Wie teuer ist es, eine Kilowattstunde Strom zu produzieren? Die Antwort: unterschiedlich. Denn die Kosten variieren je nach Energieträger, Technologie und Verfahren, die für die Stromerzeugung genutzt werden. So liegen die sogenannten Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Electricity, LCOE) für Photovoltaik derzeit beispielsweise zwischen 4,1 und 14,4 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh). Für den fossilen Brennstoff Braunkohle bewegen sie sich zwischen 15,1 und 25,7 ct/kWh. Für Strom aus Kernenergie fallen bis zu 49 ct/kWh an – sie ist damit nicht, wie von Kernenergie-Befürwortern oftmals behauptet, eine günstige, sondern die teuerste Art Strom zu erzeugen.
Was versteht man unter Stromgestehungskosten?
Stromgestehungskosten sind ein zentrales Instrument, um unterschiedliche Energieträger hinsichtlich ihrer langfristigen Wirtschaftlichkeit zu bewerten und zu vergleichen. Sie liefern eine wichtige Grundlage für die Energiepolitik. Und helfen beispielsweise dabei, zu überprüfen, welche Investitionen in neue Erzeugungsanlagen sich lohnen, welche Rolle bestimmte Energiequellen beim Ausbau von Energieinfrastrukturprojekten spielen können und wie sie die Energiewende voranbringen.
Wie werden die Stromgestehungskosten berechnet?
Um die jeweiligen Stromgestehungskosten zu bestimmen, werden die finanziellen Aufwände für die Errichtung und den Betrieb eines Kraftwerks oder einer Windkraft- oder Solaranlage ins Verhältnis zur Stromerzeugungsmenge über dessen gesamte Lebensdauer gesetzt und meist für die Erzeugung einer Kilowattstunde angegeben. In den Stromgestehungskosten werden Investitions-, Betriebs-, und Wartungskosten ebenso wie die Finanzierungskosten des Kraftwerks berücksichtigt. Sie beziehen auch den Brennstoffverbrauch und die Rückbaukosten am Betriebsende der Anlage mit ein.
Stromgestehungskosten nicht gleich Strompreis
Wichtig dabei: Stromgestehungskosten sind nicht gleichzusetzen mit den Strompreisen, die die Verbraucher*innen zahlen. Sie hängen jedoch zusammen. Denn auch die Strompreise bestehen aus unterschiedlichen Komponenten. Eine davon umfasst die Kosten für Erzeugung, Beschaffung und Vertrieb. Diese werde unter anderem von den Stromgestehungskosten beeinflusst. Ausschlaggebend für den Strompreis sind zusätzlich allerdings auch Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen.
Erneuerbare Energien mit geringsten Stromgestehungskosten
Ausschlaggebend für die Höhe der Stromgestehungskosten ist vor allem die Energiequelle. Das zeigen Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE. Die Forschungsorganisation berechnet für Deutschland seit 2010 regelmäßig die Stromgestehungskosten verschiedener Energieträger. In ihrer zuletzt veröffentlichen Studie aus dem Jahr 2024 bilden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neben den Kennzahlen für 2024 auch eine Prognose bis 2045 ab.
Die Analyse zeigt: PV-Anlagen und Windkraftanlagen sind mit Kosten zwischen 4,1 bis 14,4 Cent pro Kilowattstunde derzeit die kostengünstigsten Technologien in Deutschland.
Unterschiede bei den Stromgestehungskosten gibt es nicht allein zwischen den verschiedenen Energieträgern, sondern auch innerhalb einzelner Technologien. Dies zeigen die differenzierten Ergebnisse für Photovoltaik. Hier beeinflusst neben der Größe und Art der Anlage auch der Standort die Stromgestehungskosten. Diese liegen beispielsweise bei einer PV-Kleinanlagen (<30 kWp) in Süddeutschland zwischen 6,3 und 10,6 ct/kWh. In Norddeutschland hingegen zwischen 8,7 und 14,4 ct/kWh. Auch bei größeren PV-Dachanlagen (>30 kWp) gibt es ein Nord-Süd-Gefälle: von Gestehungskosten zwischen 7,8 und 12,0 ct/kWh im Norden bis zu 5,7 und 8,8 ct/kWh im Süden. Ergänzen Batteriespeicher die Anlagen verändert auch dies die Werte.
Die Stromgestehungskosten für Windenergieanlagen unterscheiden sich vor allem aufgrund ihrer Lage an Land oder auf See. So haben die Windkraftanlagen an Land (Onshore) geringere Installationskosten als ihre Offshore-Pendants. An besonders guten Onshore-Standorten, wo die Anlagen jährlich rund 3200 Volllaststunden erreichen, liegen die Stromgestehungskosten bei rund 4,3 Cent pro Kilowattstunde. An Standorten mit weniger guten Bedingungen können sie auf bis zu 9,2 Cent pro Kilowattstunde steigen. Windenergieanlagen auf See (Offshore) sind teurer in der Installation. So sind ihre Stromgestehungskosten insgesamt höher und liegen zwischen 5,5 und 10,3 Cent pro Kilowattstunde, obwohl diese Anlagen mehr Volllaststunden pro Jahr erreichen (zwischen 3200 und 4500 Stunden).
Wie werden sich die Stromgestehungskosten entwickeln?
In seinen langfristigen Prognosen geht das Studienteam des Fraunhofer Instituts davon aus, dass die Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien wie PV und Windkraft bis ins Jahr 2045 weiter sinken werden. Daneben bleiben auch in Zukunft regelbare Stromleistungen aus flexiblen Kraftwerken notwendig, um als Back-ups in Zeiten geringer Erzeugung aus erneuerbaren Energien die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ihre Kosten liegen deutlich höher, unter anderem aufgrund hoher CO2-Kosten. So gehen die Wissenschaftler*innen beispielsweise davon aus, dass die Kosten für Gas-und-Dampfkombikraftwerke 12 ct/kWh übersteigen werden. Die Stromgestehungskosten neuer Windkraftanlagen an Land (Onshore) und Solarparks sollen in zwanzig Jahren stabil zwischen 5 und 10 ct/kWh liegen.
Was die Stromgestehungskosten beeinflusst
Verschiedene Faktoren können die Stromgestehungskosten außerdem beeinflussen. Technologische Fortschritte, wie verbesserte Solarmodule oder effizientere Windturbinen, tragen zur Senkung der Ausgaben bei. Auch Skaleneffekte in großen Anlagen und erhöhte Produktionsmengen können die Kosten pro Einheit reduzieren. Schwankungen bei den Rohstoffpreisen für konventionelle Brennstoffe wie Kohle oder Gas wirken sich ebenfalls auf die Gestehungskosten bei den entsprechenden Kraftwerken aus. Zudem spielen politische und regulatorische Rahmenbedingungen, einschließlich Subventionen, Steuern und Umweltauflagen, eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Gesamtkosten.