Obrigheim: Rückbau auf der Zielgeraden
Das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) liegt zwischen Heidelberg und Heilbronn direkt am Neckar. Es ging im Oktober 1968 als erster kommerziell genutzter Druckwasserreaktor Westdeutschlands ans Netz und wurde im Jahr 2005 abgeschaltet. In diesem Zeitraum hat es mehr als 90 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt.
Das KWO ist für uns eine Pionier-Anlage – sowohl mit Blick auf die Stromproduktion aus Kernenergie in Baden-Württemberg als auch in Sachen Rückbau. Dieser hat in Obrigheim im Jahr 2008 begonnen und befindet sich mittlerweile auf der Zielgeraden: Sowohl das Maschinenhaus als auch das Reaktorgebäude sind weitgehend entkernt und alle größeren Komponenten entfernt. Derzeit läuft der Restabbau von Systemen und Anlagenteilen. Parallel hat bereits die abschließende Messung der verbliebenen Gebäudestrukturen und die bedarfsweise Abtragung von Oberflächen begonnen.
Das Reaktorgebäude ist nahezu vollständig entkernt: Der rund 135 Tonnen schwere Reaktordruckbehälter (RDB) als früheres Herzstück der Anlage wurde vollständig zerlegt. Auch die beiden rund 160 Tonnen schweren Dampferzeuger, die früher die im Reaktordruckbehälter erzeugte Wärme vom Primär- auf den Sekundärkreislauf des Kraftwerks übertragen haben, sind demontiert und haben das Gebäude verlassen. Ebenso beendet ist die Entfernung der massiven Betonstrukturen („Biologisches Schild“), die früher den Reaktordruckbehälter, das darüber liegende Reaktorbecken sowie das frühere Brennelement-Lagerbecken umgeben haben. Als letzte große Komponente wurde der Gebäudekran demontiert.
Schematische Darstellung eines Druckwasserreaktors
Ursprungszustand im Reaktorgebäude: Blick auf das Brennelement-Lagerbecken, dahinter (im Bild nicht sichtbar) befanden sich der Reaktordruckbehälter und das darüber liegende Becken.
Gleiche Perspektive heute: Das Reaktorgebäude ist weitgehend entkernt.
Der Reaktordruckbehälter wurde aus seiner Ursprungsposition ausgehoben und ins benachbarte, frühere Brennelement-Lagerbecken transportiert.
Der Reaktordruckbehälter und seine Einbauten wurden fernbedient unter Wasser zerlegt.
Blick in den Leitstand für die fernbediente Zerlegung des Reaktordruckbehälters
Die Dampferzeuger wurden aus ihrer Einbauposition ausgehoben und aus dem Gebäude transportiert.
Abbau der Betonstrukturen im Bereich des früheren Brennelement-Lagerbeckens.
Demontage der letzten großen Komponente: Der Reaktorgebäudekran wurde von einem Schwerlastgerüst aus zerlegt.
Im konventionellen Maschinenhaus des KWO hat früher ein Generator die Bewegungsenergie der Turbinen in elektrische Energie umgewandelt. Das Maschinenhaus war ab 2008 einer der ersten Rückbau-Schauplätze in Obrigheim. Die Abbauarbeiten sind dort mittlerweile schon seit einigen Jahren vollständig abgeschlossen – verblieben ist ein weitgehend leeres, entkerntes Gebäude.
Schematische Darstellung eines Druckwasserreaktors
Das Maschinenhaus im Ursprungszustand: Unter den roten Hauben befanden sich die Turbinenläufer, am Bildrand rechts unten ist in blauer Farbe ein Teil des Generators zu erkennen.
Entkerntes Gebäude: das Maschinenhaus nach Abschluss des Rückbaus.
Entkerntes Gebäude: das Maschinenhaus nach Abschluss des Rückbaus.
So sah es im Maschinenhaus während der Demontage der Turbinenläufer aus.
Ein Turbinenläufer am Kranhaken.
Der rund 250 Tonnen schwere Generator wurde per Kran ausgehoben.
Ein Kondensatorblock wurde aus seiner Einbauposition ausgehoben.
Die Messung sämtlicher nach dem Rückbau noch verbliebener Gebäudestrukturen ist eine wichtige Voraussetzung für die Entlassung des Standorts Obrigheim aus der atomrechtlichen Überwachung. In den Räumen, in denen die Abbau-Arbeiten vollständig abgeschlossen sind, haben diese aufwendigen Messungen bereits begonnen. So weisen wir nach, dass die Rückbaumaßnahmen dazu geführt haben, dass das KWO kein radiologisches Risikopotenzial mehr für Mensch und Umwelt besitzt.
Im Jahr 2017 hat die EnBW verbrauchte Brennelemente aus Obrigheim in das Brennelement-Zwischenlager Neckarwestheim überführt. Dies war eine entscheidende Voraussetzung für den weiteren Rückbau des Kernkraftwerks Obrigheim. Gleichzeitig konnte damit der Bau eines zusätzlichen Zwischenlagers in Deutschland vermieden werden. Die Obrigheimer Brennelemente wurden in 15 Castor-Behältern sicher verschlossen und mit insgesamt fünf Schiffstransporten über den Neckar nach Neckarwestheim gebracht.