Schließen Hell Bild herunterladen Dunkel Teilen Börse aktuell geschlossen
Der neue Stöckach
– ein gutes Stück Stuttgart mit Geschichte
Bild herunterladen

Das heutige EnBW-Betriebsgelände „Stöckach“, auf dem das Quartier „Der neue Stöckach“ entstehen soll, blickt auf eine vielfältige Geschichte zurück. Im Laufe der Zeit war es sowohl Wohn- als auch Industriestandort und Sportgelände. Schon 1334 wurde der Name Stöckach das erste Mal erwähnt. Die Bezeichnung rührt daher, dass die Gegend einst durch Brandrodung entwaldet wurde. Die Stumpen oder (Wurzel-) Stöcke waren noch lange im Boden zu erkennen. Heute heißt sowohl das Stuttgarter Stadtviertel so als auch das in diesem Viertel beheimatete Betriebsgelände der EnBW.
Erfahren Sie mehr über die Geschichte des Stuttgarter Ostens.

Die historischen Fakten basieren auf Ausarbeitungen von Ulrich Gohl.

Bild herunterladen

Der Stadtteil Stöckach als Energie- und Industriestandort

1895

Ab 1895 bauten die damals noch privaten Stuttgarter Elektrizitätswerke eine Umspannstation auf der bis dahin landwirtschaftlich genutzte Fläche zwischen Stuttgart und Berg – dem heutigen EnBW-Areal. Mit dieser Station konnte der Drehstrom aus dem Wasserkraftwerk Marbach zu Gleichstrom für Verbraucher umgewandelt werden.

1902
Elektrische Zentrale Stöckach um 1905. Quelle: Archiv der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart, B 98-1 Bü 204.

Im Jahr 1902 entstand auf dem heutigen EnBW-Areal die Elektrische Zentrale Stöckach mit einer 1.000-PS-Dampfmaschine zur Stromerzeugung.

1910
Die Hackstraße im Jahr 1931. Zu sehen ist der Abschnitt zwischen der (heutigen) Heinrich-Baumann-Straße (links unten) und der Schwarenbergstraße (rechts oben). Quelle: Sammlung Längerer.

Der Stadtteil Stöckach war nicht nur ein Energiestandort. Auch andere Industrien siedelten sich hier an. Im Jahre 1910 wurden in einem vierstöckigen Gebäude in der Hackstraße unter anderem Kutschen, Wagen und Prunkschlitten, nicht nur fürs Volk, sondern auch für den Königshof, gebaut. Auch die Modeindustrie fand hier Fuß. In dem Fabrikgebäude wurden unter anderem Herren-, Sport- und Knabenanzüge gestrickt.

1913
Die Kühlerfabrik Längerer & Reich, Zustand um 1940. Quelle: Sammlung Längerer.

Mit dem Beginn der Automobilindustrie zog im Jahr 1913 auch ein Zulieferer für Autokühler ein und wuchs an diesem Standort bis zur Wirtschaftskrise in den 1920ern.

1924

Die Dampfmaschinen auf dem heutigen EnBW-Gelände lieferten Strom bis zu ihrer Stilllegung 1924. Folgend wurde der Stöckach wieder zu einer reinen Abspannstation.

1933

Im Jahre 1933 floss das städtische Elektrizitätswerk in die neu gegründeten Technischen Werke der Stadt Stuttgart (TWS) mit ein. Das Gebäude der Elektrischen Zentrale wurde durch einen repräsentativen, fünfgeschossigen Neubau ersetzt. Der genaue Zeitpunkt des Neubaus lässt sich nicht klären, da im Jahre 1944 alle Unterlagen des TWS-Archivs zerstört wurden.

1952
Betriebswerk Stöckach nach Fertigstellung 1952. Quelle: Archiv der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart, B 98-3 Bü 130-3.

Nach dem Krieg waren viele Standorte der Technischen Werke der Stadt Stuttgart (TWS) zerstört und so entschied man, alle Standorte am heutigen EnBW-Areal Stöckach zusammenzuführen. Mit der Entscheidung wurde das Betriebswerk Stöckach wiederaufgebaut und 1952 fertiggestellt. In den Gebäuden gab es eine Kantine, Waschräume und Werkswohnungen.

1973
Der Erweiterungsbau an der Hackstraße, errichtet 1970. Quelle: Archiv der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart, B 98-3 F 1090-2 .

Auf dem heutigen EnBW-Areal wurde 1973 die modernste Netzwarte Europas gebaut. Diese war für die Elektrizitätsverteilung im gesamten Versorgungsgebiet der TWS verantwortlich. Von dort konnte man die Verteilung überwachen und Störungen beheben.

1990

Der letzte große Neubau kam 1990 hinzu. Hier befindet sich das Ausbildungszentrum. Das Gebäude steht noch heute.

Bild herunterladen

Wohnen am Stöckach

1900

Der Stöckach war besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Wohnstandort. In den 1900er Jahren wurden in der Hackstraße mehrere Wohn- und Geschäftshäuser gebaut. Im Erdgeschoss befanden sich häufig Läden, wie z.B. ein „Kaffee- und Likörschank“, in den Stockwerken darüber fanden jeweils sechs bis acht Wohnungen Platz.

1918/1919

Um der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu begegnen, wurde 1918/1919 eine „Barackensiedlung“ in der Stöckachstraße gebaut. Die Siedlung umfasste 47 Einfamilienhäuser. Während des Zweiten Weltkriegs wurde diese durch Bombenangriffe zerstört.

1919/1920

Zusätzlich zur ersten „Barackensiedlung“ wurde in den Jahren 1919/1920 in der Sick- und Metzstraße eine weitere Siedlung gebaut. Diese umfasste 309 Wohnungen sowohl in Einfamilienhäusern als auch in Mehrfamilienhäusern. Die Siedlung wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Trotzdem siedelten sich hier, meist illegal, Menschen an und lebten in den Ruinen.

Bild herunterladen

Die bewegte Geschichte des Standorts – über- und unterirdisch

1908
Der Sportplatz am Heilandsplatz von der Schwarenbergstraße aus aufgenommen. Hinten rechts sieht man die Elektrische Zentrale Stöckach, um 1910. Quelle: Sammlung Gohl.

1893 gründeten 20 Männer gemeinsam den Fußballverein Stuttgart FV 1893, dessen Platz ab 1908 auf dem heutigen Gelände der EnBW zu finden war. Sie spielten zwei Varianten des Fußballs: Rugby und „Associations-Fußball“. Zum Verein gehörte der Sportplatz mit einem Clubhaus und einer kleinen, überdachten Tribüne. 1912 fusionierte der FV 93 mit dem Kronenklub Cannstatt zum Verein für Bewegungsspiele VfB. In Erinnerung an den FV übernahm der neue Verein das „gegr. 1893“ in seinen Namen, wo es bis heute auf eine große Tradition verweist.

Der VfB erhielt einen eigenen Platz in Münster und gab den Sportplatz am Heilandsplatz auf.

1941/42
Bau des Tiefbunkers 1941. Quelle: Schutzbauten e.V .

Im Zweiten Weltkrieg errichtete man große Luftschutzbauten. Einer dieser Luftschutzbunker wurde auf dem heutigen Gelände der EnBW am Stöckach gebaut. Der unterirdische Bunker mit einer Fläche von 622 Quadratmetern hatte Platz für 480 Schutzsuchende.

1984
Verbunkerte Leitzentrale. Quelle: Sammlung Gohl.

Nachdem die UdSSR Mitte der 1970er Jahre erneut aufrüstete, wurden in Stuttgart dutzende Mehrzweckanlagen zum Schutz der Bevölkerung gebaut. Diese waren ausgestattet mit Tiefgaragen, Tunneln und unterirdischen Haltestellen.

Eine dieser Mehrzweckanlagen wurde 1984 unter dem Stöckach gebaut. Die Schutzräume waren ausgestattet mit Luftfiltern, einem leistungsfähigen Notstrom­aggregat sowie Wasser- und Lebensmittelvorräten. Im Katastrophenfall hätten hier ca. 1.188 Menschen mindestens 14 Tage überleben können.

Im gleichen Jahr wurde ein weiterer Bunker gebaut. In diesem Bunker befand sich eine zweite Leitzentrale der Technischen Werke der Stadt Stuttgart (TWS), welche im Notfall hätte aktiviert werden können.