Das Heizkraftwerk Altbach/Deizisau versorgt die Region Mittlerer Neckar zuverlässig, wirtschaftlich und umweltfreundlich mit Energie. 1899 baute Industriepionier Heinrich Meyer das erste Kohlekraftwerk, die „Kraftcentrale“ am Standort. Heute produzieren drei Gasturbinenanlagen und zwei steinkohlebetriebene Blöcke im Kraft-Wärme-Kopplungsmodus Strom und Fernwärme. Heizkraftwerk 1 ist seit 2017 in der Netzreserve und sichert die Netzstabilität. Heizkraftwerk 2, seit 1997 im Betrieb, ist einer der modernsten Steinkohleblöcke Europas. Im Zuge unseres Kohleausstiegs bis 2035 wird der Standort für den künftigen Einsatz von Wasserstoff umgerüstet („Fuel Switch“): Eine neue Gas- und Dampfturbinenanlage wird bald mit Erdgas, später mit Wasserstoff betrieben und kann dann CO₂-neutral Strom und Fernwärme erzeugen.
Im Heizkraftwerk Altbach/Deizisau ermöglichen wir ganzjährig kostenlose Führungen – fachkundige Erläuterungen durch unsere Mitarbeiter*innen inklusive. Mehr erfahren >
Fuel Switch
Die EnBW plant, bis 2035 in Bezug auf ihre eigenen Emissionen klimaneutral zu werden und mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien sowie einem mittelfristigen Kohleausstieg zum Klimaschutz beizutragen. Außerdem werden alle Kohlekraftwerke in Deutschland bis spätestens 2038 abgeschaltet, so auch in Altbach/Deizisau. Die regionale Versorgungssicherheit mit Strom und Fernwärme hat jedoch oberste Priorität, weshalb die EnBW am Standort eine regelbare, wasserstofffähige Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) baut:
- Die neue, gasbefeuerte Anlage hat eine elektrische Leistung von bis zu 750 Megawatt (MW) und eine thermische Leistung von rund 180 MW.
- Zusätzlich wird eine Heißwasserkesselanlage mit drei Heizkesseln und einer thermischen Leistung von rund 120 MW die Fernwärmeversorgung im Mittleren Neckarraum sichern.
- Durch diesen „Fuel Switch“, also die Umstellung auf Erdgas, werden mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen im Vergleich zur Kohleverstromung eingespart.
Sobald genug Wasserstoff verfügbar ist und die Versorgungsinfrastruktur auf diesen umgestellt wurde, kann das Kraftwerk CO₂-neutral Strom und Fernwärme produzieren. Denn die Erdgasleitung zur Versorgung der GuD ist wie die Anlage selbst bereits für Wasserstoff geeignet. Die Umstellung auf Wasserstoff kann später also ohne größere Hürden erfolgen. Mehr zum Fuel Switch erfahren Sie hier.
Technik
Eine Gas-und-Dampfturbinenanlage (GuD) kombiniert die Prinzipien eines Gasturbinen- und die eines Dampfkraftwerks:
- Eine mit Gas befeuerte Turbine erzeugt über einen Generator elektrischen Strom. Die sehr heißen Abgase aus der Gasturbine werden dann durch einen Abhitzekessel geleitet.
- Der entstehende Wasserdampf wird für den Betrieb einer weiteren Turbine genutzt. Diese Dampfturbine treibt ebenfalls einen Generator zur Stromproduktion an.
- Durch die Kombination beider Prinzipien wird die Energie aus der Gasverbrennung doppelt genutzt, was den Wirkungsgrad auf bis zu 60 Prozent erhöht.
Die bei der Stromerzeugung entstehende Fernwärme wird in das Fernwärmenetz „Mittlere Neckarschiene“ eingespeist, das ebenfalls mit dem Heizkraftwerk Stuttgart-Gaisburg und dem Müllheizkraftwerk Stuttgart-Münster verbunden ist. Viele Industriebetriebe, Privathaushalte und öffentliche Gebäude in Altbach, Deizisau, Esslingen, Plochingen und Stuttgart werden damit versorgt.
Umsetzung
Projektphasen
Hier informieren wir Sie über wichtige Ereignisse und Meilensteine zu Planung und Bau einer Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD) am Kraftwerksstandort Altbach/Deizisau. Sie finden an dieser Stelle aktuelle Informationen zum Zeitplan des Planungs- und Genehmigungsprozesses sowie zu den Baufortschritten.
vsl. Q4 2026
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Kommerzielle Inbetriebnahme
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2026
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Inbetriebsetzungsphase
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2025
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Hauptbauaktivitäten
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November 2024
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Start des Anlagenbaus
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August 2024
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Start der Anlieferung der Großkomponenten
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März 2024
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Beginn der Rohbauarbeiten
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Januar 2024
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Erhalt der 1. Teilgenehmigung
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06. November 2023
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Offizieller Spatenstich
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11. Oktober 2023
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Erörterungstermin des Regierungspräsidiums Stuttgart
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08. September 2023
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Zulassung des vorzeitigen Beginns
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Mai 2023
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Einreichung des Genehmigungsantrags
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2022 / 2023
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Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung, Vorstellung im Gemeinderat, Gutachtenerstellung
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Bautagebuch
Januar 2025: Montage des Abhitzedampferzeugers
Die Bauarbeiten in Altbach/Deizisau schreiten weiter voran. Im Januar wurde der Abhitzedampferzeuger des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks montiert. Dieser Wärmeübertrager nutzt die Hitze der Abgase der Gasturbine, um heißen Dampf zu erzeugen, der eine nachgeschaltete Dampfturbine antreibt und so zur weiteren Stromerzeugung verwendet wird. (Fotograf: Markus Völter)
November 2024: Einbringung der Heißwasserkessel
Im November wurden bereits zwei der drei geplanten Heißwasserkessel in das vorgesehene Fernwärmegebäude eingebracht. Die Kessel bilden das zentrale Element der Heißwasserkesselanlage, die im Zuge des Fuel-Switch-Projekts errichtet wird, um die Fernwärmeversorgung sicherzustellen. Sie fassen jeweils 65.000 Liter und haben zusammen eine Heizleistung von 120 Megawatt.
Oktober 2024: Tag der offenen Baustelle
Am 25. Oktober 2024 öffnete die EnBW die Türen des Kraftwerksstandorts Altbach/Deizisau für die Öffentlichkeit: Besucher*innen bekamen die Gelegenheit, der Einweihung der neuen Ausstellung im Infocenter beizuwohnen und an Live-Führungen über die Fuel-Switch-Baustelle teilzunehmen. Bei der einstündigen Tour über das Kraftwerksgelände konnten die zahlreichen Interessierten einiges über die baulichen Vorbereitungen zum Projekt „Fuel Switch“ erfahren. Am Standort entsteht aktuell eine H2-ready-Gas- und Dampfturbinen-Anlage, die die notwendige flexible und regelbare Leistung liefert, um täglich die Energieversorgung zu sichern und so den Ausbau erneuerbarer Energien zu flankieren.
September 2024: Laufende Rohbauarbeiten
Im Rahmen der Rohbauarbeiten werden die Fundamente, Bodenplatten und Gebäude aus Beton hergestellt. Mit dem Rohbau wurde bereits im Frühjahr 2024 begonnen, sodass nun deutliche Fortschritte zu sehen sind. Mittlerweile sind die ersten Fundamente bereit für die nächsten Bauschritte, nämlich die Errichtung des Hallenstahlbaus, des Kesselstahlbaus für den Abhitzekessel sowie des Schornsteins.
August 2024: Gasturbinenhub
Im August wurde das Herzstück des Kraftwerks geliefert: Die 400-MW-Gasturbine. Diese wurde zuerst in Belfort in Frankreich angeliefert und dann per Schiff zu unserem Anleger nach Altbach/Deizisau gebracht. Nach der Entladung vom Schiff wartet sie nun auf ihrem Zwischenlagerplatz darauf, an der endgültigen Position im Kraftwerksgebäude installiert zu werden.
Zur Absicherung der Fernwärmeversorgung der mittleren Neckarschiene wird auf dem Kraftwerksgelände temporär eine Mietkesselanlage errichtet und betrieben. Die ersten Maßnahmen zur Verrohrung der Kessel haben im Juli 2024 begonnen. Ab Oktober 2024 soll die Anlage betriebsbereit sein. Der Betriebszeitraum ist bis März 2025 vorgesehen, sodass die Anlage maximal 6 Monate betrieben wird. Da es sich um eine Anlage zur zusätzlichen Absicherung der Fernwärmeversorgung handelt, wird nur von sehr wenigen Betriebsstunden ausgegangen. Die Mietkesselanlage besteht aus 4 Großwasserraumkesseln und 2 Heizöllagertanks und verfügt über eine Wärmeleistung von rund 40 Megawatt (MW).
Zusätzlich zum HKW 3 wird zur Absicherung der Fernwärmeversorgung eine erdgasbefeuerte Heißwasserkesselanlage errichtet. Diese besteht aus drei Großwasserraumkesseln mit einer Feuerungswärmeleistung von jeweils bis zu 45 MW, wodurch sich eine gesamte Feuerungswärmeleistung der HWKA von 135 MW ergibt. Die HWKA wird im bestehenden Fernwärmegebäude installiert und an die vorhandene Infrastruktur angebunden. Für die HWKA entsteht jetzt ein neuer Schornstein mit drei Zügen und einer Höhe von 110 m. Dieser wurde in sechs Elementen geliefert und im Laufe des Mais montiert.
Bei der Erstellung der Baugrube wird insgesamt 28.000 m³ Boden täglich mit einem großen Einsatz von Baggern und LKWs abtransportiert. Trotz räumlicher Enge und ohne Störung des laufenden Betriebs entstehen auf dem Gebiet schwere Bodenplatten, unter anderem für das Kesselhaus und Gaskompressorengebäude. Die Fertigstellung der Betonbauarbeiten ist für Mitte 2024 geplant.
Der Ankerkorb für den Schornstein der Heißwasserkesselanlage wird montiert. Später werden auf dem Ankerkorb die Schornsteinsegmente des 110m hohen Stahlschornsteins befestigt. In diesem werden die Rauchgase der drei Heißwasserkessel über drei Kaminröhre abgeleitet. Die Heißwasserkessel dienen der Bereitstellung von Fernwärme bspw. wenn die GuD-Anlage nicht läuft oder bei Bedarfsspitzen.
Im Januar startete die Gründung der rund 1200 Bohrpfähle. Die Pfahlgründung ist eine Variante der Tiefgründung mit der die Lasten von Tragwerken in tiefere, tragfähigere Bodenschichten abgetragen werden. Schlecht tragfähige Bodenschichten werden so mittels Pfählen überbrückt. Bei der sogenannten Pfahlgründung werden die Pfähle mit Hilfe eines Bohrgeräts in den Baugrund gebohrt bis eine ausreichend tragfähige Bodenschicht erreicht wurde und anschließend mit Beton ausgegossen.
Am traditionellen EnBW-Kraftwerksstandort Altbach/Deizisau wurde am 06. November 2023 der erste symbolische Spatenstich vollzogen. Thomas Matrohs, Bürgermeister Deizisau, Thekla Walker, Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg Baden-Württemberg, Dr. Georg Nikolaus Stamatelopoulos, EnBW-Vorstand, sowie Martin Funk, Bürgermeister Altbach (von links), läuteten damit den Baustart des Fuel-Switch Projekts ein.
Die Baustelle wird sichtbar: entscheidend für einen reibungslosen und effizienten Umbau ist die sorgfältige Planung und Umsetzung der bauvorbereitenden Maßnahmen. Hierzu gehören die Einrichtung von Baustelleneinrichtungsflächen für temporäre Anlagen wie Baubüros und die Durchführung von Rückbaumaßnahmen, um Platz für den Umbau zu schaffen und Lagerflächen zu generieren. Auch der Abbau nicht mehr benötigter Anlagen und Gebäude wie beispielsweise die Fundamente des Kohlelagers 3.
Fragen und Antworten
Welche Vorteile die Gas-und-Dampfturbinenanlage (GuD) gegenüber den bisher genutzten Steinkohleblöcken hat, erfahren Sie hier auf einen Blick:
- Die gasbefeuerte GuD ist flexibler regelbar als ein Kohlekraftwerk. Sie kann somit die schwankende Stromproduktion aus Wind- und Sonnenenergie besser ausgleichen.
- Erdgas ist als Brennstoff klimafreundlicher als Steinkohle. Ab 2026 wird der Ausstoß von Treibhausgasen pro erzeugter Kilowattstunde Strom um mehr als die Hälfte reduziert.
- Luftschadstoffe werden reduziert. Die Stick- und Schwefeloxidemissionen sinken jeweils um etwa 25%, die Staubbelastung fast vollständig und Schwermetallemissionen entfallen ganz.
- Aufgrund der Stilllegung der Kohleblöcke wird das bestehende Kohlelager nicht mehr benötigt. Damit in Verbindung stehende Staub- und Lärmemissionen werden also vermieden.
- Das Verkehrsaufkommen verringert sich. Kohlelieferungen sowie ein Großteil der Anlieferung von Zusatz- und Entsorgung von Reststoffen aus der Rauchgasreinigung fallen weg.
- Der Lärm wird dank moderner Schallminderungstechnik stark verringert. Die Kohlekessel, kohlebefeuerten Hilfsdampferzeuger und die Rauchgasreinigung werden zudem stillgelegt.
- Die gasbefeuerte GuD kann zukünftig auch mit Wasserstoff betrieben werden. Ist dieser klimaneutral produziert worden, erzeugt sie später völlig CO₂-neutral Strom und Fernwärme.
Das Ziel der Klimaneutralität ist – weder für einzelne Unternehmen noch für ganze Staaten - in einem Schritt erreichbar. Insbesondere bei der Wärmeerzeugung sind die erneuerbaren Energien noch nicht so weit, dass sie fossile Brennstoffe kurzfristig vollständig ersetzen können. Der Ersatz von Kohle durch Erdgas ist deshalb ein sinnvoller Zwischenschritt, da er die Klimagasemissionen im Vergleich zur Kohle kurzfristig in etwa halbieren kann und somit den CO₂-Ausstoß deutlich reduziert.
Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der indirekten Emissionen, die bei der Förderung und dem Transport entstehen, da durch den Brennstoffwechsel ja auch die indirekten Emissionen aus Förderung und Transport von Kohle, wie zum Beispiel die Emission von stark methanhaltigem Grubengas, vermieden werden. Das Schöne ist, das ein Erdgas-Kraftwerk dem weiteren Weg zur Klimaneutralität nicht im Weg steht. Die eingesetzten Gasturbinen sind sehr flexibel und können zukünftig auf die Verbrennung von „grünen Gasen“ umgestellt werden, also z.B. auf Wasserstoff, der durch die Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird.
Damit stellt der Wechsel zu Erdgas eine Brücke auf dem Weg zu grünen Gasen dar, mit denen dann die vollständige Klimaneutralität der EnBW in Bezug auf ihre eigenen Emissionen bis 2035 erreicht werden kann.
Wenn ein Brennstoff zur Energieerzeugung eingesetzt wird, dann ist es aus Umwelt- und Klimaschutzgründen wichtig, dass dieser Brennstoff so effizient wie möglich genutzt, also aus einer gegebenen Brennstoffmenge möglichst viel nutzbare Energie in Form von Strom und Wärme erzeugt wird. Mit einer sogenannten Gas- und Dampfturbinenanlage (kurz: GuD) kann bei gleichzeitiger Erzeugung von Strom- und Wärme („Kraft-Wärme-Kopplung“, kurz: KWK) die mit Abstand beste Brennstoffausnutzung erreicht werden.
Vereinfacht ausgedrückt besteht eine GuD-Anlage aus einer Gasturbine, einer Dampfturbine und Wärmetauschern für die Erzeugung von Heißwasser. Auf diese Weise wird die Hitze, die bei der Verbrennung von Erdgas entsteht, dreimal hintereinander genutzt. Zunächst treiben die heißen Verbrennungsgase die Gasturbine an, die dann über einen Generator Strom erzeugt. Die aus der Gasturbine herausströmenden Abgase sind immer noch so heiß, dass damit in einem sogenannten Abhitzekessel Wasser verdampft werden kann. Mit dem so entstehenden Dampf wird dann eine Dampfturbine angetrieben, die nochmal über einen zweiten Generator Strom produziert. Der Dampf kondensiert nach der Dampfturbine wieder zu Wasser, das aber immer noch eine Temperatur von rund 100° Celsius aufweist. Diese Restenergie wird als Nutzwärme an das Fernwärmesystem der Stadt abgegeben und versorgt Privathaushalte ebenso wie Gewerbe und Industrie. Durch diese Dreistufigkeit erreicht eine moderne GuD-Anlage eine Brennstoffausnutzung von über 80% und trägt damit erheblich dazu bei, dass gegenüber dem derzeitigen Kohlekraftwerk rund 50 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden. Es gibt keine andere Technologie, die in so kurzer Zeit einen so hohen Beitrag zur CO₂-Einsparung leisten kann.
Dass die in Altbach/Deizisau geplante GuD-Anlage eine vergleichsweise hohe elektrische Leistung von bis zu 750 MW haben wird, ist dem Strombedarf in der Region geschuldet. Steht nämlich erneuerbare Energie aus Windkraft und Photovoltaik nicht zur Verfügung, müssen regelbare Kraftwerke diesen Strombedarf decken können. Diese Funktion nehmen heute unter anderem die bestehende Kohlekraftwerksblöcke wahr. Nur durch den Bau einer großen GuD-Anlage wird also die Außerbetriebnahme der Kohleblöcke HKW 1 und HKW 2 möglich, ohne dass die Versorgungssicherheit in der Stromerzeugung gefährdet wird.
Eine direkte Umstellung der Versorgung eines Ballungsraums wie Stuttgart oder Esslingen auf regionale Erneuerbare Energien ist kaum zu bewältigen. Das liegt daran, dass Erneuerbare Energien aufgrund ihrer geringen Energiedichte viel Platz benötigen. Außerdem sind die leistungsstärksten Erneuerbaren Energien Windkraft und Photovoltaik nicht regelbar. Sie liefern ihre Energie dann, wenn die natürliche Ressource – Wind oder Sonne – zur Verfügung steht und nicht dann, wenn der Bedarf an Strom und Wärme vorhanden ist. Aus diesem Grund müssen Erneuerbare Energien speicherbar gemacht und gespeichert werden, z.B. durch die Produktion und Speicherung biogener Gase.
Die folgende Beispielbetrachtung macht transparent, über was für eine Herkules-Aufgabe wir hier reden: Wollte man das Stuttgarter Fernwärmenetz mit regional aus Windkraft erzeugtem Wasserstoff betreiben, müssten dazu im Umland von Stuttgart 250 zusätzliche Windkraftanlagen gebaut werden. Zur Einordnung: Im Jahr 2020 wurden in ganz Baden-Württemberg nur 13 neue Windkraftanlagen errichtet. Zudem müssten Elektrolyseure und Speicher gebaut werden. Damit wird schnell klar, dass eine solche Umstellung nicht nur Jahrzehnte in Anspruch nehmen, sondern auch den Fernwärmepreis deutlich verteuern würde. Überschlägige Berechnungen zeigen, dass die Produktionskosten für die Fernwärme sich in einem solchen System etwa vervierfachen würden. Ein deutlicher Anstieg der Energiepreise würde jedoch die breite Akzeptanz und damit das Gelingen der Energiewende selbst gefährden. Der Zwischenschritt über Erdgas ist also nicht nur eine deutlich schnellere Reduktion der Klimagasemissionen um rund 50%, sondern verschafft den Erneuerbaren Energien die notwendige Zeit, das erforderliche Wachstum zu bewältigen und das Potential für eine kostengünstige Wasserstoffproduktion zu erschließen. Am Ende dieser Entwicklung wird auch die neue GuD-Anlage mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff betrieben und somit klimaneutral sein.
Bei Baubeginn Ende des Jahres 2023 ist der Neubau nach unserer Planung Mitte 2026 abgeschlossen.
Das Vorhaben befindet sich in der Planungsphase. Im Laufe des Jahres 2022 werden wir dann als EnBW das Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) vorbereiten. Der Antrag dafür wird voraussichtlich bis Ende 2022 beim Regierungspräsidium Stuttgart eingereicht werden. Genehmigung und endgültige Investitionsentscheidung vorausgesetzt, könnte der Bau der neuen Anlage im dritten Quartal 2023 beginnen. Voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 könnte die neue Anlage in Betrieb genommen werden. Das Genehmigungsverfahren sieht auch eine frühe Einbindung der Öffentlichkeit vor. Dies haben wir Ende Oktober 2021 mit einer Informationsveranstaltung über die Neubaumaßnahmen umgesetzt.
Das mögliche Investitionsvolumen schätzt die EnBW dabei aktuell auf über 500 Millionen Euro. Die endgültige unternehmerische Investitionsentscheidung ist aber erst nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens möglich.
Die GuD-Anlage mit Nebenanlagen wird im Bereich südlich des Kühlturms HKW 1 neu errichtet. Wichtig zu erwähnen ist, dass der Hybridkühlturm des Kohleblocks HKW 1 auch für die neue GuD mit verwendet werden soll. Auch die Anlagen zur Wasseraufbereitung werden ertüchtigt und weiter in Betrieb bleiben. Die geplante Heißwasserkesselanlage wird im bestehenden Fernwärmegebäude von HKW 1 errichtet werden.
Ist der neue Block 3 in Betrieb genommen worden, können HKW 1 und HKW 2 am Standort Altbach/Deizisau abgeschaltet werden. Sobald die neue GuD ihren sicheren kommerziellen Betrieb aufgenommen hat, kann die Kohlehalde außer Betrieb genommen werden. Wie die Flächen in Zukunft genutzt werden, muss noch entschieden werden. Der westliche Teil der Kohlehalde wird ohnehin für den Neubau der GuD benötigt.
Leider wird es nicht vermeidbar sein, dass die Baumaßnahmen in der Umgebung spürbar sind. Die EnBW wird jedoch versuchen, die Auswirkungen so weit wie möglich zu reduzieren und im Dialog mit den Anwohner*innen zu bleiben.
Baumaßnahmen werden größtenteils tagsüber ausgeführt, Schwertransporte sofern möglich in den Nachtzeiten durchgeführt. Alle Baumaßnahmen werden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens in enger Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart und umliegenden und betroffenen Gemeinden umgesetzt.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens sind diverse Gutachten notwendig, die auch die Belastung für die Anwohner*innen betrachten. So werden u.a. ein Schallgutachten oder auch eine Immissionsprognose der Luftschadstoffe erstellt, die die Auswirkungen des Neubaus auf die Umgebung und die Umwelt betrachten:
- Lärmschutz: Nach der Inbetriebnahme der neuen Anlage werden die Blöcke HKW 1 und HKW 2 stillgelegt. Die Gasturbinenanlagen sowie der Kühlturm HKW 1 und die Wasseraufbereitung bleiben auch nach der Inbetriebnahme der Neuanlage in Betrieb. Die stillgelegten Anlagen tragen dabei wesentlichen zu den bisherigen Schallemissionen am Standort bei. Die Neuanlage wird gemäß derzeitigem Stand der Technik mit Schalldämpfern, Schalldämmkulissen, etc. ausgestattet, so dass die gesetzlichen Grenzwerte (TA Lärm) eingehalten werden. Außerdem entfällt die Entsorgung- und Anlieferung von Rest- und Zusatzstoffen aus der Rauchgasreinigung der Kohleanlagen vollständig, wodurch sich auch das Verkehrsaufkommen und der hierdurch verursachte Lärm reduziert.
- Gewässerschutz: Durch die Stilllegung der Altanlagen sowie die Inbetriebnahme der Neuanlagen wird zukünftig u.a. deutlich weniger Wärme in den Neckar eingetragen. Damit wird sich die Situation für den Gewässerschutz zukünftig gegenüber dem Status Quo verbessern.
- Immissionsschutz: Durch die Umstellung von Kohle auf Erdgas werden die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) und weiteren klimaaktiven Stoffen deutlich reduziert. Konkret heißt das für den Standort, dass die neue GuD-Anlage über zwei Millionen Tonnen CO2 pro Jahr und damit rund 40 Prozent der aktuellen Emissionen des Kohlekraftwerks einsparen kann. Auch das Stadtklima profitiert unmittelbar: Der Ausstoß von Stickoxiden (NOx) würde standortbezogen im Vergleich zum Status quo um etwa 25 Prozent, der von Schwefeloxiden (SOx) um mehr als 75 Prozent sinken.
Bis zur vollständigen Inbetriebsetzung aller neuen Kraftwerks- und Fernwärmeanlagen stehen die Kohlekessel unverändert zur Strom- und Fernwärmeversorgung zur Verfügung. Durch dieses Vorgehen stellen wir sicher, dass die Versorgung in Altbach, Deizisau und der Region zu jedem Zeitpunkt zuverlässig gewährleistet ist.
Nein – wie auch beim bereits umgesetzten Fuel-Switch-Projekt am Standort Stuttgart-Gaisburg sowie dem Fuel Switch am Standort Stuttgart-Münster ist die Fernwärmeversorgung zu jedem Zeitpunkt sichergestellt. Vor der finalen Außerinbetriebnahme der Blöcke HKW 1 und HKW 2 wird neben der GuD auch eine Ersatzanlage zur Fernwärmeversorgung errichtet. Diese steht bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als die neue GuD-Anlage zur Verfügung und wird auch in Zeiten, in denen die GuD nicht in Betrieb ist, eine sichere Fernwärmeversorgung gewährleisten. Des Weiteren besteht durch den Verbund der mittleren Neckarschiene auch die Möglichkeit, den Landkreis Esslingen mit Wärme aus den Kraftwerksanlagen der Stuttgarter Gemarkung zu versorgen.
Im Zuge des Projekts informiert die EnBW regelmäßig über den Projektfortschritt und aktuelle Meilensteine über die Homepage www.enbw.com/altbach-deizisau. Am 26.10.2021 fand eine Online-Informationsveranstaltung statt, in der das Projekt den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt wurde. Dabei konnten live Fragen ins Studio gestellt werden.
Jederzeit aber können Sie auch Fragen, Anregungen oder Kritik per E-Mail an altbach-deizisau@enbw.com senden.
Das Vorhaben fällt unter die Nummer 1.1 des Anhangs 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen, 4. BImSchV). Gemäß Anlage 1 Nr. 1.1.1 Spalte 1 in Verbindung mit §3b zum Gesetz über die Umweltverträglichkeit (UVPG) besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil des Genehmigungsverfahrensnach BImSchG (§ 1 Abs. 2 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV)) und wird vom Regierungspräsidium Stuttgart als zuständiger Genehmigungsbehörde durchgeführt.
Die Zulassung des Vorhabens soll als Vollgenehmigung für Errichtung und Betrieb nach BImSchG und Naturschutzrecht sowie die Freisetzung von Treibhausgasen (Kohlendioxid) gemäß TEHG erfolgen.