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Das erwartet Sie in diesem Artikel
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Die Energiewende wird teuer. Wie teuer? Das beziffern Forschungsinstitute, Verbände und Beratungsunternehmen unterschiedlich. Eine aktuelle Studie von Aurora Energy Resarch geht davon aus, dass sich die Gesamtkosten bis zum Jahr 2045 auf 3,44 Billionen Euro summieren werden. Der BDI beziffert die reinen Investitionskosten für die kommenden zehn Jahre mit mehr als einer Billion Euro. Der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft kommt auf 1,2 Billionen Euro bis 2035. Die Analysen kommen hier unter anderem deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil sie sich auf verschiedene Zeiträume und abweichende Parametern beziehen. Konsens ist jedoch: Für den nachhaltigen Umbau des Energiesystems sind enorme Investitionen notwendig.

Wo muss am meisten investiert werden?

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Hohe Kosten für die Dekarbonisierung in Deutschland verursachen insbesondere:

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Der Ausbau erneurbarer Energien muss weiter stark voran getrieben werden. (Bild: EnBW)
Der Ausbau regenerativer Energien

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht vor, dass bis 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammen sollen. Der Bruttostromverbrauch umfasst dabei den gesamten Stromverbrauch aller Nutzenden, also der Haushalte, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen – abzüglich der Umwandlungs- und Netzverluste. Bis 2045 soll schließlich die gesamte Energieversorgung transformiert und auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgestellt sein. Dafür ist ein weiterer intensiver Ausbau von Photovoltaik, Onshore- und Offshore-Windenergie erforderlich. Zum Vergleich: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern betrug 2024 rund 60 Prozent.

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Der Aus- und Umbau des Stromnetzes

Für die Versorgung mit grüner Energie steigt der innerdeutsche Transportbedarf an. Besonders aufgrund des hohen Anteils an Windkraft aus dem Norden Deutschlands muss der Strom oft erst weit in den Süden transportiert werden. Ausreichende Kapazitäten in den Übertragungsnetzen sowie in den Verteilnetzen vor Ort sind gefragt. Die Übertragungsnetzbetreiber gehen in ihrer jüngsten Planung davon aus, dass gegenüber der bisherigen Bedarfsplanung allein rund 4.800 Kilometer neuer Leitungen notwendig sein werden. Rund 2.500 Kilometer bestehender Verbindungen müssen verstärkt werden. Hinzu kommt: Durch den Einsatz von Elektroautos, Wärmepumpen und Eigenheim-Solaranlagen steigt die Komplexität im Verteilnetz. Allein die Netze BW, Baden-Württembergs größter Verteilnetzbetreiber, hat rund 64.000 neue PV-Anlagen im Jahr 2024 angeschlossen. Um der Situation effizient zu begegnen, sind leistungsfähigere und intelligentere Stromnetze notwendig.

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Der erste Batteriespeicher der EnBW an einem Windpark ging 2024 in Betrieb. (Bild: EnBW)
Die Erhöhung von Speicherkapazitäten

Wasserstoff soll in der klimafreundlichen Energieversorgung als Alternative zu Erdgas eine zentrale Rolle spielen. Die notwendigen Infrastrukturen sind jedoch noch nicht vorhanden. Neben dem Auf- und Umbau eines Wasserstoffkernnetzes, das zu einem großen Teil aus umgestellten Erdgasleitungen (ca. 60%) bestehen soll, müssen unter anderem bestehende Erdgaskraftwerke umgerüstet und neue H2-Gaskraftwerke errichtet werden. Batteriespeicher wiederum lagern überschüssige Energie in Zeiten, in denen die Erzeugung durch erneuerbare Energien hoch, die Nachfrage jedoch gering ist, ein. Das entlastet das Netz. Bei steigendem Bedarf geben sie die Energie wieder ab. Auch hier reichen die heute verfügbaren Kapazitäten noch lange nicht aus.

Worauf basieren die Kosteneinschätzungen für die Energiewende?

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Kosteneinschätzungen für die Energiewende sind komplex. Die Bundesregierung erstellt „aufgrund der hohen methodischen Anforderungen“ keine eigene Gesamtkostenprognosen, da sie „nur begrenzt praktikable Ergebnisse liefern“. Vorhandene Analysen berücksichtigen unter anderem die Technologiekosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien, benötigte finanzielle Mittel für den Ausbau von Netz- und Kraftwerksinfrastrukturen, die voraussichtliche Entwicklung der CO₂-Preise und politische Strategien und Vorhaben.

Ein zentrales Planungsinstrument der deutschen Energiewirtschaft ist der Netzentwicklungsplan Strom (NEP). Er zeigt den Ausbaubedarf des Stromnetzes in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren und skizziert ihn auch darüber hinaus. Er wird von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) regelmäßig erstellt, unter Beteiligung der Öffentlichkeit abgestimmt und von der Bundesnetzagentur genehmigt. Die aktuelle, im März 2024 genehmigte Fassung ist der „Netzentwicklungsplan 2023-2037/2045“. Der NEP ermittelt im Detail den Bedarf an neuen Stromleitungen und Netzverstärkungen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Integration erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Er basiert auf verschiedenen Analysen, Prognosen zur Stromnachfrage, zu Erzeugungskapazitäten und technologischen Entwicklungen und zeigt unterschiedliche Szenarien (A, B und C) für die künftigen Bedarfe und Kapazitäten auf. Der NEP ist entscheidend für die langfristige Planung und den Ausbau des Stromnetzes in Deutschland und unterstützt die Energiewende.

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Neben Windkraft wird auch die Solarenergie weiter ausgebaut, wie hier im Solarpark Alttrebbin. (Bild: EnBW)

Wer trägt die Kosten für die Energiewende?

Die Transformation in allen Sektoren, d.h. Energie, Industrie und Gebäude, steht und fällt mit der Finanzierung. Dem Think Tank „Agora Energiewende“ zufolge tragen den mit 80 Prozent größten Teil der notwendigen Investitionskosten private Akteure – darunter Industrieunternehmen und Privathaushalte. Stromkund*innen tragen beispielsweise über die im Strompreis enthaltenen Netzentgelte zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei. Seit 2021 zahlen Industrieunternehmen den CO₂-Preis für fossile Brennstoffe, der schrittweise steigt.

Netzbetreiber und Energieversorger wiederum investieren in die benötigten Netzinfrastrukturen sowie Erneuerbare-Energien-Anlagen. Der BDEW und EY halten in ihrem Fortschrittsmonitor fest: „Den mit 49 Prozent größten Anteil an den Gesamtinvestitionen hat der Ausbau der Stromerzeugung. Einen weiteren großen Anteil mit 41 Prozent hat der Ausbau der Energienetze (Strom, Gas und H2).“ Allein die EnBW, als einziger integrierter Energieversorger Deutschlands, investiert bis 2030 mindestens 40 Milliarden Euro in den Umbau des Energiesystems.

Die Bundesregierung unterstützt die Zielerreichung beim Klimaschutz über verschiedene Subventionen, Zuschüsse und Fördermittel. Ein zentrales Finanzierungsinstrument ist der Klima- und Investitionsfonds, der Maßnahmen subventioniert, die zur klimaneutralen Transformation beitragen. Auch die EU stellt Mittel für grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte oder zur Förderung klimafreundlicher Innovationen ebenso wie zur Entlastung von Verbraucher*innen und Unternehmen bereit.

Geht’s auch günstiger?

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Angesichts der hohen Kosten hat sich Aurora Energy Research im Auftrag der EnBW jetzt mit Wegen zu einer bezahlbareren Transformation befasst. Denn neben Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit ist auch die Wirtschaftlichkeit der Energiewende entscheidend. Besonders für die gesellschaftliche Akzeptanz. Ein grundlegender Ansatz der Aurora-Analyst*innen: Die Erwartungen an den Strombedarf sind seit der Erstellung des aktuellen Netzentwicklungsplans deutlich gesunken. Er könnte entsprechend der aktuellen Studienlage im Zeitraum bis 2045 um 20 bis 25 Prozent niedriger ausfallen als gedacht. Heißt auch: Das Energiesystem könnte insgesamt kleiner geplant werden. Geringere Investitionen in erneuerbare Energien sowie in die Netzinfrastruktur wären möglich.

Zu diesem Schluss kommen auch eine aktuelle McKinsey-Analyse sowie des BDI. Beide Analysen gehen davon aus, dass der Strombedarf in den kommenden Jahren weniger stark steigen werde als erwartet. Vor allem, da die Zunahme von E-Mobilität, Wärmepumpen, einer Elektrifizierung der Industrie und der Wasserstoffproduktion weniger schnell und stark anwachsen dürfte als vorausgesetzt.

Vier Maßnahmen für ein kosteneffizienteres Energiesystem

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Vor diesem Hintergrund identifiziert die Aurora-Studie vier Anpassungsmaßnahmen, welche die Kosten für die Energiewende deutlich senken können.

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Quelle: Aurora Energy Research 2025
1. Das Ausbauziel H2-Elektrolyse & Photovoltaik (PV) anpassen:

Elektrolyse für die Herstellung von grünem Wasserstoff ist teuer. Bei dem Verfahren wird Wasser in seine Komponenten Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Den Strom dafür liefern erneuerbare Energien. Die notwendigen Kapazitäten für eine umfangreiche Wasserstoffversorgung müssen jedoch erst aufgebaut werden. Elektrolyse ist zudem energieintensiv. Beides treibt die Kosten in die Höhe. Die Elektrolyseurkapazitäten zu verringern und auf günstigeren importierten blauen Wasserstoff zu setzen, könnte den Finanzierungsbedarf für die Transformation in mehrfacher Hinsicht senken. So könnten die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien – etwa für PV – an einen reduzierten Strombedarf angepasst werden und so auch die Netzinvestitionen sinken. Im Vergleich zum NEP geht Aurora bis 2045 von geringeren Elektrolyseur- (10 GW statt 50 GW) und PV-Kapazitäten (254 statt 400 GW; Stand 2024: 88 GW) aus. Nach diesen Schätzungen verringern sich die Systemkosten um ca. 100 Milliarden Euro.

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Quelle: Aurora Energy Research 2025
2. Das Ausbauziel für Offshore-Windkraft optimieren:

Übersteigen die Offshore-Anlagen eine Kapazität von 55 GW, müssen die zusätzlichen Anlagen Anschlusspunkte weit im Landesinneren nutzen. Die Netzanschlusskosten für diese Anlagen wären hoch. Würde man die in den Ausbauzielen vorgesehenen 70 GW auf 55 GW reduzieren, könnte dies rund 80 Milliarden Euro einsparen. Bei geringerer Nachfrage ist eine Begrenzung auf 45 GW sinnvoll. Der Ausbau weiterer 20 GW Gas/H2-Kraftwerke könne die Offshore-Reduktion ausgleichen und dabei zusätzlich die Versorgungssicherheit steigern.

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Quelle: Aurora Energy Research 2025
3. Wasserstofffähige Gaskraftwerke zubauen und blauen Wasserstoff nutzen:

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse (s.o) hergestellt. Erneuerbare Energiequellen liefern den dafür benötigten Strom. So ist grüner Wasserstoff CO₂-neutral. Blauer Wasserstoff gilt ebenfalls als klimaneutral. Für seine Herstellung werden jedoch fossile Brennstoffe verwendet. Das entstehende CO₂ wird unterirdisch eingelagert. Setzt man stärker auf die günstigere blaue Wasserstoffvariante und nutzt zudem bestehende Gas- und Netzinfrastrukturen im Süden des Landes sowie ein optimiertes Verhältnis zwischen Gas-Turbine und Gas- und Dampfkraftwerk, lassen sich hier laut Aurora Einsparungen in Höhe von 40 Milliarden Euro erreichen.

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Quelle: Aurora Energy Research 2025
4. Den Ausbau von Speicherkapazitäten anpassen:

Wasserstofffähige Gaskraftwerke (s.o.) überbrücken längere Kapazitätsengpässe effizienter als Batteriespeicher. So senken sie auch den Stromimportbedarf und die dafür anfallenden Kosten, da weniger Knappheiten im System entstehen.

Die im aktuellen Netzentwicklungsplan bis 2045 vorgesehenen Kapazitäten an Batteriespeichern (in Szenario B 141 GW) um 50 Prozent auf 70 GW zu reduzieren, verringert die Systemkosten (Investitionskosten + Betriebskosten) im Energiesystem um rund 80 Milliarden Euro.

Einsparungen von bis zu 700 Milliarden Euro möglich

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Das Fazit der Aurora-Studie: Dimensioniert man das System kleiner, um es an ein geringeres Nachfragewachstum anzupassen und optimiert es gleichzeitig im Hinblick auf die eingesetzten Technologien, so lassen sich die Kosten insgesamt um bis zu 700 Milliarden Euro bis 2045 senken.

Damit die Energiewende also nicht nur sicher und klimafreundlich gelingt, sondern auch bezahlbar ist, ist nun vor allem die Politik gefragt, auf der Basis vorliegender Studien und Erkenntnisse die Planungen und Rahmenbedingungen anzupassen – insbesondere im Hinblick auf die veränderte Stromnachfrage.

Klimawende vs. Klimawandel: Kosten für die Volkswirtschaft

Die Klimawende kostet viel. Doch die Folgen des Klimawandels könnten Prognosen zufolge langfristig noch teurer werden. Die Bundesregierung beziffert die materiellen Folgekosten allein zwischen 2000 und 2021 auf mindestens 145 Milliarden Euro. Bis 2050 könne für die Folgen des Klimawandels von Schäden zwischen 280 und 900 Milliarden Euro ausgegangen werden. Dabei sind die materiellen sowie die immateriellen Kosten für gesundheitliche Folgen, Todesfälle durch Hitze oder Hochwasser, die Verluste von Ökosystemen und Artenvielfalt und eine insgesamt sinkende Lebensqualität noch nicht berücksichtigt.

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