Energiewende geht nicht ohne Wärmewende. Was bedeutet das genau?
Schon eine Zahl verdeutlicht, welche Rolle der Wärmesektor spielt: Rund 50% unserer Endenergie verwenden wir im Wärmesektor. Das zeigt, wie bedeutend die Wärmewende für die Energiewende ist.
Sind wir da schon auf einem guten Weg?
Wir sind vor allem auf einem langen Weg, denn wir dürfen nicht vergessen: Der Anteil klimaneutraler Heizungen ist deutlich geringer als der erneuerbare Anteil im Strom – und auch da ist die Energiewende ja noch lange nicht abgeschlossen. Zudem ist die Wärmewende in den allermeisten Fällen mit aufwändigen Gebäudesanierungen verbunden. Auch da kommt also noch einiges auf uns zu.
Welche Rolle soll künftig die Fernwärme dabei spielen?
Alle relevanten Studien gehen von einem signifikanten Ausbau der Fernwärme aus. Denn die Fernwärme bietet drei handfeste Vorteile: Erstens ist mit dem Anschluss an ein Fernwärmesystem meistens ein unmittelbarer CO²-Einspareffekt gegenüber der alten Heizung verbunden. Zweitens lässt sich ein Fernwärmeanschluss in der Regel ohne energetische Gebäudesanierung realisieren und drittens ist das Fernwärmeversorgungsunternehmen danach für die Einhaltung aller umweltrelevanten Kennzahlen und Anforderungen verantwortlich – der Hauseigentümer muss dann nichts mehr unternehmen.
Gibt es schon seriöse Kostenschätzungen?
In Deutschland müssen sämtliche Gebäude, darunter allein 20 Millionen Wohngebäude, mit klimaneutralen Heizungssystemen ausgestattet werden. Das kann nur teilweise mit Fernwärme erfolgen. In den meisten Fällen aber müssen Heizungssysteme individuell erneuert oder ausgetauscht werden, häufig verbunden mit einer Gebäudesanierung. Entsprechend hoch sind die Kosten: Ich gehe mindestens von einem mittleren bis hohen 3-stelligen Milliardenbetrag aus, der innerhalb der nächsten zehn bis 20 Jahre in den deutschen Wärmesektor investiert werden muss. Davon wird ein erheblicher Anteil für den massiven Ausbau der Fernwärmeversorgung in den Ballungszentren gebraucht.
Die Bundesregierung stellt eine Fördersumme von drei Milliarden Euro für sechs Jahre zur Verfügung. Wird das ausreichen?
Zunächst ist diese Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW) ein Förderinstrument, das sowohl den Ausbau als auch die Transformation der Fernwärme unterstützen soll. Aber schon jetzt scheint klar, dass die drei Milliarden Euro für den Wärmesektor nicht ausreichen werden. Agora Energiewende – der Vertretung von Industrieinteressen unverdächtig - forderte bereits, die BEW um weitere acht Milliarden Euro aufzustocken. Es lässt sich zusammenfassen: Die Politik hat die Herausforderungen erkannt und einen Lösungsansatz entwickelt. Die Erfahrungen bei der Realisierung aktueller Förderanträge müssen dann in die Weiterentwicklung der Förderprogramme einfließen. Wir beobachten die Entwicklung weiter, zumal sie auch von Anpassungen anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen beeinflusst wird.
Für welche Fernwärmemaßnahmen will die EnBW Fördergelder beantragen?
Wir investieren in der Strom- und Fernwärmeproduktion bis 2026 mehr als 1,5 Milliarden Euro in Kohleausstieg, Fuelswitch und Dekarbonisierung. Das ist auch ein erheblicher Beitrag zur kommunalen Energiewende. Wenn die Fernwärme zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen soll, dann brauchen wir hierfür allerdings auch Partner, insbesondere die Kommunen, die die Maßnahmen mittragen müssen. Wenn es dazu kommt, wird die EnBW Fördermittel beantragen, wo es erforderlich ist. Denn klar ist: Ohne Förderung wird es keinen Fernwärmeausbau im großen Stil geben können – weder bei der EnBW noch woanders.
Sie haben bei der Regierung drei Wünsche frei, welche wären das?
Mir reichen schon zwei:
1) Klare, langfristige energie- und klimapolitische Rahmenbedingungen mit Zwischenzielen und konkreten Fahrplänen definieren.
Die Realisierung solcher Infrastrukturprojekte erstreckt sich über einen langen Zeitraum und ist für ein Unternehmen ein nicht unerhebliches Risiko – da sollten sich nicht auch noch die gesetzlichen Anforderungen mehrfach ändern.
2) Die Finanzierung muss klar geregelt sein.
Allen Beteiligten ist bewusst, dass für die Wärmewende sehr viel Geld benötigt wird. Dieses Geld muss den Unternehmen für Investitionen dann auch zur Verfügung gestellt werden. Und es muss allen Beteiligten klar sein, wer die Kosten der Wärmewende am Ende trägt.