Wenn der Strom an der Steckdose ankommt, hat er meist schon eine weite Reise hinter sich. Denn nicht immer, kann er dort erzeugt werden, wo er auch gebraucht wird. Um große Entfernungen überbrücken zu können, wird elektrische Energie über verschiedene Spannungsebenen verteilt. Dabei gilt: je höher die Spannung, desto geringer sind die „Transportverluste“.
Damit der Strom zuhause genutzt werden kann, braucht er aber eine niedrigere Spannung – er muss also transformiert werden. Genau das machen Umspannwerke: Sie verbinden die verschiedenen Spannungsebenen im Stromnetz miteinander, zum Beispiel Hoch- und Mittelspannung. Mithilfe eines Transformators wird die elektrische Energie von einer Spannungsebene zur nächsten transformiert und danach über die angeschlossenen Leitungsanlagen weiter verteilt.
Unterschied: Umspannwerk versus Trafostation
Im Grunde machen beide dasselbe: sie transformieren elektrische Energie. Umspannwerke finden sich aber eher in höheren Spannungsebenen. Sie transformieren elektrische Energie vom Höchstspannungsnetz ins Hochspannungsnetz und von dort ins Mittelspannungsnetz. Umspannstationen, auch Trafostationen genannt, hingegen wandeln die elektrische Spannung auf 400 bzw. 230 Volt um und machen den Strom aus der Mittelspannung so für Verbraucher*innen nutzbar. Denn die meisten elektrischen Haushaltsgeräte benötigen eine Spannung von 230 Volt.
Die Spannungsebenen im deutschen Stromnetz
Die Höchstspannungsleitungen der Übertragungsnetzbetreiber transportieren den Strom über weite Strecken, vergleichbar mit Autobahnen. Danach übernehmen die Verteilnetzbetreiber: Deren Hochspannungsleitungen sind die Bundesstraßen des Stromnetzes und führen zu Industrieparks und energieintensiven Unternehmen. Mittelspannungsleitungen verlaufen wie Landstraßen zu Kommunen, kleineren Erzeugern oder Freizeitparks. Über Niederspannungsleitungen werden Haushalte oder E-Ladestationen mit Strom versorgt.
Umspannwerke sind komplexe Anlagen mit unterschiedlichsten technischen Betriebsmitteln. Jedes Anlagenteil hat dabei eine bestimmte Funktion, um die Verteilung des Stroms zu ermöglichen. Wir haben hier beispielhaft für alle Umspannwerke eine Verbindung zwischen dem Hochspannungs- und dem Mittelspannungsnetz dargestellt, doch das Funktionsprinzip ist zwischen allen Spannungsebenen identisch:
Der Strom kommt aus einer 110-kV-Hochspannnungsleitung im Umspannwerk an. Zumeist erfolgt diese „Einleitung“ als Freileitung, aber auch Erdkabel sind möglich. Über sogenannte Trenn- und Leistungsschalter wird der Strom innerhalb des Umspannwerks auf eine Sammelschiene geführt. Die Sammelschiene verteilt den Strom bis zum Transformator und verbindet damit die unterschiedlichen Anlagenteile. Mit Hilfe der verschiedenen Trenn- und Leistungsschalter können im Fall einer Störung einzelne Anlagenteile des Umspannwerks abgeschaltet werden und weitere Fehler, Störungen oder Schäden verhindert werden.
Der Leistungsschalter ist damit das Herzstück eines jeden Umspannwerks. Denn er kann als einziges Betriebsmittel elektrische Ströme schalten und unterbrechen.
So funktioniert ein Umspannwerk
Eine Hochspannungsleitung führt zum Umspannwerk.
Die Transformatoren sind das Kernstück des Umspannwerks. In ihnen findet die Wandlung der Netzspannung statt. Ein Transformator besteht aus zwei elektrisch voneinander isolierten Spulen aus Kupfer oder Aluminiumdraht, diese sind um einen Eisenkern gewickelt. Sobald der Strom ankommt und durch die erste Spule fließt, entsteht im Trafo ein Magnetfeld. Dieses Magnetfeld erzeugt in der zweiten Spule einen Stromfluss mit geringerer Spannung.
Über die Schaltanlage können verschiedene Stromkreise zusammengeschaltet werden.
Eine Vielzahl von Betriebsmitteln gewährleistet den sicheren und zuverlässigen Betrieb und ermöglicht die Steuerung der Anlage.
Vom Umspannwerk führen Mittelspannungsleitungen ins Land.
Der Grund ist einfache Physik: Die Umgebungsluft dient zur Isolation der hohen Spannungen. Und weil Luft ein relativ schlechter Isolator ist, ist eben viel Abstand erforderlich, um Überschläge und Kurzschlüsse zu vermeiden. In der Regel benötigt eine freiluftisolierte Schaltanlage deshalb eine Fläche von etwa zwei bis drei Fußballfeldern.
Platzsparen mit gasisolierten Schaltanlagen
Wo nicht ausreichend Platz zur Verfügung steht, setzt man seit etwa 50 Jahren auf gasisolierte Schaltanlagen. In diesen sind die Betriebsmittel eingekapselt und von einem sehr gut isolierenden Gas umgeben. Der Haken an der Sache? Das beste und meistverwendete Isoliergas ist derzeit noch Schwefelhexafluorid (SF₆). Das Gas hat aber ein sehr hohes Treibhauspotenzial. Deshalb ist sein Einsatz ab 2026 in Mittelspannungs-Schaltanlagen bis 24 kV und ab 2030 auch darüber hinaus verboten.
Es geht aber auch ohne SF₆. Wie das aussehen kann, zeigt die Netze BW in Burladingen: gemeinsam mit Siemens Energy hat die EnBW-Tochter eines der ersten Umspannwerke errichtet, das auf Hochspannungsebene völlig ohne SF₆ auskommt.
Allein im deutschen Übertragungsnetz, also in der Höchstspannungsebene, gibt es laut Angaben der vier Übertragungsnetzbetreiber, rund 300 Umspannwerke. Hinzukommen mehrere tausend Umspannwerke und Trafostationen, die die elektrische Energie von der Hoch- über die Mittel- in die Niederspannung transformieren. Um sie kümmern sich mehrere hundert Verteilnetzbetreiber – einer von ihnen ist die EnBW-Tochter Netze BW.
„Kunst & Energie“ - Netze BW und Graffiti-Künstler hübschen Trafostationen auf
Wie entsteht ein neues Umspannwerk?
Diese Schritte durchläuft ein neues 110-kV-Umspannwerk:
In Pulverdingen nahe Ludwigsburg entsteht derzeit das größte Umspannwerk des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW. Geplant sind 26 Schaltfelder und Anlagen zur Netzstabilisierung. Im Jahr 2033 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
Der Anstieg des Strombedarfs und die zunehmende Stromproduktion aus erneuerbaren Energien machen den Aus- und Neubau von Umspannwerken notwendig. Besonders im Bereich der Mittelspannung ist der Bedarf groß. Anders als früher, müssen Umspannwerke die elektrische Energie heute in beide Richtungen transformieren können – von oben nach unten und umgekehrt. Denn es sind nicht mehr nur die großen Kraftwerke, die Strom erzeugen und einspeisen, sondern Millionen kleiner Eigenheim-PV-Anlagen. Erzeugen sie mehr Energie als verbraucht werden kann, ist das eine Belastungsprobe für das Stromnetz.
Welche Aus- und Neubaumaßnahmen die jeweiligen Netzbetreiber planen, findet sich im Netzentwicklungsplan (NEP). Allein die EnBW-Tochter Netze BW, Baden-Württembergs größter Verteilnetzbetreiber, plant in den nächsten Jahren beispielsweise 85 neue Umspannwerke in der Hoch- und Mittelspannung.
Netzausbau: Diese Maßnahmen an Umspannwerken plant die Netze BW
Die Kosten für ein Umspannwerk variieren – je nachdem, welche Spannungsebene betroffen ist, welche Technologie zum Einsatz kommt und wie die örtlichen Gegebenheiten sind. Müssen auch Stromleitungen zu und vom Umspannwerk aus- oder neugebaut werden, sind schnell zwei- oder dreistellige Millionenbeträge fällig.
Wer schonmal einen Stromschlag bekommen hat, weiß wie unangenehm das sein kann. Anders als zuhause, wo die elektrische Spannung „nur“ 230 Volt beträgt, ist sie in einem Umspannwerk deutlich höher – je nachdem, an welche Spannungsebenen es angeschlossen ist. Bekäme man hier einen Stromschlag bestünde Lebensgefahr. Darum sind Umspannwerke weiträumig abgesichert. Zudem gibt es gesetzliche Vorgaben die Netzbetreiber einhalten müssen, um die Auswirkungen für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten:
Lärmschutz: Nicht lauter als ein Kühlschrank
Beim Betrieb von Umspannwerken können Geräusche entstehen, die von Anwohnern mitunter als störendes „Brummen“ wahrgenommen werden. In Umspannwerken sind die maßgeblichen Geräuschquellen meistens Transformatoren, die zur Umwandlung der Spannung benötigt werden. Durch die Energieübertragung im Transformator entstehen magnetische Kräfte, die innerhalb des Gehäuses zu Vibrationen führen.
Wie laut ein Umspannwerk sein darf, ist in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) festgelegt. Je nach Umgebung und Tageszeit gibt es verschiedene Grenzwerte: in Wohngebieten sind tagsüber 55 dB (A), nachts 35 dB (A) erlaubt. In Gewerbegebieten dürfen die Werte sowohl über den Tag als auch in der Nacht bis zu 70 dB (A) erreichen. Damit gelten für Umspannwerke dieselben Grenzwerte wie für Staubsauger (ca. 70 dB (A)) oder Kühlschränke (35 dB (A)).
Ausgleichsmaßnahmen: Hotspots für Blumen und Bienen
Jede Baumaßnahme ist ein Eingriff in die Natur. Netzbetreiber achten deshalb sehr darauf, diese Eingriffe weitestgehend zu minimieren oder – im Bedarfsfall – durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen. Eine Möglichkeit, der Natur etwas zurückzugeben, sind „Summspannwerke“. Schon seit 2019 wandelt die Netze BW Rasenflächen von Umspannwerken in Wildblumenwiesen um. Mit 30–60 Pflanzenarten pro zehn Quadratmeter entstehen rund um die technischen Anlagen echte Hotspots der Biodiversität – bunte Oasen für die heimische Insektenwelt, die Nahrung, Schutz und Rückzugsraum bieten. Zudem sind die Wiesen deutlich pflegeärmer als herkömmlicher Rasen und können nach ein paar Jahren (fast) sich selbst überlassen werden.