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Herr Hörr, was reizt das Team tong+ am Stöckach-Areal?

Uns gefiel von Beginn an der Industriecharakter und das besondere Flair des Werksgeländes. Mit einem ausbalancierten Mix aus Neu- und Bestandsbauten sowie Vorschlägen für eine innovative Verbindung von Wohnen und Arbeiten möchten wir diese spezielle Note stärken. Zugleich wollen wir mit dem großen öffentlichen Freiraum in der Mitte einen starken Begegnungsort schaffen und so die Lebensqualität nicht nur im neuen Quartier, sondern im Stöckach insgesamt verbessern.

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In Ihrem Entwurf planen Sie auch ein Hochhaus für den Stöckach – das gefällt nicht allen…

Ja, ein Hochhaus polarisiert – gerade in Stuttgart. Doch wenn wir künftig unsere Wohnungsprobleme in den Griff bekommen wollen, ohne zu viel Landschaft zu verbrauchen, müssen wir mehr darüber nachdenken in die Höhe zu bauen. Mit unserem Konzept wollen wir der allgemeinen Skepsis gegenüber Hochhäusern ein Stück weit entgegentreten. Zum einen verträgt eine Stadt wie Stuttgart unserer Meinung nach ein weiteres Hochhaus. Zum anderen wäre ein solcher Hochpunkt ein markantes Quartierszeichen, das der Bedeutung des Quartiers für den gesamten Stöckach und gegebenenfalls sogar für ganz Stuttgart gerecht werden könnte. Wir möchten den notwendigen Wohnraumbedarf auch in höheren Gebäuden unterbringen, um an anderer Stelle mehr Platz für Grünflächen und Freiraum zu schaffen. Für das Hochhaus sehen wir in unserem Entwurf eine öffentlich zugängliche Dachterrasse und zum Beispiel eine gastronomische Nutzung im obersten Stockwerk vor. Der Blick von dort oben in den Kessel wäre wunderbar – und erlebbar für alle Bürger und Besucher der Stadt Stuttgart.

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Sie als Stuttgarter kennen den Blick in den Kessel. Wie gut kennen Ihre beiden Architektenkollegen die Stadt?

Meine beiden Kollegen Tuan Tong und Quang Huy Le haben mittlerweile eine sehr gute Vorstellung von Stuttgart und insbesondere vom Stöckach. Auch wenn sie selbst nicht so oft vor Ort waren. Tatsächlich haben wir den gesamten Entwurf über Skype, also komplett online, erarbeitet. Das hat richtig gut funktioniert. Die technischen Kommunikationsmöglichkeiten sind mittlerweile so ausgereift, dass man sich auf den Bildschirm des anderen schalten und auf diese Weise super zusammenarbeiten kann. Es war ein sehr effektives und effizientes Arbeiten und hat vor allem total Spaß gemacht! Durch diesen direkten und sehr intensiven Austausch entwickelten wir alle auch ein sehr gutes Gefühl für den Ort.

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Welchen Einfluss hatte die unterschiedliche Herkunft der Netzwerkmitglieder auf den Entwurf?

Meine vietnamesischen Kollegen haben beide in Deutschland studiert und viele Jahre hier gelebt – Quang Huy Le wohnt übrigens immer noch in München. Dadurch haben beide fachlich eine recht ähnliche Prägung wie ich selbst. Dennoch waren sie manchmal schon mutiger als ich, zum Beispiel wenn es um die Themen Hochhäuser, Dichte und Grundrisse ging. Als Ortsansässiger habe ich hingegen ein ganz gutes Gefühl für Stuttgart und kenne auch den Stöckach recht gut aus meiner früheren Tätigkeit in einem Büro direkt am Stöckachplatz.

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Bereits in der Auslobung wurde seitens der EnBW betont, dass sie auf mutige Entwürfe hofft. Wie haben Sie den Wettbewerb erlebt?

Der Wettbewerb war richtig gut vorbereitet, was uns zum Beispiel an der sehr aussagekräftigen Auslobung aufgefallen ist. Das besonders offene Verfahren ermöglichte uns als relativ jungem und kleinem Team erst die Teilnahme. Bemerkenswert fanden wir auch die sehr detaillierte Dokumentation der Bürgerbeteiligung, welche der Auslobung beigefügt war. Viele Wünsche, zum Beispiel nach Co-Working-Flächen, standen bei uns ohnehin auf der Agenda – doch die klaren Aussagen der Bürgerschaft haben uns darin bestärkt, noch einen Tick mutiger zu sein.

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Im Verfahren hatten die Bürger mehr Mitsprache als in vielen vergleichbaren Wettbewerben...

In der Tat war es neu für uns, dass die Bürger die besten Entwürfe nach der ersten Phase zu sehen bekamen und kommentieren konnten. Wir haben somit eine Beurteilung der Jury und eine aus der Bürgerschaft erhalten. Interessanterweise war das Feedback aus der Bürgerschaft nicht weniger differenziert als das der Jury und damit ein echter Gewinn. Ich hoffe, dass sich diese Art von Wettbewerbsverfahren weiter durchsetzt: Wir als Planer bekommen wertvolle Inspirationen und die Sicht der Bürger kann noch viel stärker bereits im Wettbewerb einfließen als üblicherweise. Das ist für die Qualität und die Akzeptanz eines Projekts nur von Vorteil – schließlich sind es ja die Bürger, die ihr Viertel und damit auch ihre Wünsche genau kennen und später dort gerne leben sollen.

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Der Entwurf liegt vor. Haben Sie nun eigentlich noch etwas zu tun?

Oh ja, sehr viel sogar. Ein Wettbewerbsentwurf bildet meist nur den ersten groben Rahmen für die Masterplanung. Während eines Wettbewerbs kann man nur sehr bedingt ins Detail gehen. Umfangreiche Abstimmungen mit allen Projektbeteiligten sind im anonymen Verfahren nicht möglich. Das ist jetzt unsere Aufgabe. So sind wir aktuell dabei, den Wettbewerbsentwurf zu überarbeiten und weiterzuentwickeln. Von großer Bedeutung ist auch der Ausgleich der vielen unterschiedlichen Interessen aller Akteure. Hier sind wir im engen Austausch mit der EnBW und der Stadt Stuttgart. Auch hier läuft vieles digital, Corona hatte daher bisher glücklicherweise keine nennenswerten Auswirkungen auf unsere Arbeit.

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Wir alle haben die vergangenen Monate viel Zeit zu Hause verbracht, viele haben von dort aus gearbeitet und tun es heute noch. Wirkt sich dies auch auf künftige Wohnformen aus?

Die eigenen vier Wände haben durch Corona stark an Bedeutung gewonnen, besonders durch das Homeoffice. Viele Unternehmen wollen sogar ganz auf Homeoffice umstellen. Ich persönlich sehe das eher kritisch, auch wenn es Vorteile hat: Wir sparen uns den Weg zur Arbeit, können selbstbestimmter arbeiten und mehr Zeit mit der Familie verbringen. Ausschließlich von zu Hause aus zu arbeiten, kann aber eine immense Reduktion von sozialen Kontakten bedeuten. Ich glaube, dass wir als soziale Wesen auf gemeinschaftliches Arbeiten in physischer Nähe weiterhin angewiesen sind, zumindest teilweise. Das muss aber nicht zwangsläufig in Räumlichkeiten des Arbeitgebers stattfinden. Wohnungsnahe Co-Working-Spaces halte ich da für eine echte Alternative.

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