Heizkraftwerk Heilbronn: Kohleausstieg bis 2026 anvisiert
- EnBW plant umweltfreundliche Erzeugung von Strom und Fernwärme
- Mit Erdgas soll die Zeit überbrückt werden, bis ausreichend klimaneutraler „grüner“ Wasserstoff zur Verfügung steht
- Erste Informationsveranstaltung für interessierte Bürgerinnen und Bürger am 30. Juli
Heilbronn. Klimaneutral bis 2035 – mit diesem Versprechen hat sich die EnBW als eines der größten deutschen Energieunternehmen auf ihren Beitrag zum Klimaschutz im Sinne des Pariser Abkommens festgelegt. Dazu gehört einerseits, die erneuerbaren Energien weiter systematisch auszubauen, und andererseits, mittelfristig aus der Nutzung von Kohle als Energieträger auszusteigen, ohne dabei die Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme zu gefährden. Wie das am Erzeugungsstandort Heilbronn umgesetzt werden könnte, hat die EnBW heute dem Gemeinderat vorgestellt. Die Pläne sehen den Betrieb einer emissionsarmen Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD-Anlage) vor. Voraussichtlich in fünf Jahren könnte sie den jetzigen Kohleblock ablösen.
Der Kohleausstieg in Baden-Württemberg werde jetzt greifbar, erklärt EnBW-Vorstand Georg Stamatelopoulos, der das Ressort „Nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur“ verantwortet: „Kurz nach dem Standort Stuttgart gehen wir nun in Heilbronn den nächsten Schritt auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Energieversorgung. Damit setzen wir unsere Nachhaltigkeits-Strategie weiter konsequent um." Mit dem Bau einer GuD-Anlage wird die Voraussetzung geschaffen, dass Heilbronn und die Region auf dem Weg zur Klimaneutralität sicher, nachhaltig und kostengünstig mit Strom und Fernwärme versorgt werden können.
Eine Million Tonnen CO2 weniger – pro Jahr
Aufgrund der optimalen Brennstoffausnutzung ist die zentrale Strom- und Wärmeerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung eine der klimafreundlichsten Formen der Wärmeversorgung. Im Vergleich der Brennstoffe wirkt sich Erdgas deutlich geringer auf die Umwelt aus als Kohle – auch unter Berücksichtigung der indirekten Emissionen, die bei der Förderung und dem Transport entstehen. Konkret heißt das für Heilbronn, dass die neue GuD-Anlage über eine Million Tonnen CO2 pro Jahr und damit rund 50 Prozent der aktuellen Emissionen des Kohlekraftwerks einsparen kann. „Es gibt keine andere Technologie, die in so kurzer Zeit einen so hohen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten kann“, betont Andreas Pick, bei der EnBW übergreifend verantwortlich für die so genannten „Fuel Switch“-Projekte. Auch das Stadtklima profitiert unmittelbar: Der Ausstoß von Stickoxiden (NOx) würde im Vergleich zum Bestand um etwa 80 Prozent, der von Schwefeloxiden (SOx) um mehr als 90 Prozent sinken.
Wasserstoffbetrieb ist das Ziel
Erdgas ist in Heilbronn aber nur für eine Übergangszeit als Brennstoff vorgesehen. Durch Beimischung von Wasserstoff oder anderen grünen Gasen kann die CO2-Bilanz sukzessive weiter verbessert werden. Das anvisierte Ziel ist die Umstellung auf eine hundertprozentige Verbrennung von klimaneutralem „grünen“ Gas – wie Wasserstoff – ab Mitte der 2030er Jahre. Dieser Schritt ist bei der Planung und Umsetzung der GuD-Anlage bereits angelegt. Andreas Pick: „Heilbronn könnte nach dieser Umstellung eine der ersten Großstädte Deutschlands sein, die Strom und Wärme komplett klimaneutral produziert.“ Allerdings steht Wasserstoff noch nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Der Zwischenschritt über die vorübergehende Erdgasnutzung verschaffe laut Pick die benötigte Zeit, sowohl für den Aufbau einer Transport -und Erzeugungsinfrastruktur für Wasserstoff als auch für weiteres Wachstum bei den erneuerbaren Energien. Damit leiste eine zunächst erdgasbefeuerte GuD-Anlage einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der Energiewende.
Endgültige Entscheidung nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens
Der Genehmigungsprozess für das Projekt ist zweigeteilt. Zunächst startet die Stadt Heilbronn nach der Sommerpause das Verfahren zur erforderlichen Anpassung des Bebauungsplanes für das Kraftwerksgelände. Im Laufe des kommenden Jahres will die EnBW dann das im Bundes-Immissionsschutzgesetz festgelegte Genehmigungsverfahren für ihr Vorhaben vorbereiten. Der Antrag dafür kann vermutlich in der ersten Hälfte 2023 beim Regierungspräsidium Stuttgart eingereicht werden. Genehmigung und endgültige Investitionsentscheidung vorausgesetzt, könnte die Bauphase im vierten Quartal 2023 beginnen. Voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 wäre der Kohleausstieg in Heilbronn mit der Inbetriebnahme der neuen Anlage umgesetzt. Das mögliche Investitionsvolumen für den Umstieg von Kohle auf Gas in Heilbronn schätzt die EnBW aktuell auf über 500 Millionen Euro. Die endgültige unternehmerische Investitionsentscheidung ist erst nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens möglich.
Frühzeitiger Dialog mit der Öffentlichkeit
Den aktuellen Stand des „Fuel Switch“-Projekts wird die EnBW in mehreren ausführlichen Terminen auch Bürger*innen, Behörden und Verbänden vorstellen. Dieses frühzeitige Beteiligungsverfahren dient in Baden-Württemberg unter anderem auch der Vorbereitung des Genehmigungsantrags. Die erste Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen, bietet sich Anwohner*innen und Interessierten bereits in einer Woche – Freitag, 30. Juli, 18.30 Uhr – im Rahmen einer Online-Informationsveranstaltung, die aus dem Konzert- und Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn übertragen wird. Die Stadtverwaltung wird dabei auch die anstehenden Verfahrensschritte im Bebauungsplanverfahren vorstellen. Wer an der Veranstaltung teilnehmen möchte, kann sich zum angegebenen Termin direkt über die Projektseite www.enbw.com/heilbronn einwählen. Die EnBW plant außerdem, noch im Laufe des Sommers Informationsführungen auf dem Kraftwerksgelände anzubieten. Termine und Anmeldemöglichkeiten werden dann ebenfalls auf der Projekt-Homepage bekanntgeben.