Doch Wasserstoff wird nicht nur in Brennstoffzellen in Strom umgewandelt. Er kann auch als Energiequelle für die direkte Verbrennung dienen, wie es beispielsweise in der Stahlindustrie der Fall ist. Als umweltfreundlicher Treibstoff für Brennstoffzellenautos kommt Wasserstoff bereits heute zum Einsatz. Die Bundesregierung sieht ihn als Schlüssel des Energiesystems der Zukunft und hat am 10. Juni 2020 sogar eine erste nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Das Ziel: Die Produktion von grünem Wasserstoff erheblich zu steigern und die zusammenhängenden Technologien so zu nutzen, dass sie einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen unserer Klimaziele leisten.
Trotzdem gibt es auch zahlreiche kritische Stimmen gegenüber dieser alternativen Energiequelle. Nicht immer ist die Produktion von Wasserstoff klimafreundlich, denn bei der Herstellung kommen oft noch fossile Brennstoffe zum Einsatz. Heute werden in Deutschland ca. 55 bis 60 Terawattstunden (TWh) Wasserstoff produziert – aber gerade einmal 5 % davon sind tatsächlich grüner, also klimaneutraler Wasserstoff. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden in Deutschland knapp 50 TWh Strom durch vollständig klimaneutrale Photovoltaikanlagen produziert.
Energiegewinnung durch Wasserstoff ist dennoch ein wichtiger Baustein für die Energiewende und es gilt, vor allem die Produktion von grünem Wasserstoff voranzutreiben. Eine Möglichkeit könnte sein, Wasserstoff zukünftig aus Meerwasser zu gewinnen.
Verwendet man für die Gewinnung von Wasserstoff keine fossilen Brennstoffe, sondern Strom, der durch erneuerbare Energien erzeugt wird, erhält man klimaneutralen, grünen Wasserstoff.
Würden wir diesen klimaneutral produzierten, grünen Wasserstoff wiederum für die Produktion von Strom verwenden, wäre zumindest das Problem der Speicherbarkeit von Strom aus Erneuerbaren zum Teil gelöst: In Zeiten von Überproduktion von Wind- oder Solarstrom könnte die überschüssige Energie in Wasserstoff umgewandelt werden. Wird zu wenig erneuerbarer Strom produziert, springt die Produktion aus Wasserstoff ein. Wasserstoff wird damit zu einem Speichermedium. Dieser Prozess der ist derzeit allerdings noch sehr energieintensiv, d. h. er bringt zwangsläufig Umwandlungsverluste mit sich.
Einen Haken gibt es allerdings: Für die Wasserstoffgewinnung wird Wasser in Trinkwasserqualität benötigt. Doch davon steht uns nicht endlos viel zur Verfügung. Wasserstoff aus Meerwasser wäre eine Alternative, aber der Aufbereitungsprozess des Wassers ist umständlich und energieaufwändig.
Auf unserem Planeten kommt Wasserstoff als gebundener Stoff im Wasser vor. Will man ihn als Energieträger nutzen, muss er zunächst gelöst werden. Dafür werden chemische Verfahren eingesetzt. Durch Elektrolyse erzeugt man reinen, ungebundenen Wasserstoff. Dabei wird Wasser mittels elektrischer Energie in seine gasförmigen Bestandteile aufgespalten: Wasserstoff und Sauerstoff. Eine Membran zwischen den Elektroden verhindert, dass sich die Gase miteinander vermischen.
Die Wasserstoff-Herstellung dort durchzuführen, wo große Mengen an erneuerbarer Energie zur Verfügung stehen (etwa in Offshore-Windparks), ist besonders effizient. Der Strom, der durch die Windkraftanlagen erzeugt wird, versorgt die Elektroden im Elektrolyse-Prozess mit der nötigen Energie. Auf diese Weise könnten wir Wasserstoff klimaneutral herstellen.
Ein Problem der erneuerbaren Energiequellen liegt darin, dass sie witterungsbedingt nicht konstant Strom produzieren. So kommt es zeitweise zu „Spitzen“, in denen ein Überschuss an Energie erzeugt wird. Der überschüssige Strom muss dann gespeichert werden.
Wenn es um die Speicherung überschüssiger Energie geht, sind Batteriespeicher oder Pumpspeicher bekannte Lösungswege. Doch für den saisonalen Ausgleich wären Langzeitspeicher, die idealerweise als Gasspeichersysteme ausgelegt werden, noch besser. Denn sie sind um einiges wirtschaftlicher als Batteriespeicher. Aus diesem Grund kann auch Wasserstoff als Speicher für regenerative Energien dienen.
So oder so muss auch der Wasserstoff irgendwie zum Verbraucher transportiert werden. Um einen Netzausbau kommt man deshalb nicht herum: Das heißt, sowohl die Stromtrassen als auch die Gaspipelines müssen erweitert bzw. an die Situation angepasst werden.
Meerwasser gibt es in großen Mengen und es liegt nahe, es für die Wasserstoffgewinnung zu nutzen. Die Herausforderung ist hier allerdings, dass es vorab aufbereitet werden muss. Für die Elektrolyse wird nämlich bislang hochreines Wasser bzw. Trinkwasser benötigt. Darum muss das Meerwasser zunächst gefiltert und gereinigt werden. Geschieht das nicht, zerfrisst das Salzwasser die Elektroden, die für die elektrochemische Aufspaltung des Wassers in Sauerstoff und Wasserstoff verantwortlich sind. Dieser Aufbereitungsprozess verlangt wiederum eine große Menge an Energie, ein K.-o.-Kriterium für klimaneutralen Wasserstoff.
Kann dieses Problem gelöst werden? Es gibt bereits ein paar Lösungsansätze, an denen beispielsweise im Projekt H₂Mare geforscht wird. Allerdings hat sich dabei noch kein konkreter Lösungsweg herauskristallisiert. Das größte Problem der direkten Meerwasser-Elektrolyse ist die Tatsache, dass Verunreinigungen der Brennstoffzelle schaden. Auslöser dafür sind Chlor bzw. Nebenreaktionen mit Chlor, bei denen schädliches Chlorgas entsteht. Doch auch die allgemeinen Verunreinigungen des Meerwassers spielen eine Rolle. Es ist also noch weitere Forschungsarbeit nötig, um eine direkte Wasserstoffproduktion aus Meerwasser in großem Maßstab realisieren zu können.
Die direkte Elektrolyse aus Meerwasser befindet sich noch im Versuchsstadium. Ein besonders großes Hindernis stellen Verunreinigungen dar, die der Brennstoffzelle schaden. In der Forschung setzt man daher auf eine Wasserstoffgewinnung in zwei separaten Schritten, in denen zwei erprobte und kombinierbare Techniken angewandt werden: Die Entsalzung des Meerwassers durch Verfahren wie Umkehrosmose und die Elektrolyse. Dabei beträgt der Stromverbrauch beim ersten Schritt nur ca. 5 %, während die Elektrolyse die restlichen 95 % des Stroms verbraucht.
Kombiniert man diese zwei Schritte, kann es zukünftig gelingen, Wasserstoff durch die Nutzung von erneuerbarem Strom zu erzeugen. Ist das geschafft, muss der gewonnene Wasserstoff allerdings noch dorthin befördert werden, wo er gebraucht wird. Das könnte z. B. über Pipelines geschehen. Alternativ ist bis zu einem gewissen Grad und unter bestimmten Voraussetzungen der Transport auch im bestehenden Erdgasnetz möglich.
Selbst wenn die Lösungsansätze zur Wasserstoffgewinnung aus Meerwasser vielversprechend klingen – es wird noch einige Zeit für Forschungen, Entwicklungen und Tests brauchen, bis dies tatsächlich in einem großen Umfang möglich ist.