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Erst schroffe Gebirgsrücken und glitzernde Wasser – dann weiter in die Nordsee bis runter nach Büsum. Was wie eine Reiseroute klingt, steht für ein Mammutprojekt der Energiewirtschaft, das die Stromnetze Deutschlands und Norwegens verbindet. Sein Name: NordLink.

Ziel der 623 Kilometer langen Verbindung ist es, Strom von Norwegen nach Deutschland und in die umgekehrte Richtung zu leiten. Seit 2021 ist NordLink in Betrieb – mit einer Leistung von 1.400 Megawatt. Das würde für 3,6 Millionen Haushalte reichen, 1,7 Milliarden Euro hat das Vorhaben gekostet.

Startpunkt sind die Stauseen im Granitmassiv Südnorwegens, mit Wasser, das in Kaskaden nach Süden fließt und schließlich gewaltige Turbinen antreibt. Der Strom passiert eine Reihe technischer Anlagen und mündet oberhalb der Küste ins NordLink-Kabel. Nach eine 500 Kilometer langen Reise am Meeresgrund erreicht die Leitung schließlich Schleswig-Holstein und mündet 75 Kilometer weiter ins deutsche Stromnetz.

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Stationen der NordLink-Reise

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(1) Svartevatn-Staudamm, Beginn der Wasserkaskaden oberhalb von Tonstad. (2) Sira-Kvina-Wasserkraftwerk in Tonstad. Erzeugt die Energien für NordLink. (3) Umspannwerk in Tonstad und Startpunkt des Kabels. (4) NKT Victoria, beladen im schwedischen Karlskrona, verlegte den deutschen Kabelteil. (5) Büsum: Hier wurde das anlan-dende NordLink-Kabel durch den Deich getrieben. (6) Nortorf in der Wilstermarsch ist Standort für das Umspannwerk am anderen Kabel-ende. (7) Lehrte: Von dort wird das deutsche Stromnetz überwacht.

Quelle: KfW

Wie das europäische Stromnetz funktioniert

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Leitungen wie NordLink sind spektakuläre Beispiele für die Dimensionen der europäischen Stromversorgung. Zwar hat jedes Land nationale Netze, doch die funktionieren nicht wie Inseln, sondern sind Teil eines Energiesystems, das sich über den Kontinent und sogar bis Marokko erstreckt. Das hat einen großen Vorteil für die Verbraucher. Denn je größer das Netz, desto besser lassen sich Störungen beherrschen.

Beispiel: Fällt irgendwo ein Kraftwerk aus, wird die fehlende Kapazität aus einer anderen Region geliefert, wo gerade ein Überschuss an Strom besteht. „Lastspitzen und Energieengpässe werden auf diese Weise über Ländergrenzen hinweg ausbalanciert“, sagt Michael Jesberger, Technischer Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW, der vor allem für Südwestdeutschland zuständig ist.

Damit das europäische Stromnetz, auch Verbundnetz genannt, einwandfrei funktioniert, muss es mit einer Frequenz von 50 Hertz betrieben werden. Das bedeutet, dass der Strom in einer Sekunde 100-mal seine Fließrichtung ändert. Die Frequenz bleibt stabil, wenn im ganzen Netz genauso viel Strom eingespeist wie verbraucht wird.

Das europäische Stromnetz schafft außerdem einen grenzüberschreitenden Markt. „Das führt dazu, dass tendenziell immer die günstigsten Erzeugungsquellen ihren Strom zu den Verbrauchern leiten können“, sagt Jesberger. Mit anderen Worten: Das europäische Netz leistet einen wichtigen Beitrag für bezahlbare Energie.

NordLinks große Schwester

NordLink ist nicht das einzige große Netzausbauprojekt: Mit SuedLink entsteht gerade eine weitere wichtige Stromtrasse. Sie sorgt dafür, dass der Strom von norddeutschen Windparks in den Süden gelangt. Die geplante Verbindung hat eine Übertragungskapazität von vier Gigawatt (GW). Damit wird sie ab Ende 2028 vier konventionelle Kraftwerke ersetzen und zehn Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

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Erneuerbare Energien besser nutzen

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Norwegen bezieht seinen Strom zum größten Teil aus erneuerbaren Energien. (Quelle: EnBW)

Der gemeinsame Markt steigert vor allem die Versorgungssicherheit. An NordLink wird das besonders deutlich, bestätigt Håkon Smith-Isaksen Holdhus, Sprecher des norwegischen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Statnett, der die Verbindung gemeinsam mit dem deutschen Pendant Tennet betreibt. „Norwegens Stromversorgung basiert fast ausschließlich auf erneuerbaren Energien und zum größten Teil auf Wasserkraft“, sagt er. Übertragungsnetzbetreiber sind für die Stromautobahnen zuständig, die Elektrizität über weite Entfernungen mit 380.000 Volt Spannung übertragen.

In Südnorwegen regnet es zwar häufig, aber es gibt auch lange Trockenzeiten, in denen die Pegel der Stauseen drastisch sinken. Früher führte das zu kritischen Situationen. Das Land musste Atom- und Kohlestrom einführen. Folge: Die Energiepreise gingen nach oben.

Dank NordLink ist es nun möglich, einen Engpass mit überschüssigem Strom aus Windkraftanlagen entlang der norddeutschen Küste auszugleichen. Andersherum kann der norwegische Grünstrom das deutsche Netz bei einer Dunkelflaute stabilisieren. Darunter versteht man Phasen, in denen weder die Sonne scheint noch Wind weht. „Damit ermöglicht NordLink eine höhere Produktion und einen höheren Verbrauch von erneuerbaren Energien sowohl in Deutschland als auch in Norwegen und trägt so dazu bei, die Klimaziele auf beiden Seiten der Verbindung zu erreichen“, sagt Smith-Isaksen Holdhus.

Einblicke in die Fertigstellung von NordLink

Elektrischer Highway durch Europa

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Die Kabel des europäischen Stromnetzes kreuzen die Pyrenäen genauso wie die Alpen oder den Balkan. Portugal gehört genauso zum Verbund wie Polen, Griechenland oder Italien. Vor kurzem sind die baltischen Staaten hinzugekommen. Zuvor waren ihre Netze wie zu Sowjetzeiten mit Russland und Belarus synchronisiert.

Obwohl die transeuropäischen Stromnetze voll mit moderner Elektronik sind, müssen sie sorgfältig geführt und überwacht werden. Diese Aufgabe übernehmen ÜNB in den beteiligten Ländern. Frankreich hat das größte Übertragungsnetz in Europa mit einer Länge von 106.000 Kilometern. Weil das Land so zentral liegt, gehen zahlreiche Verbindungen in die Nachbarländer. Diese Interkonnektoren sind extrem wichtig für den europäischen Strommarkt.

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In sogenannten Leitstellen wird die Stromversorgung überwacht. (Quelle: Netze BW)

Leitstellen überwachen das europäische Stromnetz

Das deutsche Übertragungsnetz ist rund 36.000 Kilometer lang und wird von vier Betreibern geführt. Neben TransnetBW sind das Tennet, Amprion und 50Hertz. Sie halten zum einen die Stromautobahnen in Schuss und nehmen auch Aufgaben im europäischen Stromnetz wahr. Europaweit haben sich 43 ÜNB im Verband ENTSO-E zusammengeschlossen, wo sie ihre Arbeit abstimmen.

Die ÜNB unterhalten Leitwarten mit Rechenzentren und Großbildanzeigen, auf denen alle Leitungen zu sehen sind. Kündigen sich Ungleichgewichte an, muss das Personal sofort reagieren. „Unsere Leitstelle in Wendlingen ist ständig in Kontakt, auch mit den südlichen Nachbarn“, sagt Transnet-BW-Geschäftsführer Jesberger. Wenn der Bedarf steigt, müssen sie Kraftwerke oder Speicher anweisen, mehr Strom ins Netz zu leiten. Viele dieser Verfahren sind automatisiert und laufen seit 2022 zum Beispiel über die digitale Regelenergieplattform PICASSO, die von 23 Ländern genutzt wird.

Domino-Effekt im Stromnetz verhindern

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Störungen lassen sich so noch besser vermeiden oder abfedern. Ernste Vorfälle sind zwar extrem selten, können aber passieren. So wie im Januar 2021 in einem kroatischen Umspannwerk, wo Leitungen aus den Nachbarländern zusammenschaltet waren. Ungewöhnlich hohe Stromexporte aus dem Südosten Europas führten zur Überlastung eines wichtigen technischen Bauteils.

Die Folge war eine Panne. Der Stromfluss verteilte sich innerhalb weniger Sekunden auf immer neue Leitungen – die ausfielen wie kippende Dominosteine. Doch in Deutschland merkten die Verbraucher nichts davon. Innerhalb einer Stunde gelang es den Übertragungsnetzbetreibern mit Hilfe ihrer automatisierten Sicherungssysteme, die Stabilität des Netzes wiederherzustellen. Die Zusammenarbeit im europäischen Verbundnetz hatte sich bewährt.

Netzausbau dringend nötig

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Die Anfänge des Verbundnetzes liegen in den 1950er Jahren. Nach dem Krieg sollte die Versorgungssicherheit Europas gemeinsam gewährleistet werden. In den 1990er Jahren erfolgte der Ausbau, um die Öffnung des europaweiten Stromhandel voranzutreiben. Heute muss das Übertragungsnetz vor allem die schwankende Erzeugung von Sonnen- und Windstrom ausgleichen. Und ist dafür noch lange nicht stark genug. „Der Ausbau muss viel schneller gehen“, sagt Jesberger. Das gilt selbstverständlich auch für andere Ebenen wie das Verteilnetz und ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg der Energiewende.

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