wenigen neuen Gebäuden gehören das Wassersportzentrum, die Kletteranlage Le Bourget sowie die Sportarena in Porte de La Chapelle. Diese Gebäude werden aus kohlenstoffarmen Materialien errichtet und sind für eine spätere Nutzung konzipiert, etwa als Bildungseinrichtungen oder Wohnraum.
Das Olympische Dorf im Vorort Seine-Saint-Denis soll ein Vorzeigebeispiel für nachhaltige Entwicklung sein. Nach den Spielen, so der Plan, wird es in ein lebendiges Wohnviertel umgewandelt, das vor allem Familien und Student*innen zugutekommt.
Eine Besonderheit war die umfassende Reinigung der Seine, die als Austragungsort für Freiwasserschwimmen und Triathlon diente (kleiner Wermutstropfen: der Wettkampf der Männer musste wegen zu schlechter Wasserqualität kurzfristig um einen Tag verschoben werden).
Rund 1,4 Milliarden Euro haben die Stadt Paris und der Staat in die Reinigung investiert. Es handelt sich um ein Projekt, das über die Stadtgrenzen hinausgeht: 23 000 Abwasserzuflüsse der Seine und der Marne wurden saniert und neue Klärwasseranlagen an den Flussufern errichtet. Davon sollen neben der Umwelt auch die Menschen profitieren: Nach den Olympischen Spielen sollen Tourist*innen und Einheimische die Möglichkeit haben, in der Seine zu schwimmen. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich die Wasserqualität in Zukunft entwickelt.
3. Mobilität und Transport
Alle Wettkampfstätten sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Neue Fahrradwege wurden geschaffen, um umweltfreundliche Fortbewegung zu unterstützen. Beispielsweise verbinden neue Radwege das Stade de France und das Schwimmbad mit dem Olympischen Dorf .
Im Stadtzentrum wurde eine „Zone à Trafic Limité“ (verkehrsberuhigter Bereich) eingerichtet, um den Autoverkehr zu reduzieren. Bereits ein Jahr vor den Spielen begann Paris damit, Parkplätze in der Stadt zu entfernen und die dadurch entstandenen Flächen in grüne Zonen zu verwandeln. Zudem wurden etliche Lärmschutzwände gebaut. Die Stadt Paris führte Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Stadtautobahn ein und verbannte Reisebusse aus dem Zentrum.
Für den Transport der Offiziellen und Athlet*innen wird eine Flotte von Elektrofahrzeugen eingesetzt. Da die Sportstätten alle in einem Umkreis von nur zehn Kilometern liegen, soll man sie in maximal 30 Minuten erreichen können.
4. Abfallmanagement und Kreislaufwirtschaft
Paris 2024 verfolgt eine strikte „Null-Abfall“-Politik, die darauf abzielt, Müll zu minimieren und Recycling zu maximieren. Alle Veranstaltungen setzen beispielsweise auf wiederverwendbare Materialien und umfassende Abfalltrennungssysteme. Der Einsatz von wiederverwendbaren Trinkflaschen und die Errichtung von Trinkbrunnen sollen den Verbrauch von Einwegplastik um die Hälfte verringern. Geschlafen haben die Olympioniken übrigens auf Betten aus Pappe, die nach den Spielen recycelt werden können.
Die Verpflegung während der Spiele ist regional und saisonal ausgerichtet, mit einem Fokus auf fleischarme Gerichte. Das schmeckte nicht alle Sportler*innen, reduzierte aber Abfälle und CO₂-Emissionen, die mit der Produktion und dem Transport von Lebensmitteln verbunden sind.
Paris setzt zudem auf eine Kreislaufwirtschaft, bei der Produkte und Materialien so lange wie möglich genutzt und recycelt werden. Dies hilft ebenfalls, Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren.
5. Kompensation und Klimaschutzprojekte
Paris 2024 unterstützt eine Vielzahl von Klimaschutzprojekten, um unvermeidbare Emissionen auszugleichen. Dazu gehören Aufforstungsinitiativen und Projekte zur Erhaltung der Meere.
Die Kompensation erfolgt zum einen auf globaler Ebene, mit Projekten, die auf allen Kontinenten durchgeführt werden. Beispielsweise werden Wald- und Ozeanprojekte gefördert, die als Kohlenstoffsenker fungieren. Zum anderen hat das Organisationsteam lokale Kompensationsprogramme in Kooperation mit der Stadt Paris und der Region Île-de-France aufgesetzt.
Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Diskussion
Die Maßnahmen für die Nachhaltigkeit bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris wurden größtenteils positiv aufgenommen, aber es gibt auch einige Kritikpunkte und Herausforderungen, die diskutiert werden.
Viele Beobachter*innen loben die Olympischen Spiele 2024 für ihre ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele und sehen sie als Vorbild für zukünftige internationale Veranstaltungen. Die konsequente Nutzung erneuerbarer Energien, das Streben nach CO₂-Neutralität und der Einsatz für nachhaltige Infrastruktur werden als beispielhaft angesehen.
Die Nutzung bestehender Strukturen und die Einbindung neuer Infrastrukturen in die langfristige Stadtplanung von Paris werden ebenfalls als positiv hervorgehoben. Dies zeige, so die Einschätzung, dass die Spiele nicht nur temporäre Maßnahmen sind, sondern einen dauerhaften positiven Einfluss auf die Stadt haben könnten. Auch die Förderung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrradwegen wird als wichtiger Schritt zur Reduzierung des Verkehrs und der Emissionen in der Stadt gesehen.
Einige der Bauprojekte, wie der Turm für die Surfwettbewerbe auf Tahiti, stoßen dagegen auf Kritik von Umweltschützer*innen. Diese Projekte werden als potenziell schädlich für die Umwelt vor Ort betrachtet, insbesondere wenn die Wettkämpfe in sensiblen Ökosystemen wie Korallenriffen stattfinden.
Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich der sozialen Auswirkungen des Olympischen Dorfes, da befürchtet wird, dass die Wohnkosten für viele Einwohner*innen nach den Spielen unerschwinglich werden könnten. Die Preise von Wohnungen im Olympischen Dorf könnten gerade für die anvisierten Familien und Student*innen zu hoch sein
Einige Kritiker*innen hinterfragen auch, ob alle Nachhaltigkeitsziele tatsächlich erreicht werden können. Die Herausforderung, so viele verschiedene Maßnahmen effektiv umzusetzen, und die Möglichkeit von Abweichungen von den ursprünglichen Plänen werden durchaus skeptisch gesehen. Bis wir es genau wissen, kann einige Zeit vergehen: Der „Post-Games Sustainability Report“ der Spiele in Tokio, die im Sommer 2021 stattfanden, wurden etwa ein halbes Jahr nach dem Event veröffentlicht.