Sieben Jahre: So lange dauert es in der Regel, bis in Deutschland ein neues Windrad ans Netz geht. Mit Blick auf die ambitionierten Klimaschutzziele dauert das viel zu lange. Laut Angaben des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) müssten bis Ende 2029 täglich 5,8 Windräder mit einer durchschnittlichen Leistung von je 4,2 Megawatt hinzukommen. 2022 lag der Tagesschnitt laut der Fachagentur Windenergie an Land bei 1,5 Anlagen.
Einer der Gründe, warum der Ausbau der Windenergie hierzulande nur langsam in Schwung kommt, sind langwierige Genehmigungsverfahren. Wegen der Vielzahl beteiligter Behörden dauert es bislang Jahre, bis alle benötigten Unterlagen von Schall- bis Schattenwurfgutachten vorliegen. Gerade beim Thema Naturschutz kommt es häufig zu Nachuntersuchungen. Auch etwaige Umplanungen oder Standortwechsel kosten Zeit. Im Zuge der Energiewende sollen neue Rechtsgrundlagen wie das Wind-an-Land-Gesetz den Prozess nun deutlich beschleunigen. Zudem stocken die Genehmigungsbehörden Personal auf, um neue Anträge und den Genehmigungstau vergangener Jahre besser zu bewältigen.
Leistung in MW | Anzahl WEA | |
Artenschutzgründe: Vögel | 808 | 218 |
Planungsrechtliche Gründe | 546 | 141 |
Baurechtliche Gründe | 398 | 96 |
Flugsicherung (D/VOR) - vor 1.6.2020 | 157 | 47 |
Denkmalschutz | 138 | 38 |
Waldspezifische Gründe | 127 | 23 |
Artenschutzgründe: Fledermäuse | 66 | 19 |
Sonstige | 46 | 13 |
Gebietsspezifische Gründe | 41 | 10 |
Wetterradar | 30 | 8 |
keine Angabe | 15 | 5 |
Seismologie | 19 | 4 |
andere Luftfahrtbelange (ohne D/VOR) | 16 | 4 |
Militärische Belange | 16 | 4 |
Beantragte Windenergievorhaben, die seit Januar 2017 behördlich abgelehnt oder zurückgezogen wurden – und die Gründe dafür. Mehrfachnennungen möglich. (Quelle: Fachagentur Windenergie an Land, Befragung „Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie an Land“ (2022))
In Burladingen im Zollernalbkreis zeigt das aktuelle Windenergieprojekt der EnBW beispielhaft auf, wie sich unter politischer Rückendeckung durch EU, Bund und Land sowie in enger Abstimmung mit den Behörden vor Ort mehr Tempo ins Genehmigungsverfahren bringen lässt. Schon 2026 sollen sich in der schwäbischen Gemeinde die Windräder drehen – dabei soll das Genehmigungsverfahren in mehr als der Hälfte der sonst üblichen Zeitspanne von rund 15 Monaten bei EnBW-Projekten in Baden-Württemberg durchlaufen.
Der Windpark Burladingen teilt sich in drei Gebiete auf, die im Teilflächennutzungsplan Windkraft der Stadt Burladingen als Konzentrationszonen für Windkraftanlagen ausgewiesen sind. Insgesamt zehn Anlagen wird der neue Windpark umfassen. „Bei einem Vorhaben dieser Größenordnung konnte in der Vergangenheit bis zum Abschluss schon mal ein Jahrzehnt vergehen“, sagt Fabian Maisch, Projektleiter Projektentwicklung Windenergie bei der EnBW. „Dank neuer Gesetzeslage durch EU und Bund können unsere Projekte nun schneller und kostengünstiger zur Energiewende beitragen. Auch das Land Baden-Württemberg unterstützt den Gedanken der effizienten Genehmigungsverfahren ausdrücklich und gibt eine klare Zielrichtung für einen beschleunigten Windenergieausbau in Baden-Württemberg vor.“
Genehmigung in sechs Monaten anvisiert
Welche Untersuchungen und Gutachten erforderlich sind, wurde mit dem Landratsamt Zollernalbkreis bei der sogenannten Vorantragskonferenz im Jahr 2019 abgestimmt und festgelegt. Von der neuen Gesetzgebung durch EU und Bund abgedeckt: Es ist möglich, fehlende Unterlagen auch noch nach dem Start des Verfahrens einzureichen, wie zum Beispiel ökologische Fachgutachten, welche eine lange Ausarbeitungszeit benötigen. Der Antrag wurde im Juli 2023 eingereicht, die EnBW rechnet bis Ende des Jahres mit dem Erhalt der Genehmigung. Baubeginn ist für das zweite Quartal 2025 geplant.
Basis für die schnelle Vorgehensweise in Burladingen ist die aktuelle Gesetzgebung, die den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland und Europa beschleunigen soll. 2022 war in Deutschland mit dem sogenannten „Osterpaket“ bereits die größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahren in Kraft getreten. Ziel ist der schnelle und konsequente Ausbau erneuerbarer Energien. Ihre Nutzung wurde im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist das zentrale Steuerungsinstrument für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Es trat 2000 erstmals in Kraft und wurde seither stetig weiterentwickelt.
Mit der Anfang 2023 beschlossenen EU-Notfallverordnung erhöht sich die Dynamik des Ausbaus der erneuerbaren Energien noch einmal kräftig: Sie erlaubt in ihrem 18-monatigen Geltungszeitraum Ausnahmen von Verfahrensschritten, von denen teilweise auch bereits begonnene Genehmigungsverfahren profitieren. Auch bei dem Windenergieprojekt in Burladingen kann die EU-Notfallverordnung herangezogen werden: Entsprechende Verfahrenserleichterungen führen zu einer deutlich kürzeren Dauer des Genehmigungsverfahrens.