Was ist das Besondere an der verteilten Führung?
Isabel Wald: Ganz einfach gesagt, verteilte Führung bedeutet, dass die einzelnen Dimensionen der Führungsarbeit auf mehrere Personen innerhalb eines Bereiches verteilt wird. Anstatt von einer einzigen Person zu erwarten, dass sie alle Dimensionen der Führung – menschlich, fachlich und methodisch – gleichermaßen gut meistert, wird die Verantwortung gezielt auf diejenigen verteilt, die in bestimmten Bereichen besonders stark sind. Mit jeder dieser Dimensionen gehen verschiedene Ziele einher:
- Menschliche Führung: Hier geht es darum, Menschen zu motivieren, zu inspirieren und in ihrer Entwicklung zu fördern.
- Fachliche Führung: Diese Dimension fokussiert sich auf die inhaltliche Expertise, das technische Know-how und die fachliche Anleitung des Teams.
- Methodische Führung: Hier steht die Strukturierung von Prozessen, die Effizienzsteigerung und die organisatorische Steuerung und die Zusammenarbeit im Vordergrund.
Die Integration der drei zentralen Führungsdimensionen erleichtert und optimiert unsere Zusammenarbeit auf allen Ebenen, insbesondere in den Teams.
Was ist der Unterschied zur geteilten Führung?
Isabel Wald:Die EnBW bietet mehr als nur ein Führungsmodell – wir ermöglichen es, Führungsarbeit so zu gestalten, wie es für das Business und das Team am besten passt. Unsere Arbeitswelt ist vielfältig, und genauso vielfältig sind die Führungsmodelle, die wir anbieten.
In der verteilten Führung werden Verantwortlichkeiten klar in einzelne Dimensionen aufgeteilt: Produktverantwortung (fachlich) und People-Verantwortung (disziplinarisch), wobei die Dimension Collaboration durch methodisches und prozessuales Know-how unterstützt. Bei der geteilten Führung teilen sich zwei Führungskräfte gemeinsam die fachliche und disziplinarische Verantwortung für ihr Team. Klassische Führung hingegen vereint fachliche und disziplinarische Verantwortung in einer Person.
Letztlich geht es bei der EnBW darum, das Führungsmodell zu finden, das am besten zu den Herausforderungen der Zukunft und der Zusammenarbeit passt. Wir sind überzeugt, dass eine moderne, offene Arbeits- und Führungskultur entscheidend ist, um das Potenzial jedes Einzelnen voll auszuschöpfen. Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt – und wir schaffen die Rahmenbedingungen, in denen die Bereiche ihre Anforderungen und Themen optimal gestalten können.
Warum hat sich euer Bereich entschieden in der verteilten Führung zu arbeiten?
Isabe Wald:
Der damalige Bereich Transformation und Entwicklung der EnBW war einer der ersten Bereiche im Unternehmen, der das verteilte Führungsmodell eingeführt und in einer Pilotphase getestet hat, mit dem erklärten Ziel, echte Erfahrungswerte auf Führungs- und Teamebene zu sammeln. Durch diese Pilotphase hatten wir die Möglichkeit, die Theorie in die Praxis umzusetzen und herauszufinden, wie sich verteilte Führung in unserem spezifischen Umfeld bewährt.
Diese gesammelten Erfahrungen waren entscheidend, um ein Umsetzungsprojekt zu starten, das darauf abzielt, verteilte Führung als ein weiteres Führungsmodell im gesamten Konzern zu etablieren.
Welche Vorteile hat dies Pilotierungsphase?
Isabel Wald:Die Einführung und Pilotierung der verteilten Führung in verschiedenen Bereichen der EnBW wie dem Vertrieb, der Erzeugung und dem Netzbereich, war für uns von entscheidendem Vorteil. Die dabei gewonnenen Erfahrungswerte fließen direkt in ein Umsetzungsprojekt, welches die Grundlage für neue Prozesse und Rahmenbedingungen im gesamten Unternehmen legte.
Durch die Fokussierung auf die einzelnen Führungsdimensionen konnten wir die Rolleninhaber*innen in Communities zusammenbringen. Ziel der Communities ist es, eine Plattform für den Austausch, das Lernen und die Weiterentwicklung der Rolle zu schaffen. Die Rolleninhaber*innen können ihre Erfahrungen teilen, voneinander lernen, Synergien und neue Ideen entwickeln.
Wie organisierst du deine Arbeit verteilter Führung?
Isabel:
Durch die Fokussierung auf die einzelnen Führungsdimensionen ist eine Abstimmung besonders wichtig. Es geht im Kern um einen gemeinsamen Blick auf die fachlichen und inhaltlichen Themen. Hierauf aufbauend sind eine reibungslose und ergebnisorientierte Strukturierung der Themen und der ständige Blick auf die Besetzung und Weiterentwicklung der Teams entscheidend für den Erfolg. Diese Abstimmung findet in ritualisierten Terminen statt und ist fest in den Terminkalendern verankert.
Wie unterstützt die EnBW die Rollen in der verteilten Führung?
Isabe Waldl:Die EnBW erarbeitet ein solides Fundament für die Bereiche, welche sich in einer verteilten Führungslogik aufgestellt sind. Die Rollen haben eine klare Beschreibung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Dies schafft Transparenz und Orientierung.
Zusätzlich stellt die EnBW Lernpfade bereit, die speziell darauf ausgerichtet sind, neuen Rolleninhaber*innen den Einstieg zu erleichtern. Diese Lernpfade bieten eine strukturierte Anleitung und die nötigen Werkzeuge, um sich in der neuen Rolle zurechtzufinden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, an den Leadership Development Journey-Modulen teilzunehmen, die speziell auf die Entwicklung von Führungskompetenzen ausgerichtet sind.
Interne Prozesse und Workflows werden sukzessive an die spezifischen Bedürfnisse der verteilten Führung angepasst. Dadurch werden wir sicherstellen, dass die Rollen nicht nur organisatorisch, sondern auch prozessual optimal unterstützt werden, um ihre Aufgaben effektiv und effizient zu erfüllen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Unterstützung ist die Förderung des Erfahrungsaustauschs und des gemeinsamen Lernens in unterschiedlichen Communities. Diese Communities ermöglichen es den einzelnen Rollen, sich regelmäßig auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam an den unterschiedlichsten Themen zu arbeiten.