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Die Wasserkraft ist eine erneuerbare Energiequelle, die die Menschen schon seit tausenden von Jahren nutzen: Vermutlich wurde in China bereits um 3000 v. Chr. Wasserkraft genutzt, frühe Hochkulturen am Indus und Nil und im Zweistromland um Euphrat und Tigris haben vor etwa 3.500 Jahren nachweislich die älteste erneuerbare Energie zur Bewässerung von Feldern über Schöpfräder benutzt. In der Antike, also der Zeit der alten Griechen und Römer, gab es dann schon eine Vielzahl verschiedener wassergetriebener mechanischer Arbeitsmaschinen. In dieser Epoche wurde die so genannte „Archimedische Schraube“, eine schneckenförmige Vorrichtung zur Förderung von Wasser entwickelt, deren Prinzip bis heute genutzt wird.
Die aus dem Fließen des Wassers über Wasserräder erzeugte Bewegungsenergie wurde in früheren Epochen mechanisch genutzt, zunächst über mehr oder weniger simple Wasserräder. Elektrischer Strom wurde erstmals 1880 in England mit Wasserkraft erzeugt. Das erste Großkraftwerk der Welt ging 1895 in den USA in Betrieb: 1904 erreichte das Edward-Dean-Adams-Kraftwerk in Niagara Falls im Bundesstaat New York eine installierte Leistung von 78,3 Megawatt.
Wasserkraftwerke nutzen Wasser für die Stromerzeugung. Dabei findet eine Umwandlung der kinetischen Energie (Bewegungsenergie) oder der potenziellen Energie (Höhenenergie) des Wassers in elektrische Energie statt. Für die erfolgreiche Energiegewinnung muss das Wasser durch eine Turbine strömen. Dabei entsteht eine Drehbewegung. Diese Drehbewegung wird auf den Generator übertragen, um Strom zu erzeugen.
Im Wesentlichen gibt es zwei Arten von Wasserkraftwerken: Laufwasserkraftwerke und Speicherkraftwerke. Die technische Funktionsweise der Wasserkraftwerke ist identisch: Durch eine Stauanlage wird Wasser zurückgehalten und kontrolliert durch eine oder mehrere Turbinen geleitet. Diese Turbinen treiben Generatoren an, die aus der Rotationsenergie Wechselstrom erzeugen, der dann in das Stromnetz eingespeist wird.
Die Stauanlage ist im Falle des Laufwasserkraftwerks ein Wehr in einem Fluss, von dem das Wasser durch ein meist am Ufer gelegenes Maschinenhaus mit Turbinen und Generatoren geleitet wird. Laufwasserkraftwerke erzeugen kontinuierlich Strom und tragen so zur Deckung der Grundlast, also zur Erzeugung der täglich und rund um die Uhr nachgefragten Strommenge, bei.
Mit dem
Die letztgenannten Wasserkraftanlagen sind deutlich kleiner als die großen Kraftwerke am mächtigen Rhein. Doch die Bedeutung kleinerer Wasserkraftwerke für die Stromerzeugung in Baden-Württemberg ist keineswegs zu unterschätzen: 1.650 Anlagen in Baden-Württemberg besitzen eine Leistung von jeweils weniger als 500 kW. Aber zusammengerechnet erzeugen sie rund 500 Gigawattstunden (GWh). Zum Vergleich: Wollte man diese Energiemenge mit Photovoltaik erzeugen, müsste man dafür eine Fläche von rund 500 Hektar mit Modulen bestücken.
Deutlich größere Wassermengen lassen sich in Stauseen und Talsperren speichern. Deshalb können die mit diesem Wasser betriebenen Speicherkraftwerke sehr flexibel genutzt werden, um die Erzeugung an den tatsächlichen Strombedarf anzupassen und kurzfristig auftretende Nachfragespitzen schnell mit Regelenergie zu bedienen. Speicherkraftwerke können in Echtzeit reguliert und binnen Sekunden hochgefahren werden. Zudem benötigen sie zum Start keine Stromversorgung von außen, Techniker sprechen von der Schwarzstartfähigkeit. Das ist von elementarer Bedeutung, wenn es zu Stromausfällen oder erheblichen Störungen im Stromnetz kommen sollte. Stauseen haben zudem weitere wichtige Funktionen. Zum einen gewährleisten sie bei starken Niederschlägen oder bei der Schneeschmelze einen zuverlässigen Schutz. Zum anderen dienen sie vielfach als wertvolle Trinkwasserreservoirs für zum Teil mehrere hundert Quadratkilometer große Versorgungsgebiete.
Eine besondere Form sind die Pumpspeicherkraftwerke. Die können, wie der Name schon verrät, Energie nicht nur erzeugen, sondern auch speichern: Wenn im Netz mehr Strom zur Verfügung steht als von den Kund*innen nachgefragt wird, nutzen sie diesen, um Wasser in einen höher gelegenen Speicher, etwa einen Stausee oder ein Wasserreservoir zu pumpen. Der „überschüssige“ Strom wird also in Form von potenzieller Energie des Wassers gespeichert. Je höher die Fallhöhe, desto höher die Energie, die aus dem Wasser gewonnen werden kann. Wird diese im Netz benötigt, lässt man das Wasser abwärts durch die Turbinen des Kraftwerks strömen und erzeugt so wiederum elektrischen Strom.
Das traditionsreiche Rudolf-Fettweis-Werk in Forbach, das Pumpspeicherkraftwerk in Glems und die Beteiligung an der Schluchseewerk AG machen die EnBW zu einem der größten Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken in Deutschland. Der Neubau von Talsperren und Staumauern steht in Deutschland derzeit nicht zur Debatte. Um sich dennoch in diesem Bereich weiterzuentwickeln, plant die EnBW derzeit das Großprojekt „Pumpspeicherwerk Forbach – Neue Unterstufe“, das die grundlegende Modernisierung des Murgwerkes und des Schwarzenbachwerkes sowie den Ausbau des Schwarzenbachwerkes zum vollwertigen Pumpspeicherwerk beinhaltet.
Das in Pumpspeicherkraftwerken in die Höhe beförderte Wasser fungiert also quasi als Akku. Die Idee ist nicht neu, aber die Fähigkeit, nicht benötigte Energie zu speichern, wird immer wichtiger. Denn Windkraftanlagen und Solarparks, mit denen viel Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, produzieren nicht nach Bedarf, sondern dann, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Das klingt (und ist) trivial, stellt aber eine zentrale Herausforderung auf dem Weg in die klimaneutrale Energiewelt dar. Und derzeit ist potenzielle Energie von Wasser die einzige Möglichkeit, große Strommengen zu speichern.
Schon im 19. Jahrhundert entwickelten fähige Ingenieure verschiedene Turbinentypen für unterschiedliche Gegebenheiten und Anforderungen. Grundlegend unterscheidet man zwischen Gleichdruckturbinen, bei denen der Wasserdruck beim Durchströmen konstant bleibt. Hier wird die Strömungsgeschwindigkeit in Bewegungsenergie umgesetzt. Bei den Überdruckturbinen hingegen nimmt der Wasserdruck beim Durchströmen ab, weil er selbst in Energie umgewandelt wird.
Straflo-Turbine
Eine Turbinenart ist die Straflo-Turbine (nach englisch: Straight Flow, gerader Fluss). In ihr bilden der Rotor des Schaufelrades und der Rotor des Generators eine Einheit in einer gemeinsamen Ebene und in einem gemeinsamen Gehäuse. Dabei umschließt der Generator als Kranz die Turbine.
Pelton-Turbine
Die bekannteste Gleichdruckturbine ist die 1880 patentierte und nach ihrem Erfinder benannte Pelton-Turbine. In ihr treibt das in einem oder mehreren scharfen Strahlen gebündelte Wasser ein Rad mit becherförmigen Schaufeln an.
Pelton-Turbinen kommen vor allem in Kraftwerken mit großem Gefälle und geringeren Wassermengen zum Einsatz, etwa in Speicherkraftwerken im Hochgebirge.
Francis-Turbine
Der mit Abstand am weitesten verbreitete Turbinentyp ist die Francis-Turbine. In dieser Überdruckturbine wird das Wasser radial von außen über ein feststehendes Leitrad mit verstellbaren Schaufeln auf ein innen liegendes Laufrad geleitet.
Kaplan-Turbine
Ebenfalls zu den Überdruckturbinen zählt die Kaplan-Turbine. In ihr treibt das Wasser einen Propeller, wie man ihn von Schiffsantrieben kennt, axial an. Die Flügel sind verstellbar, damit sie bei wechselnden Wassermengen stets gleich umströmt werden. Ähnliche Turbinen, deren Flügel nicht verstellbar sind, nennt man Propellerturbinen.
Lässt sich auch aus und mit dem Meer, also mit Gezeitenkraftwerken wirtschaftlich Strom gewinnen? Hinter Gezeiten, Meeresströmungen und Wellen stecken schließlich enorme Kräfte der Natur.
Seit den 1960er Jahren gibt es praktische Aktivitäten, die Kraft von Ebbe und Flut zur Stromgewinnung zu nutzen: In Buchten oder Ästuaren (der Flut ausgesetzten Flussmündungen) wurden Staubauwerke errichtet, in denen der Gezeitenstrom Turbinen antreibt. Das Funktionsprinzip ist also identisch mit dem eines Staukraftwerks. Der Unterschied ist, dass die Strömung nicht stetig, sondern an- und abschwellend im Rhythmus von etwa 12 Stunden und 24 Minuten zur Verfügung steht und die Wassermengen durch Spring- oder Nipptiden (wobei besondere Konstellationen von Sonne, Erde und Mond den Tidenhub beeinflussen) schwanken. Um überhaupt in nennenswertem Umfang Strom zu erzeugen, ist zudem ein Tidenhub (durch die Gezeiten verursachte Hebung/Senkung des Wasserstandes) von mindestens fünf Metern erforderlich. Insgesamt kommen weltweit nur etwa 50 Standorte zur Gewinnung von Gezeitenenergie überhaupt in Frage. Da Gezeitenkraftwerke zudem auch negative ökologische Auswirkungen haben und sehr teuer in Errichtung und Betrieb sind, ist in diesem Bereich der Meereswasserkraft seit Jahren keine Bautätigkeit zu verzeichnen.
Freistehende Turbinen im Meer
Ein anderer Ansatz zielt darauf ab, Meeresströmungen mit freistehenden Turbinen in Bewegungsenergie und schließlich in elektrischen Strom umzuwandeln. Das Funktionsprinzip solcher Anlagen ist dem eines Windparks ähnlich, nur dass eben Wasser und nicht Luft die strömende und treibende Kraft ist. Seit etwa 15 bis 20 Jahren werden an verschiedenen Standorten Anlagen zunächst einzelne Prototypen, später größere Kraftwerke errichtet – mit durchaus unterschiedlichen Erfolgen. Für Deutschland sehen die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages ein Potenzial von annähernd Null. Zur Stromgewinnung aus der Kraft der Meereswellen gibt es unterschiedliche technische Ideen und Versuche: Etwa der Einsatz von pneumatischen Kammern, die Luftturbinen antreiben, oder die Bewegungsenergie von Auftriebskörpern verschiedenster Bauart zu nutzen. Allerdings befinden sich Forschung und Entwicklung noch in einer so frühen Phase, dass weder über Potenziale und Vorteile noch über Risiken und Nachteile Aussagen getroffen werden können.
In vielen Teilen der Welt ist die Wasserkraft ein wichtiger Energieträger: 2023 waren insgesamt 1.408 Gigawatt Leistung installiert, mehr als die Hälfte davon in Asien. Die Erzeugung lag bei insgesamt knapp 4.210 Terawattstunden. Der Anteil der Wasserkraft an der Gesamtheit der erneuerbaren Energieträger lag im Jahr 20 weltweit bei 14 %. Die Wasserkraft belegt weltweit, nach Kohle und Gas, Platz drei der Stromerzeuger.
Die Bruttostromerzeugung in Wasserkraftwerken in Deutschland belief sich im Jahr 2023 auf 18,7 Terawattstunden. Das entspricht 8 % der Gesamterzeugung aus erneuerbaren Energien und rund vier Prozent der gesamten Stromerzeugung. Die installierte Wasserkraftwerksleistung lag 2023 bei knapp 5.600 Megawatt. Entscheidend für die Stromgewinnung aus Wasserkraft sind die Faktoren Wassermenge und Fallhöhe. So ist es kaum verwunderlich, dass die Wasserkraft in der norddeutschen Tiefebene eine wesentlich geringere Rolle spielt als in Baden-Württemberg. Hier stellte die Wasserkraft jahrelang den prozentual größten Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung dar, im Jahr 2021 knapp 9%. Das sind immerhin rund 4,5 Milliarden Kilowattstunden Energie im Jahr, als konstante Grundlast. Die EnBW erzeugt etwa 10 % ihres Stromes aus der Kraft des Wassers.
Quelle: Statista (Stand 22.05.2024)
Zum Gelingen der Energiewende werden alle wesentlichen erneuerbaren Erzeugungsarten benötigt. Die Vorteile der Wasserkraftnutzung liegen auf der Hand: Neben der Klimaneutralität sind vor allem die Grundlastfähigkeit sowie die flexible Einsetzbarkeit und die Speicherkapazität zu nennen, die erheblich zur Netzstabilität beitragen können. Die Nutzung von Wasserkraftanlagen trägt zudem zu Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft bei. Die Anlagen weisen darüber hinaus eine lange Lebensdauer auf und können damit besonders nachhaltig eingesetzt werden.
Die Wasserkraft hat historisch dazu beigetragen, Industriestandorte wie Baden-Württemberg zu stärken und spielt auch heute noch eine Rolle. Allerdings hat sie in Deutschland allenfalls geringe Ausbaupotenziale. Ein wesentlicher Grund ist systemischer Natur: Um die Wasserkraft zu nutzen, muss Wasser durch Wehre oder Dämme aufgestaut werden. Jedes Bauwerk in einem Gewässer ist ein Eingriff in dessen Ökologie, beeinflusst dessen Lauf und den Lebensraum für Tiere und Pflanzen in und an diesem. Durch Nebenwässer oder Fischtreppen versucht man die Folgen der Eingriffe so gut es geht zu minimieren. Große Projekte wie Talsperren oder Stauseen sind wegen dieser Eingriffe in die Umwelt heutzutage in Deutschland kaum genehmigungsfähig. Und ein Blick auf die Praxis zeigt, dass kleinere Wasserkraftwerke in Fließgewässern zwar durchaus genehmigt werden, die Vorhaben jedoch in der Regel Gegenstand von Klagen vor Verwaltungsgerichten werden.
Größeres Potential für die Energiegewinnung liegt hingegen in der Modernisierung bestehender Laufwasserkraftwerke: „In den nächsten zwei Jahrzehnten müssen in Deutschland, in ganz Europa etliche Wasserkraftlizenzen erneuert werden. Weil Umweltschutz heute ein weit höheres Gewicht als in früheren Jahren und Jahrzehnten hat und die Regularien, wie beispielsweise die EU-Wasserrahmenrichtlinie, deutlich höhere Anforderungen stellen, müssen viele Kraftwerke komplett umgebaut werden. Oft wird im Grunde nur das Querbauwerk unverändert bestehen bleiben, während das eigentliche Kraftwerk komplett neu gebaut wird,“ zitiert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft den Wasserkraftexperten Prof. Dr. Peter Rutschmann.