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Windräder werden dort gebaut, wo viel Wind weht. Je höher sie sind, desto mehr Strom erzeugen sie. Je größer aber das Windrad, desto länger müssen auch die Rotorblätter sein. Im Durchschnitt haben Windräder derzeit eine Nabenhöhe zwischen 100 und 200 Metern; die Rotorblätter sind im Mittel 60 bis 100 Meter lang. Wie kommt so ein Gigant also an seinen Bestimmungsort, der ja meistens eine windreiche Anhöhe in einem Gebiet ist, zu dem nicht zwangsläufig breite ausgebaute und gerade Straßen hinführen?
Rotorblätter werden, ebenso wie die anderen Großkomponenten für ein Windrad, auf Schwerlasttransportern an ihren Zielort gebracht. Solche Schwerlasttransporte sind in Deutschland genehmigungspflichtig. Im Fall des Windparks Prötzel II, 50 km nordöstlich von Berlin gelegen, mussten 27 Rotorblätter transportiert werden, jedes davon 62,5 Meter lang. Mit Ladung hatte jeder Truck eine beeindruckende Länge von über 90 Metern. Keine Straße in Deutschland ist dafür ausgelegt – einer der Gründe, warum solche Transporte vornehmlich nachts zwischen 22 Uhr und 6 Uhr stattfinden.
Die Straßen, die der Schwertransport passiert, werden für den Verkehr teilweise gesperrt; zeitweilig wird sogar kräftig umgebaut: Da werden Ampeln und Verkehrsschilder ab- und wieder aufgebaut, Kreisverkehre kurzzeitig außer Kraft gesetzt – und in seltenen Fällen werden sogar behelfsmäßige Autobahnausfahrten errichtet. Sobald die Kolonne aus blinkenden Warnfahrzeugen und überlangen Lkws durch ist, wird alles wieder zurückgebaut – und zwar so schnell wie möglich.
Die Grundlage für diese logistische Meisterleistung liefert die sogenannte Streckenstudie. Sie wird vom Anlagen-Hersteller durchgeführt, denn er weiß ganz genau, wie die einzelnen Bauteile aussehen. Die Strecke wird dabei stets für das längste Teil – also die Rotorblätter - geplant.Das heißt: Schaffen die Rotorblätter eine Kurve, dann sind die übrigen Bauteile gar kein Problem mehr.
Manchmal werden auch private Grundstücke für den Transport benötigt. Auch wenn diese nur wenige Zentimeter befahren werden, braucht es im Vorfeld das Einverständnis der Eigentümer. Deshalb beginnen die Planungen für eine derartige logistische Herausforderung meist schon Jahre vor der Nacht, in der das Rotorblatt dann tatsächlich durch den Ort gefahren wird.
Herausfordernd wird es bisweilen, wenn eine Autobahn für einen Schwerlasttransport voll gesperrt werden muss, und sei es auch nur für wenige Stunden. Da lassen die Genehmigungen dann gerne auch mal auf sich warten – im Fall der Vollsperrung für Prötzel II dauerte es mehrere Jahre, bis die Erlaubnis für den Windradtransport gegeben war.
Tatsächlich sind die Schwierigkeiten und Hürden, die bei einem Windradtransport überwunden werden müssen, nicht größer als bei anderen vergleichbaren großen Infrastrukturprojekten. Mit Blick auf die Klimaziele, die sich die Bundesregierung gesteckt hat – bis 2030 ein Ausbauziel der Onshore-Windenergie von 115.000 MW vor, was einem jährlichen Bruttozubau von etwa 10.000 MW Windenergieleistung entspricht – gilt die Devise: Wollen wir die Energiewende schaffen, dann zählt jedes einzelne Windrad. Denn ein Windpark wie Prötzel II kann 30.000 Haushalte mit grüner Energie versorgen und trägt damit zu einer klimafreundlicheren Energiezukunft bei.