Philippsburg: Beide Blöcke sind im Rückbau
Das Kernkraftwerk Philippsburg (KKP) liegt rund 30 Kilometer nördlich von Karlsruhe auf einer Insel im Rhein. Wir haben dort von 1979 bis 2011 mit einem Siedewasserreaktor (Block 1) und zusätzlich von 1984 bis 2019 mit einem Druckwasserreaktor (Block 2) Strom produziert – insgesamt über 570 Milliarden Kilowattstunden. Beide Anlagen am Standort befinden sich mittlerweile im Rückbau: KKP 1 seit 2017 und KKP 2 seit 2020.
Wir gehen aktuell davon aus, dass die Abbauarbeiten, die im Geltungsbereich des Atomrechts erfolgen, für jeden Block etwa zehn bis 15 Jahre dauern werden – jeweils gerechnet ab dem Start des Rückbaus. Nach der Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung werden beide Blöcke nur noch konventionelle Industrieanlagen sein. Über den Umgang mit verbliebenen Gebäuden – also z.B. den Abriss oder die Nachnutzung von Bürogebäuden – kann dann entschieden werden.
Der Rückbau von Block 1 in Philippsburg (KKP 1) läuft seit 2017 und macht seitdem große Fortschritte: Er hat mittlerweile schon den Reaktordruckbehälter – also das frühere Herzstück der Anlage – erreicht, dessen Zerlegung aktuell läuft. Weit fortgeschritten ist auch die Demontage der meterdicken Betonhülle des Sicherheitsbehälters, der früher den Reaktordruckbehälter umgeben hat, sowie der Komponenten im Maschinenhaus. Alle verbrauchten Brennelemente wurden bereits von der Anlage in das staatliche Zwischenlager am Standort überführt. Aus formaler Sicht liegen uns alle Genehmigungen vor, um KKP 1 bis zur Entlassung aus der atomrechtlichen Überwachung abzubauen.
Der kugelförmige Sicherheitsbehälter hat früher den Reaktordruckbehälter und damit das Herz der Anlage umgeben. Die Demontage seiner bis zu 1,40 Meter starken Betonhülle stellt aktuell einen Schwerpunkt der Rückbau-Arbeiten im Block 1 dar. Der Beton wird dabei mit Seilsägen in weit über 1.000 einzelne, genau vorgeplante Segmente zerlegt. Die obere Hälfte des Behälters ist bereits komplett entfernt.
Video: Der Sicherheitsbehälter im Rückbau
Beim Reaktordruckbehälter handelt es sich um das frühere Herz der Anlage, das früher den wärmeerzeugenden, aus Brennelementen bestehenden Reaktorkern beherbergt hat. Um den Weg für den Abbau des 20 Meter hohen und 470 Tonnen schweren Behälters frei zu machen, mussten zunächst dessen Einbauten demontiert und zerlegt werden. Diese Arbeiten fanden unter Wasser mit Hilfe von fernbedienten, industrieerprobten Werkzeugen – zum Beispiel Band- oder Kreissägen – statt. Der Behälter selbst mit seiner 16 Zentimeter starken Stahlwand wurde anschließend unter Einsatz eines ebenfalls fernbedienten Brennschneiders in seiner Einbaulage in insgesamt zehn Segmente zerlegt. Diese wurden mit Hilfe des Gebäudekrans ausgehoben und werden von einem ebenfalls mit einem Brennschneider bestückten Industrieroboter in exakt vorgeplante Schnittstücke nachzerlegt.
Video: Der Reaktordruckbehälter im Rückbau
Im Maschinenhaus hat früher ein Generator die Bewegungsenergie der Turbinen in elektrische Energie für das öffentliche Netz umgewandelt. Die Abbauarbeiten sind dort schon sehr weit fortgeschritten: Nicht nur ein Großteil der Turbinen, über die früher der im Reaktor erzeugte Dampf geleitet wurde, ist bereits vollständig demontiert, sondern auch der Generator – eine Komponente, deren Einzelteile zusammen über 500 Tonnen wogen.
Video: Das Maschinenhaus im Rückbau
Der Rückbau von Block 2 in Philippsburg (KKP 2) hat im Jahr 2020 begonnen. Die dafür erforderliche Stilllegungs- und Abbaugenehmigung lag bereits seit Ende 2019 vor, so dass wir der erste Betreiber in Deutschland sind, der eine solche Genehmigung noch vor der endgültigen Abschaltung der Anlage erhalten hat.
Beim Rückbau von KKP 2 liegt der Fokus aktuell auf der Demontage und Zerlegung der Einbauten des Reaktordruckbehälters – dem früheren Herz der Anlage. Zuvor wurden der Primärkreis dekontaminiert, die Hauptkühlmitteilleitungen vom Reaktordruckbehälter getrennt und zahlreiche Systeme dauerhaft außer Betrieb genommen. Seit April 2023 befinden sich alle verbrauchten Brennelemente, die zuvor noch in KKP 2 gelagert waren, im staatlichen Zwischenlager am Standort – verpackt in den dafür vorgesehenen Behältern.
Die erste größere Rückbau-Aktivität nach der Abschaltung von KKP 2 war die Dekontamination des so genannten Primärkreises. Dabei wurde die aktivitätsführende Schicht auf der Innenoberfläche von Rohrleitungen und Komponenten des Primärkreislaufs gelöst und mit Hilfe von Filtern ausgetragen und gesammelt. Unter Strahlenschutzaspekten vereinfacht dieses Verfahren die jetzt laufende Demontage, Zerlegung und Bearbeitung der dekontaminierten Systeme erheblich und war damit eine zentrale Voraussetzung für den weiteren Rückbau der Anlage.
Die Abtrennung der Hauptkühlmittelleitungen vom Reaktordruckbehälter bildete den ersten größeren Rückbauschritt in der Anlage und war gleichzeitig eine Voraussetzung für die aktuell laufende Demontage der Einbauten des Behälters. Bei der Trennung der Leitungen, durch die früher das Kühlmittel zwischen Reaktor, Dampferzeugern und Hauptkühlmittelpumpen zirkulierte, kam eine Rohrtrennmaschine zum Einsatz.
Reaktordruckbehälter
Mit der Demontage der Einbauten des Reaktordruckbehälters läuft derzeit ein zentraler Rückbauschritt am früheren Herz der Anlage, der gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für den Abbau des Behälters selbst sowie der weiteren Großkomponenten im Reaktorgebäude ist. Bei den Arbeiten, die fernhantiert unter Wasser erfolgen, kommen industriebewährte Techniken wie zum Beispiel Band- und Kreissägen sowie verschiedene Schraub- und Greifwerkzeuge zum Einsatz.
Der Standort Philippsburg ist ein Schauplatz der Energiewende. Neben der Umsetzung des Rückbaus der Kernkraftwerke wird dort auch die Netzeinspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien vorbereitet, der vom Norden Deutschlands in den Süden geleitet werden soll.
In diesem Zusammenhang haben wir am 14. Mai 2020 die beiden Kühltürme am Standort abgebrochen. Auf der Fläche, auf der die beiden Kühltürme standen, baut die TransnetBW GmbH aktuell ein Gleichstrom-Umspannwerk – auch Konverter genannt. Der Konverter wird ein wichtiger Knotenpunkt für den Stromtransport in die Region sein.
- Weitere Informationen zum Kühlturmabbruch
- Informationen zum Netzbauprojekt „ULTRANET“ bei der TransnetBW GmbH