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Was ist eine Dunkelflaute und wie häufig gibt es sie?
Als Dunkelflaute wird eine Wetterlage bezeichnet, bei der sowohl wenig Wind weht als auch kaum Sonne scheint. Dies bedeutet, dass von der Wetterlage betroffene Windkraft- und Solaranlagen weniger oder gar keinen Strom produzieren. Eine Dunkelflaute kommt zwar nicht sehr häufig vor, kann jedoch, wenn sie auftritt, mehrere Tage andauern und dadurch die Energieversorgung herausfordern.
Laut einer Studie des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung Troposphärenforschung (IMKTRO) treten Dunkelflauten in Deutschland durchschnittlich zweimal jährlich auf und dauern zwischen zwei und acht Tagen an. Besonders häufig lassen sie sich in den späten Herbstmonaten und im Winter beobachten, wenn die Tage kürzer und dunkler werden.
Wie wirkt sich eine Dunkelflaute auf das Stromnetz aus?
Eine Dunkelflaute stellt eine Belastung für das Energiesystem dar. Während dieser Zeit leisten die beiden wichtigsten erneuerbaren Energiequellen in Deutschland, nämlich Wind- und Solarenergie, nur einen geringen Beitrag zur Stromversorgung. Im Dezember 2024 etwa fiel die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf weniger als 6.000 Megawatt, was zu einer Versorgungslücke von bis zu 30 Prozent des Strombedarfs führte.
Statt der vielen dezentralen Energieanlagen übernehmen bei einer Dunkelflaute vor allem große Kraftwerke wieder die Stromversorgung. Dieser Wechsel stellt die Netzbetreiber vor Herausforderungen: Zum einen müssen ausreichend Reservekraftwerke schnell aktiviert werden, um den Strombedarf zu decken. Zum anderen muss der Strom nun aus wenigen Quellen über größere Distanzen zu den Verbrauchern transportiert werden, ohne dabei einzelne Netzabschnitte zu überlasten.
Das Stromnetz muss also so flexibel sein, dass es nicht nur die zunehmend dezentralen Einspeisungen, sondern auch zeitweise verstärkt zentrale Versorgungen sicher bewältigen kann. „Das ist der Fall, da die bestehenden Übertragungsnetze zu einer Zeit geplant wurden, als die Einspeisung hauptsächlich zentral von großen Kraftwerken aus stattfand“, erklärt Richard Huber, Leiter Systemübergreifende Infrastruktur und des Notfallmanagements bei der Netze BW. „Solange die Betreiber der Übertragungsnetze auch während Dunkelflauten genügend Reservekapazitäten bereitstellen können, bleibt auch das zu den Endverbraucher*innen führende Verteilnetz stabil und funktionsfähig.“
Wie wichtig ist der Netzausbau?
Der Netzausbau ist von entscheidender Bedeutung, um bei einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien weiterhin bundesweit eine zuverlässige Stromversorgung sicherstellen zu können. Ein wichtiger Aspekt des Netzausbaus ist der Nord-Süd-Ausbau, insbesondere durch Projekte wie die Stromautobahn SuedLink. Diese Trasse wird es ermöglichen, große Mengen an Windstrom aus dem windreichen Norden nach Süddeutschland zu transportieren, wo die Nachfrage nach Strom höher und die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen geringer ist.
Der Ausbau der Übertragungsnetze erhöht die Flexibilität des gesamten Energiesystems und hilft, Engpässe während Dunkelflauten zu vermeiden. „Insbesondere Offshore-Windkraftanlagen liefern zuverlässig Strom, denn auf hoher See weht der Wind oft stärker und konstanter als an Land“, so Huber. „Der Ausbau der Netzinfrastruktur ermöglicht es künftig, den Strom von Offshore-Windparks effizient zu den Verbrauchszentren transportieren, die oft im Süden des Landes liegen.“
Steigen die Strompreise während einer Dunkelflaute?
Wenn durch geringe Wind- und Sonnenenergie das Stromangebot insgesamt sinkt, klettern bislang zumindest kurzfristig die Preise je Megawattstunde an der Leipziger Strombörse. Dieses Phänomen war zuletzt im Dezember 2024 zu beobachten, als die Großhandelspreise für Strom in der Spitze auf mehr als 900 Euro je Megawattstunde stiegen. Zum Vergleich: Im Jahresdurchschnitt kostete eine Megawattstunde Strom an der Strombörse 2024 knapp 80 Euro.
Für die Mehrheit der Verbraucher*innen haben kurzfristige Preissprünge an der Strombörse während einer Dunkelflaute jedoch keine Auswirkungen auf ihre Stromrechnung. Der Hauptgrund dafür sind langfristige Verträge zwischen Verbraucher*innen und Stromanbieter*innen. Diese Verträge legen den Strompreis für einen längeren Zeitraum fest und schützen Verbraucher*innen so vor kurzfristigen Preisschwankungen an der Strombörse.
Drei Maßnahmen, die bei einer Dunkelflaute helfen
Zeiten mit wenig Wind und geringer Sonneneinstrahlung stellen unser Energiesystem auf die Probe. Die Versorgungssicherheit ist jedoch auch in Phasen einer vorübergehenden Dunkelflaute absolut gewährleistet. Dafür stehen bereits heute verschiedene Strategien und Technologien zur Verfügung, die im Zusammenspiel einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes leisten. Insbesondere Speichersysteme und Gaskraftwerke dienen als Brücke in Zeiten, in denen Wind- und Solarenergie nicht ausreichen.
1. Speichertechnologien
Stromspeicher spielen eine zentrale Rolle, um Strom aus erneuerbaren Quellen zu speichern und bei Bedarf wieder bereitzustellen. Bislang bieten die in Deutschland installierten Batteriespeicher aber nur kurzfristige Lösungen für wenige Tage, auch Pumpspeicherkraftwerke liefern Energie lediglich für eine begrenzte Dauer zurück. Längere Dunkelflauten lassen sich mit den bislang in Deutschland installierten Kapazitäten noch nicht überbrücken.
Deshalb rücken neben einem Ausbau der Batteriekapazitäten innovative Ansätze wie die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien in Form von Wasserstoff (Power-to-Gas) in den Fokus: Überschüssiger Strom lässt sich bei diesem Verfahren per Elektrolyse in grünen Wasserstoff umwandeln, in großen Gasspeichern vorhalten und später wieder verstromen – etwa in innovativen Gas- und Dampfturbinenkraftwerken.
2. Mehr unterschiedliche Energiequellen
Ein stabiles Energiesystem basiert auf einer breiten Diversifizierung der Energiequellen. Insbesondere erneuerbare Energien wie Biomassekraftwerke oder Wasserkraft können als wetterunabhängige Energiequellen eine verlässliche Ergänzung zu Wind- und Solarenergie bieten.
Doch ohne fossile Energieträger lassen sich Dunkelflauten in Deutschland bislang noch nicht überbrücken. Als sogenannte Reserve- oder Back-up-Kraftwerke kommen aktuell im Bedarfsfall vor allem Gas- und Kohlekraftwerke zum Einsatz. Deutschland hält derzeit etwa 65 Gigawatt (GW) an regelbarer Leistung aus Gas- und Kohlekraftwerken bereit, um Engpässe zu überwinden. Aus Klimaschutzgründen plant Deutschland den Kohleausstieg. Die EnBW setzt bereits jetzt auf den sogenannten Fuel Switch, also den Wechsel von fossilen Brennstoffen wie Kohle hin zu klimafreundlicheren Optionen wie Erdgas und Wasserstoff. Bis 2035 sind – zusätzlich zu den vorhandenen 35 GW Gaskraftwerken – in Deutschland im Rahmen der Kraftwerksstrategie rund 10 GW wasserstofffähige Gaskraftwerke geplant, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern schrittweise zu verringern.
3. Netzverbünde
Ein weiteres wichtiges Element für den Erhalt der Versorgungssicherheit sind internationale Stromnetze. Ein stark ausgebautes europäisches Stromnetz etwa ermöglicht es, Energie zwischen Ländern flexibel auszutauschen. Wenn in Deutschland eine Dunkelflaute herrscht, können wir beispielsweise Strom aus Regionen importieren, in denen gerade Wind oder Sonne zur Verfügung steht. Ein vernetztes System sorgt dafür, dass sich regionale Schwankungen ausgleichen und die Versorgung europaweit stabil ist.
Als Partner im europäischen Stromhandelsnetz führt Deutschland in der Regel mehr Strom ein, als es ausführt.
Import | Export | |
Januar 2022 | 4 | 7.7 |
Februar 2022 | 2.7 | 8.2 |
März 2022 | 4.80 | 7.6 |
April 2022 | 3.80 | 6.9 |
Mai 2022 | 5 | 5.2 |
Juni 2022 | 4.7 | 5 |
Juli 2022 | 4.5 | 5.5 |
August 2022 | 4.6 | 4.8 |
September 2022 | 3.3 | 5.3 |
Oktober 2022 | 4.6 | 5.6 |
November 2022 | 3.8 | 6.4 |
Dezember 2022 | 3.6 | 7.4 |
Januar 2023 | 4.2 | 8.1 |
Februar 2023 | 3.8 | 6.5 |
März 2023 | 4.4 | 6.4 |
April 2023 | 5.4 | 5 |
Mai 2023 | 6.8 | 3.2 |
Juni 2023 | 7.2 | 3.1 |
Juli 2023 | 7.2 | 3.8 |
August 2023 | 8.7 | 2.8 |
September 2023 | 7.3 | 2.8 |
Oktober 2023 | 6.1 | 4.6 |
November 2023 | 4.5 | 4.5 |
Dezember 2023 | 3.7 | 6.3 |
Januar 2024 | 4.5 | 5.8 |
Februar 2024 | 4.9 | 4.7 |
März 2024 | 6 | 3.9 |
April 2024 | 5.9 | 3.3 |
Mai 2024 | 7.4 | 3.6 |
Juni 2024 | 7.6 | 3.7 |
Juli 2024 | 8.2 | 3.8 |
August 2024 | 8 | 3.6 |
September 2024 | 6.2 | 3.5 |
Oktober 2024 | 7 | 3.2 |
November 2024 | 6.1 | 4.6 |
Dezember 2024 | 5.8 | 5.5 |
Januar 2025 | 6 | 5.5 |
Beispiel: Während des Höhepunkts einer Dunkelflaute im November 2024 importierte Deutschland mittags zwischen 12 und 13 Uhr durchschnittlich 19.200 Megawatt (MW) Strom, darunter 5.760 MW aus Norwegen und 4.992 MW aus den Niederlanden, um die Versorgung hierzulande sicherzustellen.
„Um künftig möglichst wenig Strom in Phasen geringerer Stromproduktion importieren zu müssen, setzt Deutschland auf den Ausbau von Gas- und Wasserstoffkraftwerken im Rahmen der Kraftwerksstrategie“, so Richard Huber von der Netze BW. „Ziel ist eine verlässliche, klimaschonende und flexible Stromversorgung mit eigenen Kapazitäten, wenn Solar- und Windenergie hierzulande nur begrenzt verfügbar sind.“
Dunkelflauten und smarte Technik: Was bringt die Zukunft?
Ein weiterer Ansatz zur Bekämpfung von Dunkelflauten könnte in der Zukunft in der flexiblen Steuerung der Stromnachfrage liegen. Die Idee dahinter: Passen Verbraucher*innen ihren Energiebedarf zunehmend an das verfügbare Stromangebot an, lässt sich die Netzstabilität auch bei geringer Einspeisung erneuerbarer Energien verbessern. Unternehmen und Haushalte könnten ihren Verbrauch in Zeiten einer Dunkelflaute bewusst senken oder auf spätere Zeitpunkte verlagern. Smarte Technologien und digitale Steuerungssysteme, wie es sie bereits heute gibt, sollen dabei helfen.
Sogar Elektrofahrzeuge könnten im Energiesystem der Zukunft eine besondere Rolle spielen: Durch bidirektionales Laden ließen sich ihre Batteriekapazitäten künftig verstärkt als flexible Stromspeicher nutzen. In Zeiten hoher Stromerzeugung durch Wind- und Solaranlagen sichern die Fahrzeuge überschüssige Energie in ihren Akkus, um sie später bei erhöhtem Strombedarf – etwa während einer Dunkelflaute – wieder ins Netz zurückzuführen. So würden Elektrofahrzeuge zu mobilen Stromspeichern, die dazu beitragen, Schwankungen im Angebot erneuerbarer Energien auszugleichen.