Ein Viertel der installierten Leistung wird auf Freiflächen erzeugt; das heißt in Solarparks, wo auf freien Acker- oder Wiesenflächen Solarpanele aufgestellt wurden. Der Rest wird durch Solarpanele auf Dächern erzeugt. Will man die Erzeugung aus Solarenergie nun großflächig ausbauen, wird es über kurz oder lang zu Konflikten um Flächen kommen. Um die begrenzten Flächen optimal auszunutzen, wird intensiv an der sogenannten „Integrierten Photovoltaik“ geforscht.
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Darunter versteht man die Nutzung von Gebäudefassaden, Verkehrswegen und selbst Fahrzeughüllen zur Gewinnung von Solarenergie; Solarzellen sind dabei oft von außen nicht sichtbar. Integrierte Photovoltaikanlagen können sich zudem Flächen mit der Landwirtschaft teilen oder auch auf Wasserflächen genutzt werden. Das heißt: Mit Integrierter Photovoltaik werden Flächen zur Erzeugung von Solarenergie eingesetzt, die bereits für andere Zwecke genutzt werden.
Photovoltaik ist sehr flexibel einsetzbar, weshalb es eine Vielzahl möglicher Anwendungsgebiete gibt. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiegewinnung ISE haben die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen (sogenannte Agri- oder Agro-Photovoltaik ) und die bauwerksintegrierte Photovoltaik derzeit das größte Potenzial. Aber auch die anderen Anwendungsgebiete sind ausbaufähig; weltweit wird derzeit mit Hochdruck zum Beispiel an der Nutzung von Verkehrswegen zur Solarstromerzeugung geforscht.
Potential in GWp | |
Landwirtschaft | 1700 |
Künstliche Seen | 44 |
Gebäude | 1000 |
Parkplätze | 59 |
Verkehrsfläche Straße | 290 |
Verkehrsfläche Schiene | 10 |
Lärmschutz | 2.8 |
PKW | 44 |
LKW | 11 |
*GWp = Gigawatt Peak: in der Photovoltaik gebräuchliche Bezeichnung für die elektrische Höchstleistung von Solarzellen bei optimalem Einstrahlwinkel der Sonne.
Der Begriff Agri-PV bezeichnet Photovoltaikanlagen, die mittels speziellen Montagesystemen über einer landwirtschaftlich genutzten Fläche errichtet werden. Diese Solaranlagen bestehen aus semitransparenten Solarmodulen, unter denen Nutzpflanzen wachsen.
Diese Flächen können somit parallel zum Anbau von Getreide, Obst und Gemüse sowie zur Stromerzeugung genutzt werden. Im Gegensatz zur reinen Freiflächenanlage gehen bei Agri-PV-Anlagen keine Acker- oder Grünlandflächen verloren. Die aufgeständerten Solaranlagen lassen weiterhin die Bewirtschaftung der Flächen und die Ernte zu.
Gebäudewände und -dächer sind große und energetisch meist ungenutzte Flächen mit hohem Potenzial für die solare Energieerzeugung. In Baden-Württemberg ist die Photovoltaikpflicht deshalb sogar seit diesem Jahr im Klimaschutzgesetz verankert.
Bei der bauwerksintegrierten Photovoltaik werden Bauelemente verwendet, die neben ihrer normalen Funktion – wie Dämmung oder Wetterschutz – zusätzlich zur Stromgewinnung genutzt werden. Das heißt: Es gibt nicht nur die hinlänglich bekannten Solarmodule auf Dächern, sondern auch Hausfassaden aus Solarmodulen. So wird die Hauswand zur Stromquelle. Die Solarsysteme, getarnt als Fassadenplatten, fügen sich in die Gebäudekonstruktion ein. Es gibt sie in matt, glänzend, in unterschiedlichen Farben, als Fensterglas, Dachziegel oder als Balkongeländer. Damit lässt sich eine PV-Anlage optisch deutlich besser in die Gebäudehülle integrieren.
Die Firma Drees & Sommer hat an ihrem neuen Gebäude in Stuttgart sogenannte monokristalline Photovoltaik-Wafer in schwarz in die Fassade integriert. Die Fassade der Süd- und Westseiten deckt mit einer Fläche von 670 Quadratmetern ein Drittel des Strombedarfs des Gebäudes ab und erreicht voraussichtlich eine Höchstleistung von circa 100 Kilowatt. Weitere 160 Kilowatt leisten handelsübliche Standardmodule, die auf dem Dach angebracht wurden.
Solarpanele über der Fahrbahn
Der Gedanke ist naheliegend: Das deutsche Autobahnnetz umfasst rund 13.000 km, es ist das viertlängste Netz der Welt. Die Fläche ist bereits versiegelt, das bedeutet, sie kann für keine anderen Zwecke genutzt werden. Autobahnen sind in der Regel durchgehend unbeschattet und bieten somit perfekte Bedingungen, um wertvolle Sonnenenergie zu gewinnen. Die Idee, an der unter anderem die Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE forschen: Die Fahrbahn könnte mit Solarpanelen überbaut werden, wodurch zusätzlich zehntausende Quadratmeter an Fläche für die nachhaltige Energieerzeugung gewonnen werden. Die Vision: Die Autos, die auf der Autobahn fahren, verbrauchen die Solarenergie, die über der Autobahn erzeugt wird. Kann das funktionieren?
Die Projektpartner – außer dem Fraunhofer sind unter anderem das Austrian Institute of Technology AIT und Forster Industrietechnik an dem Projekt beteiligt – stehen in den Startlöchern: Noch in diesem Jahr werden die Fundamente für das Bauwerk gelegt, im ersten Halbjahr 2023 soll die Demonstrationsanlage an der A81 auf der Höhe der Raststätte Hegau-Ost, nordwestlich des Bodensees, gebaut werden:
Konkret sollen 10 Meter Autobahn mit einer 10x17 m großen Konstruktion aus Solarpanelen, die in 5,50 m Höhe über der Fahrbahn angebracht wird, überdacht werden. Die Fahrbahn soll dabei keinesfalls vollständig verdunkelt werden; die Module werden lichtdurchlässig gestaltet sein. Bereits im nächsten Jahr erhoffen sich die Wissenschaftler erste Erkenntnisse.
Welche Fragen stellen die Wissenschaftler?
Im Projekt soll geklärt werden:
- Wie verhält sich der überdachte Autobahnteil in Bezug auf Sicherheit – hält das Konstrukt auch bei einem Aufprall mit hoher Geschwindigkeit?
- Wie ist es um die Stabilität bei einer dicken Schneedecke oder Sturm bestellt?
- Wie kann die Anlage gewartet werden?
Welche zusätzlichen Effekte sind zu erwarten?
Das Hauptziel der Überdachung mit Solarpanelen ist selbstverständlich die Gewinnung von Energie. Daneben erwarten die Forscher aber auch positive Effekte auf die Lebensdauer des Fahrbahnbelags, wenn dieser besser vor Niederschlag, Kälte und Hitze geschützt ist. Ein weiterer erfreulicher Nebeneffekt eines überdachten Autobahnabschnitts: Der Lärmschutz für die Anwohner.
Wo liegen die Herausforderungen von Solardächern über der Autobahn?
Die technischen Anforderungen an die Solarüberdachung von Autobahnen sind enorm, da hohe Sicherheitsbestimmungen beachtet werden müssen. Aufwand und Kosten einer solchen Anlage sind ebenfalls sehr hoch. Des Weiteren muss im Projekt unter anderem die Frage beantwortet werden, wie die Fahrbahn auf fehlenden Niederschlag reagiert: Denn auf unbedachten Straßen wird der Reifenabrief durch Regen abgewaschen – wird die Straße also rutschiger, wenn dies nicht geschieht?
Solarüberdachung über der Autobahn - ist das wirklich realisierbar?
In der Schweiz wird aus dem Gedankenspiel demnächst wohl Realität: Energieministerin Simonetta Sommaruga hat das eidgenössische Bundesamt für Straßen mit der Suche nach geeigneten Strecken beauftragt; sobald diese feststehen, soll die Überdachung mit Solarmodulen öffentlich ausgeschrieben werden.
Schnell und einfach an mehr Solarstrom kommen, geht das?
Es gibt tatsächlich auch Ideen, die Autobahn zur Gewinnung von Solarenergie zu nutzen, die kostengünstiger und mit weniger Aufwand umgesetzt werden können: In einem ersten Schritt könnte man alle Lärmschutzwände und Schutzgalerien mit Solarpanelen bestücken. Das Fraunhofer ISE schätzt, dass allein durch die Nutzung von vorhandenen Lärmschutzwänden, Seitenstreifen und Radwegen mit Solarpanelen ein technisches Potenzial von mehr als 72 Gigawatt besteht.
Rund 1500 Gigawattstunden (GWh) Strom könnten laut einer aktuellen Analyse des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zusammen mit dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) jährlich durch Photovoltaik-Module auf Lärmschutzwänden entlang deutscher Autobahnen und Bahngleisen erzeugt werden. Damit könnte fast eine halbe Million Haushalte ihren jährlichen Stromverbrauch decken. Das Einsparpotenzial läge damit bei rund einer Million Tonnen CO₂.
Das Projekt: Überdachung eines Autobahn-Teilstücks mit Solarpanelen
Solar-Straßen und -Wege
Solarpanele über der Autobahn sind nur eine von vielen Ideen, um diese unendliche und CO₂-arme Energie nutzen zu können. Unter anderem befasst sich ein Berliner Startup mit dem Gedanken, einen Solarteppich auf den Asphalt zu legen und so Energie zu gewinnen. Eine ungarische Firma verlegt Photovoltaik-Pflaster. In Frankreich und den Niederlanden wurden Solar-Straßen bzw. -Radwege gebaut, auf denen horizontale Photovoltaik-Module in den Boden eingelassen wurden – mit überraschend hohen Ertragsraten.
Eine naheliegende Idee: E-Autos produzieren den Strom teilweise selbst, den sie zum Fahren benötigen. Wie? Die PV-Module werden nahtlos in das Design der Fahrzeughülle eingefügt, zum Beispiel als Solardach oder Solar-Motorhaube. Die Reichweite der E-Autos wird so erhöht, die Ladekosten gesenkt. Und: Die Ladeinfrastruktur wird entlastet. Diese Idee funktioniert natürlich auch für andere Fahrzeuge – wie Wohnmobile, Straßenbahnen, Züge, aber auch Schiffe oder Flugzeuge.
Auf einem Baggersee in Renchen ankert die derzeit größte schwimmende Photovoltaikanlage Deutschlands, gebaut von der EnBW-Tochter Erdgas Südwest.
Photovoltaikanlagen auf dem Wasser gibt es hierzulande bislang kaum. Dabei sind die Vorteile schwimmender Solarkraftwerke immens: Es gibt insbesondere bei Baggerseen, die für die Öffentlichkeit gesperrt sind, keine konkurrierenden Nutzungsmöglichkeiten wie bei Freiflächenanlagen. Kein Landwirt kann einwenden, ihm würden Flächen genommen. Kein Stadtplaner kann monieren, potenzielles Bauland werde verplant. Effizient sind PV-Anlagen auf Baggerseen obendrein: Durch die Kühlung des Wassers ist im Vergleich zu Freiflächen- oder Dachanlagen bei schwimmenden Solarmodulen sogar ein Mehrertrag möglich.
Die Solarmodule werden an Schwimmkörpern angebracht, die am Grund oder am Ufer des Gewässers verankert sind.
Auf dem Marktplatz gemütlich im Schatten sitzen unter einem Dach, das mit Solarmodulen ausgestattet ist? Oder Straßenlaternen, die tagsüber Strom erzeugen durch eingebaute Solarmodule? Die Möglichkeiten, im urbanen Raum öffentliche Plätze zur Stromerzeugung zu nutzen, sind vielfältig. Besonderes Potenzial bietet zum Beispiel die Überdachung von städtischen Parkplätzen mit Solardächern.
Kurz gefasst
Integrierte Photovoltaik bedeutet das Anbringen von Solarmodulen auf bereits anderweitig genutzten Flächen. Die Hoffnung: Die Gewinnung von weltweit tausenden Gigawatt zusätzlicher Leistung aus erneuerbaren Energiequellen. An Integrierter Photovoltaik wird weltweit geforscht. Es laufen derzeit zahlreiche Pilotprojekte, an denen auch die EnBW beteiligt ist, um die vielen Ideen unter realen Umständen zu testen. Besonders die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen (Agri-PV) und die bauwerksintegrierte Photovoltaik haben ein hohes Potenzial.